GEG zwischen Anspruch und Realität – Branche fordert klare Leitlinien

Volker Weinmann zu aktuellem Stand, politischer Verantwortung und verlässlichen Rahmenbedingungen

Das Gebäudeenergiegesetz steht weiter auf dem Prüfstand – konkrete Entscheidungen der Bundesregierung fehlen. Was bedeutet das genau für TGA-Ingenieure, Fachhandwerk und Industrie? Im Gespräch erläutert Volker Weinmann (Daikin Airconditioning Germany GmbH), welche rechtlichen Spielräume bestehen, warum eine Abschaffung des GEG kaum realistisch ist und weshalb stabile Rahmenbedingungen für die Wärmewende unverzichtbar sind.

tab: Herr Weinmann, im Wahlkampf zur aktuellen Legislaturperiode wurde viel über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) gesprochen und wie es verändert oder sogar abgeschafft werden soll. Ein halbes Jahr später nun die Frage an Sie: Wie ist aus Ihrer Sicht der aktuelle Stand um das GEG?

Volker Weinmann: Derzeit gibt es nach wie vor keine verlässlichen Aussagen der Bundesregierung dazu, wie das seit 2024 geltende GEG überarbeitet werden soll. Klare Ansagen zu den Rahmenbedingungen fehlen bislang. Entsprechend fordern die Heizungs- und Wärmepumpenbranche, das Fachhandwerk sowie Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend dringlicher eindeutige Vorgaben und Perspektiven, um Planungssicherheit zu erhalten. Denn viele Investitions- und Produktionsentscheidungen werden langfristig geplant.  

tab: Mit welchen Entscheidungen der Politik rechnen Sie? Lässt sich das ‚Heizungsgesetz‘ denn überhaupt abschaffen?

Volker Weinmann: Laut dem heutigen Stand (Anfang November 2025) ist noch offen, welche konkreten Entscheidungen die Bundesregierung in Bezug auf die angekündigte Novelle des Gebäudeenergiegesetz treffen wird. Eine vollständige Abschaffung des sogenannten „Heizungsgesetzes“ dürfte rechtlich jedoch eher ein schwieriges Unterfangen sein. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. von Ende September kommt bspw. zu dem Schluss, dass grundlegende Rücknahmen der Heizungsregelungen mit europäischem und deutschem Verfassungsrecht nur schwer vereinbar wären.

tab: Wie kommt dieser Gedanke überhaupt in die Politik? Gibt es da komplexe Hintergründe außer populistischen Wahlkampfaussagen?

Volker Weinmann: In Deutschland stehen viele Menschen staatlicher Einflussnahme auf persönliche Entscheidungen – etwa darüber, was auf den Teller oder in den (Heizungs-)Keller kommt – skeptisch gegenüber. Beim Gebäudeenergiegesetz hat dies zu intensiven politischen Diskussionen sowie zu zugespitzten und teilweise verunglimpfenden Meldungen über die Wärmepumpe geführt, was ein negatives öffentliches Stimmungsbild erzeugt hat. Diese Entwicklungen wurden im vergangenen Wahlkampf teilweise aufgegriffen und mündeten schließlich in die Formulierung im Koalitionsvertrag: ‚Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.‘ Zugleich spielen komplexere Hintergründe eine Rolle: Die Wärmewende im Gebäudesektor ist ein vielschichtiges Thema, das wirtschaftliche, soziale und technologische Aspekte miteinander verbindet. Neben dem Klimaschutz geht es zudem um Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit, den Fachkräftemangel und die Modernisierung eines über Jahrzehnte gewachsenen Gebäudebestands. Die verschiedenen Interessen politisch auszubalancieren, führt zwangsläufig zu intensiven Diskussionen.

tab: Was bedeutet der aktuelle Stand für die Branche? Was sind hier die Auswirkungen für TGA-Ingenieure und Planungsbüros?

Volker Weinmann: Die noch offene Entscheidung der Bundesregierung, wie das Gebäudeenergiegesetz und die Förderung für den Heizungstausch angepasst werden, wirkt sich auf die gesamte Branche aus. Für TGA-Ingenieure und Planungsbüros kann die aktuelle Situation bspw. zu einem höheren Abstimmungsaufwand mit Auftraggebern führen oder dazu, dass Investitions- und Planungsprojekte von Kundenseite aufgeschoben werden. Kurzum: Auch für TGA-Ingenieure und Planungsbüros sind verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit essenziell.

tab: Was bedeutet diese Situation für Ihr Unternehmen?

Volker Weinmann: Wir beobachten die aktuelle Diskussion aufmerksam und begleiten die Aktivitäten der Verbände, um für schnelle und verlässliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Ansonsten bereiten wir uns auf alle möglichen Szenarien vor, damit wir reagieren können, sobald ein konkreter Handlungsrahmen vorliegt. Unabhängig davon sind wir von der Wärmepumpe als zukunftsfähige Heizlösung überzeugt und sie gehört seit über 60 Jahren zu unserer Unternehmens-DNA.

tab: Kann der „Bau-Turbo“ in der aktuellen Situation Abhilfe schaffen? Wie schätzen Sie die aktuellen Regierungsentwürfe ein?

Volker Weinmann: Der am 30. Oktober 2025 in Kraft getretene und bis Ende 2030 befristete „Bau-Turbo“ wurde von der Bundesregierung mit dem Ziel eingeführt, den Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen. Er ermöglicht es Gemeinden bspw., unter bestimmten Voraussetzungen beim Bau neuer Wohngebäude Abweichungen vom Bauplanungsrecht zuzulassen. Auf die Sanierung von Bestandsgebäuden wird der „Bau-Turbo“ jedoch voraussichtlich kaum Einfluss haben. In 2024 z. B. wurden laut Destatis (vgl. www.t1p.de/tab-12-25-Destatis) knapp unter 80.000 Wohngebäude fertiggestellt. Diesen stehen etwa 19 Millionen Bestandsgebäude gegenüber. Eine gezielte Weiterentwicklung des GEG und eine konsequente Umsetzung der Wärmewende würden daher voraussichtlich deutlich stärkere Impulse für Wirtschaft und Konjunktur setzen – und zugleich einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sind mehr als die Hälfte der 21,7 Millionen Heizungen in Deutschland veraltet, über vier Millionen davon älter als 30 Jahre.

tab: Was wünschen Sie sich von der Politik bzw. den politischen Rahmenbedingungen? Was ist Ihr Appel an die Politik?

Volker Weinmann: Ich persönlich wünsche mir verlässliche Rahmenbedingungen – sowohl bei der BEG-Förderung als auch im GEG. Mit der Novelle des GEG erwarte ich auch eine zügige Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie in nationales Recht. Es braucht klare ordnungspolitische Leitplanken und eine sachliche Auseinandersetzung mit der Wärmepumpentechnologie. Polemische Debatten helfen hier nicht weiter, sondern erschweren konstruktive Lösungen und bremsen Chancen für Wirtschaft, Beschäftigung und Klimaschutz.

Darüber hinaus ist eine stabile Grundlage für Investitionen und Innovation erforderlich. Die Politik ist gefordert, über Legislaturperioden hinweg Verantwortung zu übernehmen und eine verlässliche Perspektive für die Branche zu schaffen, damit die Wärmewende im Gebäudesektor langfristig gelingen kann.

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