Neues GEG beseitigt Hürden für den Einsatz von Wärmepumpen

Freie Fahrt für VRV

tab: Herr Weinmann, vorab zusammengefasst: Welche grundsätzliche Änderung bewirkt das neue GEG im Hinblick auf den Einsatz von Luft-/Luft-Wärmepumpen wie der VRF/VRV-Technologie?

Volker Weinmann: Der Einsatz von Luft-/Luft-Wärmepumpen und im Besonderen der Daikin VRV zur Beheizung und Kühlung von Gewerbeimmobilien lässt sich nun wesentlich einfacher realisieren. Der hohe Aufwand für den Nachweis, dass die Mindest-Jahresarbeitszahl rechnerisch erfüllt wird, und die Erfassung der Wärmemenge fallen weg. Mit dem Gebäudeenergiegesetz können nun alle Wärmepumpentechnologien das immense Potential, was in ihnen für die Energiewende im Gebäudebereich steckt, uneingeschränkt nutzen.

tab: Woher rühren diese Hürden, von denen Sie sprechen und wie lange haben sie den Wärmepumpen-Markt beschäftigt?

Volker Weinmann: Mit Inkrafttreten des EEWärmeG am 1. Januar 2009 wurde neben der primärenergetischen Mindestanforderung auch der Einsatz von erneuerbaren Energien im Neubau zur anteiligen Deckung des Wärmeenergiebedarfs verpflichtend. Da es zu dieser Zeit keine Anforderungen an die Mindesteffizienz von Wärmepumpen auf europäischer Ebene gab, hatte das EEWärmeG technische Mindestanforderungen, wie eine Mindestjahresarbeitszahl für Wärmepumpen und den Einbau eines Strom- und Wärmemengenzählers, festgelegt. 2011 wurde das EEWärmeG dahingehend erweitert, dass der Wärme- und Kälteenergiebedarf zusammen nun anteilig durch erneuerbare Energien gedeckt werden musste. Ebenfalls wurden die technischen Mindestanforderungen erweitert: Wärmepumpen müssen z.B. die Anforderungen an das EHPA Quality Label erfüllen oder es vorweisen. Bei der Festlegung der aufgeführten Anforderungen wurde davon ausgegangen, dass sie für alle Wärmepumpentechnologien leicht erfüllbar seien. Eine Unterscheidung der Technologien (wassergeführtes oder luftgeführtes Heizungssystem) hat nicht stattgefunden. Dabei konnte sich der Gesetzgeber kaum vorstellen, dass damit an Luft-/Luft-Wärmepumpen besondere Anforderungen gestellt wurden, die nur mit besonderem Aufwand erfüllt werden konnten. Der Einsatz von VRF/VRV im Neubau, und hier besonders im Nichtwohngebäudebereich, wurde dadurch behindert. 


tab: Wie ist nun der entscheidende Schritt zum Abbau dieser Hürden gelungen?

Volker Weinmann: Durch die EU-Ecodesign-Richtlinien wurden auf europäischer Ebene technische Mindestanforderungen für Wärmepumpen festgelegt. Die Erfüllung dieser Anforderungen sind neben den Sicherheitsanforderungen Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung und damit auch die Grundlage für den freien Warenverkehr innerhalb der EU. Es war also notwendig, die nationale Anforderung durch die europäische Anforderung quasi zu überschreiben. Das musste der Gesetzgeber aber erst einmal realisieren, dass dies bei der Zusammenführung der Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Energie-Einsparungs-Gesetz (EnEG) und dem Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) zu erfolgen hat. Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes GEG zum 1. November 2020 wurden diese Hürden nun logischerweise abgeschafft.

 

tab: Konnten mit dem Wegfall des Nachweises einer Mindestjahresarbeitszahl und des Wärmemengenzählers denn wirklich alle Hürden eliminiert werden?

Volker Weinmann: Durch die nun geltende Eco-Design Mindestanforderung sind auch alle Anforderungen an zusätzliche Zertifikate weggefallen. Die energetische Bilanzierung gemäß DIN V 18599 dient nun als alleiniger Nachweis, dass der geforderte Anteil von 50 % Umweltwärme am Wärme- und Kälteenergiebedarf durch die VRV-Wärmepumpe erbracht wird. 

tab: Die Neuerungen ebnen den Weg für den Einsatz von VRF/VRV im Neubau. Warum ist es so wichtig, diese Entwicklung voranzutreiben?

 

Volker Weinmann: Dem Gebäudesektor kommt bei der Energiewende in Deutschland eine wichtige Rolle zu, denn er verursacht rund 35 % des Endenergieverbrauchs und etwa 30 % der CO2-Emissionen. Wärmepumpen wie die VRV von Daikin punkten hier, da sie 3/4 ihrer Energie direkt vor Ort aus erneuerbaren Energien gewinnen und so besonders wenig Primärenergie verbrauchen. Die VRV-Technologie bietet Flexibilität und innovative Technik im gewerblichen Bereich. VRV ist ein Komplettsystem für Heizen und Kühlen, Warmwasser, Fußbodenheizung sowie die Möglichkeit einer Lüftungsanbindung und kann bis zu 70 % des Energiebedarfs eines Gebäudes abdecken. 

tab: Welche weitere wichtigen Neuerungen sehen Sie im GEG?

 

Volker Weinmann: Ein wichtiger Punkt ist die Erweiterung der Definition von Umweltwärme: So wird Abwasser-Abwärme jetzt als erneuerbare Energie anerkannt, um die geforderten 50 % erneuerbare Energie am Wärme- und Kälteenergiebedarf eines neu zu errichtenden Gebäudes zu decken. 

Eine weitere Neuerung ist, dass gebäudenah erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien zukünftig als Erfüllungsoption im Neubau gilt. Diese neue Regelung sieht die erweiterte Anrechnung von eigens erzeugtem PV-Strom auf den Primärenergiebedarf des Gebäudes vor, soweit dieser Strom im Gebäude verwendet wird. Der Wärme- und Kältebedarf muss dabei zu mindestens 15 % gedeckt werden. Für Wohngebäude mit PV-Anlagen lässt sich der Nachweis auch über die Anlagengröße führen. Die Kombination der PV-Anlage mit einer Wärmepumpe liegt somit auf der Hand, um den Eigenverbrauch des Gebäudes zu optimieren.

 

tab: Sehen Sie das neue GEG durchweg positiv?

 

Volker Weinmann: Nein, neben den positiven Aspekten für die Wärmepumpe gibt es auch kritische Punkte: So macht das GEG den aktuellen Standard zum europäisch geforderten Niedrigstenergiegebäude.

Dieses Anforderungsniveau für Neubauten bleibt hinter dem notwendigen Niveau zum Erreichen der Klimaziele des Gebäudesektors zurück und das obwohl Bauen auf einem EFH-55-Niveau längst wirtschaftlich ist. Außerdem wurden mit dem GEG weitere Erfüllungsoptionen für erneuerbare Energien geschaffen, die im technologischen Wettbewerb zur Wärmepumpe stehen. Es wird nun neben der Nutzung von Biogas in einer KWK-Anlage auch die Nutzung in einem Brennwertkessel ermöglicht. Diese Änderung ist quasi in letzter Minute mit der fadenscheinigen Begründung der Technologieoffenheit im Gesetz aufgenommen worden. Damit wird faktisch die Nutzung von Biogas bessergestellt als die Verwendung von Ökostrom. Es wäre ein Einfaches gewesen, die Nutzung von Ökostrom aus dem Netz mithilfe von Wärmepumpen ebenfalls als Erfüllungsoption anzuerkennen. 

So ist mit dieser neuen Option ein weiterer Wettbewerber zur Wärmepumpe entstanden. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf die bislang erfolgreiche Entwicklung der Wärmepumpe im Neubau auswirken wird. Es ist also weiterhin wichtig, den politischen Prozess zu begleiten, um mit der für 2023 geplanten Anpassung des GEG uneingeschränkt die Weichen für die Wärmepumpe zu stellen.

tab: Herr Weinmann, vielen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben.

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