Im Gespräch mit Volker Weinmann

Nachhaltigkeit in der TGA-Branche

tab: Herr Weinmann, auch wenn die meisten Leser die Firma Daikin kennen werden, geben Sie uns bitte zunächst einen kurzen Steckbrief zu ihrem Unternehmen, den Produktwelten und Märkten.

 

Volker Weinmann: Das Unternehmen Daikin Industries Ltd. (Osaka/Japan) kann auf mehr als 90 Jahre Erfahrung in Entwicklung und Fertigung von Klima-, Kältetechnik- und Wärme­pum­pen­sys­teme verweisen und beschäftigt weltweit rund 76.000 Mitarbeiter. Die Deutschland-Tochter, die Daikin Airconditioning Germany GmbH mit Sitz in Unterhaching bei München, wurde 1998 gegründet und ist die deutsche Vertriebsgesellschaft für hochwertige, energieeffiziente Wärmepumpen sowie Klimaanlagen für Privatmarkt, Gewerbe und Industrie. Für den gewerblichen Bereich bieten wir zudem Produkte für Normal- und Tiefkühlung sowie Lüftungsanlagen und Kaltwassersätze an. Über 85 % der Geräte für den europäischen Markt werden auch in Europa produziert. Über einen Award haben wir uns 2019 besonders gefreut, da er unseren Weg in eine nachhaltige Zukunft bestätigt: Die Serie „VRV IV+ Heat Recovery“ wurde im Oktober für die Verwendung von aufbereitetem Kältemittel mit dem Architects Choice Award Best renewable product ausgezeichnet.

 

tab: Wie Ihrer Funktionsbezeichnung zu entnehmen ist, sind Sie Umweltbeauftragter bei Daikin. Was sind Ihre konkreten Aufgaben als – wenn ich Sie so bezeichnen darf – Lobbyist in Sachen Klimaschutz?

 

Volker Weinmann: Dürfen Sie! Meine offizielle Bezeichnung lautet jedoch: Beauftragter für Politik, Umwelt und Verbände. In dieser Funktion vertrete ich Daikin in zahlreichen Gremien, Verbänden, Initiativen und Organisationen. Z.B. sind wir Mitglied bei der Stiftung 2°, einer Unternehmensinitiative für Klimaschutz. In diesem Rahmen fungierte ich als Pate für das Themencluster Gebäude im Verbundprojekt „Weg in die <2°-Wirtschaft“. Natürlich laufen alle Maßnahmen im Bereich Klimaschutz – vom Einsatz klimaschonender Kältemittel über die Aufbereitung von Kältemitteln bis hin zur Entwicklung neuer energieeffizienter Anlagen – über meinen Tisch. Eine weitere Aufgabe hierbei ist auch die Auseinandersetzung mit den betreffenden Gesetzen und Verordnungen. Mit dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung Ende September 2019 hat eine enorme Dynamik seitens der Politik eingesetzt, so dass hierbei ein starkes Netzwerk vonnöten ist, um den Überblick zu behalten. Viele Aktivitäten laufen parallel, wobei speziell seit November 2019 bei der Neugestaltung der Fördersystematik eine zusätzliche Beschleunigung eingetreten ist.

 

tab: Die Daikin-Gruppe hat verkündet, bis 2050 ein CO2-neutrales Unternehmen werden zu wollen. Wie soll dieses ambitionierte Ziel erreicht und der Erfolg gemessen werden?

 

Volker Weinmann: Dieses Ziel erreicht Daikin über drei Säulen: Erstens durch den Einsatz energieeffizienter Produkte, die mit Low-GWP-Kältemitteln betrieben werden. Zweitens durch die Lösungen, die wir bereitstellen, wie den Einsatz von Energiemanagementsystemen, die einen effizienten Betrieb gewährleisten. Und drittens durch die Aufbereitung von Kältemitteln. Diese werden seit Mitte 2019 schon in den Produktreihen „VRV IV+ Heat Recovery“ und „Mini VRV“ eingesetzt. Sie sehen, wir betrachten die CO2-Emissionen unserer Produkte über ihren kompletten Lebenszyklus hinweg und sorgen so für Einsparungen von der Produktion bis zur Entsorgung. Der Erfolg ist auch in unserem jährlichen Sustainability Report nachzulesen. Daikin setzt sich für jedes Geschäftsjahr konkrete Ziele. Das Ziel 2018 war, mit unseren Technologien dazu beizutragen, 55 Mio. t CO2 einzusparen. Erreicht wurden 67 Mio. t.

tab: Welche Produkte und Systeme aus Ihrem Haus halten Sie für besonders geeignet, um die genannten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Volker Weinmann: Dazu zähle ich definitiv unser R32-Produktportfolio. Mit der Entwicklung von R32-Anlagen leistete Daikin bereits vor Jahren Pionierarbeit. Lange bevor gesetzliche Vorgaben es erforderten, haben wir die Notwendigkeit erkannt, effizientere und umweltfreundlichere Klima- und Kältesysteme herzustellen. Bereits 2012 wurde das weltweit erste Klimagerät mit dem Kältemittel R32 in Japan auf den Markt gebracht. Seitdem wurde das Sortiment erweitert: Klimageräte, Wärmepumpen, Kaltwassersätze. Und für 2020 können wir neue Entwicklungen in diesem Bereich ankündigen. Um den Einsatz von Primärenergie zu senken, empfiehlt sich die Nutzung von VRV-Systemen mit der Möglichkeit zur Wärmeverschiebung und -rückgewinnung.

Und vor dem Hintergrund des sich rasch entwickelnden Themas Kreislaufwirtschaft sind die oben erwähnten Produkte mit aufbereiteten Kältemitteln zu nennen. Diese zahlen zudem auf die Erfüllung der Ziele der F-Gas-Verordnung ein. 

 

tab: Brechen wir das Thema einmal auf Daikin in Deutschland herunter. Welche Klimaschutz-/Nachhaltigkeitsaktionen werden unterstützt, und was leistet ihr Unternehmen im eigenen Haus?

 

Volker Weinmann: Als reine Vertriebsorganisation sind unsere direkten Einflussmöglichkeiten natürlich gering. Jedoch unterstützen wir unsere Kollegen von Daikin Chemical und Daikin Refrigerants beim Thema Kälte­mittelaufbereitung. Hierfür haben wir 2019 eine Umfrage bei unseren Kunden durchgeführt, welche Mengen an Kältemittel die Kunden aus Altanlagen zurückgewinnen. Das Ergebnis lässt sich sehen: Allein 22 Kunden haben rund 18 t zurückgewonnen. Rückgewonnenes Kältemittel ist also verfügbar, was zeigt, dass die Investition von Daikin in eine neue Kältemittelaufbereitungsanlage am Standort Frankfurt genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt ist. 

Darüber hinaus bleibt hauptsächlich die Mitwirkung an den laufenden Gesetzgebungsverfahren, um die Energiewende auch ins Gebäude zu bringen. Betont werden muss an dieser Stelle, dass Daikin Germany hier als einziger Branchenvertreter aktiv ist und es somit eine besondere Herausforderung ist, als kompetenter Ansprechpartner wahrgenommen zu werden.

tab: Im Rahmen des „For F.R.E.E.-Förderprojekts Regenerative Energie-Effizienz“, über das wir bereits ausführlich berichtet haben, hat Daikin die energieeffiziente Anlagentechnik für ein Hotel kostenlos geliefert und den Planungsprozess von Anfang an begleitet. Was sind Ihre Erfahrungen und wie bewerten Sie die Strahlkraft eines solchen Leuchtturmprojekts?

Volker Weinmann: Von Anfang an ein übergreifendes Energiekonzept integrieren und den künftigen Verbrauch exakt vorausberechnen, um alle Energiesparpotentiale auszuschöpfen – in vielen Branchen ist diese Vorgehensweise üblich oder wird sogar vorgeschrieben. In der Hotelbranche wurde das jedoch lange nicht berücksichtigt. Die steigende Anzahl an Hoteleröffnungen, deren Nachhaltigkeitsstrategien im Fokus stehen, freut uns sehr.

Die Projekte aus „For F.R.E.E.“ begleiten wir heute noch. Für das Gewinnerprojekt, das Arborea Marina Resort, liegen inzwischen erste Zahlen vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT vor. Hier stellte sich heraus, dass der Einbau energieeffizienter Technik für einen energieeffizienten Hotelbetrieb nicht unbedingt reicht. Handhabungsfehler, Regelungsprobleme und ein mangelndes Gespür für energiesparendes Verhalten im laufenden Betrieb können den Endenergiebedarf von Hotels in die Höhe treiben. Die Ergebnisse zeigen uns unsere Grenzen als Hersteller auf, die insbesondere dort liegen, wo unsere Entscheidungsgewalt endet. Sie zeigen aber auch auf, wo wir uns verbessern können. Nun korrigieren wir Fehler, bewerten die Einsparpotentiale neu und schulen die Mitarbeiter hinsichtlich effizienter Regelung der Anlagen.

tab: Wenn es um das Thema Umweltschutz geht, hört man von Planern und Anlagenbauern oft, dass sich Betreiber hierfür nur interessieren, wenn es Geld einbringt. Und selbst, wenn sich ein energieeffizienteres System schnell amortisiert, wird häufig trotzdem nur auf die ggf. niedrigeren Investitionskosten geschaut und das günstigere, aber ineffizientere System eingesetzt. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen und haben Sie Gegenbeispiele parat?

 

Volker Weinmann: Wir gehen davon aus, dass sich mit der Einführung eines CO2-Preises auf Öl und Gas diese Herangehensweise verändern wird. Da der Preis aktuell noch viel zu niedrig ist, können wir nur auf die langfristige Entwicklung hinweisen. Denn auch unsere Erfahrungen zeigen, dass die Investitionskosten häufig das Kriterium sind, wenn es um die Wahl der Gebäudetechnik geht. Dabei sind die Kosten im laufenden Betrieb weit höher. Das Arborea ist ein Beispiel dafür, dass sich die Investition in energieeffiziente Systeme auszahlt. Die Betriebskosten sind inzwischen so gering, dass jedes Zimmer nur einmal im Jahr vermietet werden müsste, um diese reinzuholen. Ein anderes Beispiel ist das Hotel Nordport Plaza, dessen Konzept auch im Rahmen der „For F.R.E.E.“-Ausschreibung entstanden ist. Das Projekt zeigt auf, wie komplex, aber auch wie wichtig die Zusammenarbeit der Gewerke ist. Der intensive Austausch zwischen Daikin und Projektentwickler sowie Betreiber Premero führten schließlich zur engen Zusammenarbeit. Gemeinsam mit Daikin, dem Haustechniker und dem Installationsbetrieb wurde für das Nordport Plaza ein integrales, ressourcenschonendes Konzept geplant und realisiert. So kommt das Hotel auf einen Anteil der Energiekosten am Jahresumsatz von unter 3,5 %. Benchmark im Hotelbereich sind 6,5 bis 8 %.

 

tab: Klimaanlagen und Wärmepumpen sorgen durch ihren Energieverbrauch für CO2-Emissionen. Die eingesetzten fluorhaltigen Kältemittel haben auch einen direkten Treibhauseffekt, wenn sie in die Atmosphäre entweichen. Welche Kältemittelstrategie verfolgt Daikin, um diesen Einfluss so weit wie möglich zu begrenzen?

 

Volker Weinmann: Gerade Split- und VRV-Anlagen weisen die geringsten Leckageraten aller Kältesysteme aus. Von daher ist es wichtig, an dieser Stelle zu erwähnen, dass eine Wärmepumpe inkl. möglicher Kältemittelverluste über ihren Lebenszyklus gegenüber einer Gas- oder Ölheizung deutlich CO2 einspart. Generell bestimmt der einzelne Anwendungsfall die Wahl des Kältemittels. Das optimale Zusammenspiel zwischen Kältemittel und Systemdesign ist entscheidend für die Gesamteffizienz der Anlage. Daher werden wir auch weiterhin auf unterschiedliche Kältemittel setzen und jeweils das Kältemittel einsetzen, das die Aspekte Sicherheit, Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz im jeweiligen Anwendungsbereich am besten erfüllt.

Die Zukunftsfähigkeit im Bereich Kälte-Klima/Wärmepumpe liegt auch in der Aufbereitung und Wiederverwendung von Kältemitteln. Dazu dient auch die bereits erwähnte Aufbereitungsanlage. Die Anlage durchläuft ihren Einfahrprozess. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die angestrebte Qualität bei der Trennung erreicht wird. Mit der Anlage ist es möglich, ein Kälte­mittelgemisch in die einzelnen Kältemittel (z.B. R32, R125) zu trennen um daraus wieder z.B. R410A in der gemäß AHRI 700 geforderten Qualität herzustellen.

tab: Schließen wir doch das Interview mit einem Appell von Ihnen an die Akteure der TGA-Branche zum Thema Klimaschutz!


Volker Weinmann: Rund 40 % des Gesamtenergieverbrauchs entfällt auf Gebäude. Dies macht den Gebäudesektor zum essentiellen Pfeiler für die Erreichung der Klimaschutzziele. Ich kann nur dazu auffordern, dass sich mehr Hersteller unserer Branche politisch engagieren. Nur wenn die Hersteller zusammenarbeiten, können die vielen Hürden, die uns unterwegs noch begegnen werden, überwunden werden.

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