Smarte Wärmespeicher

Zeolithe als Speichermedium

Der Weg zu einem überwiegend von der Sonne beheizten Wohnhaus führt über den saisonalen Speicher. Ein wassergefüllter Behälter, der die Sommersonne für Heizzwecke im Winter speichert, muss allerdings etliche Kubikmeter groß sein, nimmt damit ein erhebliches Gebäudevolumen ein und verliert auch bei bester Dämmung im Laufe der Monate Energie. In verschiedenen nationalen und internationalen Projekten arbeiten österreichische Wissenschaftler deshalb an Sorptionsspeichern, die Wärme in Form von chemischen Prozessen speichern und dabei deutlich höhere Wärmedichten erreichen als Wasser.

Die zweite Tagung „Kompakte thermische Energiespeicher“ an der Wirtschaftskammer Österreich in Wien am 14. September 2016 fasste die Ergebnisse und Fortschritte dieser Aktivitäten zusammen. Eingeladen vom österreichischen Forschungs­institut AEE Intec und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie berichteten Wissenschaftler aus neun Instituten sowie Entwickler von zwei Firmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Kooperationspartner der Tagung waren außerdem die Internationale Forschungskooperation der Internationalen Energieagentur im Rahmen von SHC und ECES, die WKO, der Klima- und Energiefonds sowie ACR.

„Die heute verfügbaren Technologien zur Speicherung von Wärme und Ansätze zur System­im­plementierung reichen für eine konsequente Dekarbonisierung des Energiesystems bis 2050 nicht aus“, hieß es im Ankündigungsflyer. Gezielte Forschung, Entwicklung und Demonstration von Speichertechniken mit höheren Energiedichten ist also notwendig.

Chemische Speicherung von Wärme

Ein zentraler Aspekt der Tagung waren die vielversprechenden Forschungsergebnisse der Wissenschaftler von AEE Intec zu thermochemischen Speichern auf Zeolith-Basis, ein Material, das in der Natur vorkommt, sich aber auch industriell herstellen lässt. Bringt man das Zeolith mit Wasserdampf in Verbindung, verbindet sich dieses chemisch mit den porösen Kügelchen und setzt Wärme frei (Sorption). Um den Speicher wieder mit Wärme zu beladen, muss man das Granulat trocknen, indem man es auf hohe Temperaturen erhitzt. Anschließend kann man das Material im Vakuum für lange Zeit lagern, ohne dass es Energie verliert.

Im europäischen Forschungsprojekt COMTES (Combined Development of Compact Thermal Energy Storage Technologies) haben Wissenschaftler von AEE Intec einen Zeolithspeicher entwickelt, der bis zu 180 kWh/m3 an Wärme aufnehmen kann. Das ist dreimal so viel wie sich in einem Wassertank bei einer Temperaturspreizung von 50 K speichern lässt – und obendrein ein Rekord für eine solargetriebene Anlage. Denn eigentlich erreicht man so eine hohe Speicherdichte selbst bei Zeolith nur, wenn man den Speicher bei hohen Temperaturen belädt. Die Forscher haben aber ein stufenweises Beladeverfahren entwickelt, in dem dafür eine Temperatur von etwa 120 °C genügt. „Diese Temperaturen sind mit Vakuumröhren oder guten Flachkollektoren problemlos zu erreichen“, berichtet Projektleiter Wim van Helden.

Da man das trockene Zeolith im Vakuum monatelang lagern kann, ohne dass es Energie verliert, eignet sich die Technologie gut, um Sonnenwärme aus dem Sommer zum Heizen im Winter zu speichern. Tests haben gezeigt, dass während der Entladephase – wenn das getrocknete Zeolith wieder mit Wasserdampf zusammengebracht wird – Temperaturen über 75 °C entstehen, was ausreicht für die Brauchwasserbereitung in Haushalten.

Demospeicher sechs Monate betrieben

Wie gut die saisonale Speicherung im Zeolith funktioniert, hat das Team von AEE Intec in einem mehrmonatigen Experiment untersucht. Wim Van Helden und sein Team haben den 2 m3 großen und mit 1,4 t Zeolith-Granulat gefüllten Laborspeicher von Oktober 2015 bis März 2016 unter realen Arbeitsbedingungen getestet. Auf Basis der Messergebnisse aus der Speicherentwicklung simulierten sie in Echtzeit den Ertrag einer Solaranlage mit 12 m2 Vakuumröhrenkollektoren sowie den Wärmebedarf eines sparsamen Einfamilienhauses. Ein Drittel der so berechneten Wärmemengen speisten sie in den Laborspeicher ein bzw. entnahmen sie bei Bedarf. In diesem Experiment kamen sie auf einen solaren Deckungsanteil des Gesamtwärmebedarfs von 85 % im Jahresverlauf. In der Realität bräuchte man also einen 6 m3 Zeolithspeicher mit 4,2 t Granulat, um diesen solaren Deckungsgrad zu erreichen.

Doch bevor die Technik in einem normalen Haushalt eingesetzt werden kann, müssen die zum Laden und Entladen sowie zur Evakuierung des Speichers benötigten Baugruppen kompakter und kostengünstiger werden. Durch Simulationen des Institutes für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart konnte der Aufbau des Wärmetauschers optimiert werden. Statt eines spiralförmigen Wärmetauschers kam in der Demoanlage ein speichenförmiger Wärmetauscher zum Einsatz, der weniger Kupfer benötigt.

Schwankungen bei Zeolithpreisen

Eine weitere Herausforderung sind die Kosten des Zeoliths. „Die Industrie bietet es derzeit für 4 €/kg an, was natürlich bei einem Volumen von 4,2 t wie in dem obigen Beispiel sehr teuer wird,“ beschreibt Wim van Helden. Aber Zeolithe sind auch eine wichtige Komponente von Waschmitteln und das ist eine Massenanwendung, bei der das Kilo für wenige Cent gehandelt wird. Die Preise für die Speicherfüllung hängen also extrem vom Marktpotential der Kompaktspeicher ab. Interessant könnte hier sein, dass die AEE Intec-Wissenschaftler Anwendungsmöglichkeiten für Sorptions­speicher auch in Elektroautos sehen. Vor allem beim Schnellladen, aber auch im normalen Betrieb eines Elektroautos entsteht Abwärme. Zu hohe Temperaturen sorgen aber dafür, dass die Lebensdauer der Batterie sinkt. Ein kompakter Sorp­tions­speicher könnte stattdessen die Wärme aufnehmen und sie so nicht nur von der Batterie fernhalten, sondern auch für andere Anwendungen nutzbar machen – etwa, um den Fahrgastraum zu heizen oder um der Batterie selber bei Minusgraden den Start zu erleichtern.

Wim Van Helden hält einen Marktpreis von 25.000 bis 35.000 € für ein Komplettsystem mit Sorptionsspeicher und Solaranlage im Wohnungsbau für akzeptabel. „Dann würde sich das System über die Lebensdauer von 25 Jahren im Vergleich zu einer konventionellen Heizung rechnen.“ Allerdings warnt er vor zu hohen Erwartungen: „Um die Zeolith-Speichertechnologie zur Marktreife zu bringen, brauchen wir zehnmal mehr Forschungsvolumen als wir bisher hatten“.

Vorreiterposition bei Speicherentwicklung

Ein wichtiger Schritt ist die Weiterführung der Kompaktspeicherforschung im nationalen Leitprojekt Tes4seT (Thermal Energy Storage for Sustainable Energy Technologies), ein Projekt des Klima- und Energiefonds, gestartet im Oktober 2014 mit einer Laufzeit von vier Jahren. Fünf Forschungsinstitute und 13 Industriebetriebe arbeiten auf fünf Entwicklungslinien zusammen. Es werden neue Speichermaterialien, Komponenten und Systeme für den Einsatz in Gebäuden, der Industrie und für Mobilitätsanwendungen entwickelt.

Wim Van Helden betont, dass die Kooperation einer derart großen Gruppe von Herstellern und Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet einzigartig sei und Österreich die Chance gäbe auf eine internationale Vorreiterposition in der Entwicklung von kompakten thermischen Speichern.

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