Drum prüfe, wer …… !

Nein, der nachfolgende Beitrag befasst sich nicht mit dem Bund fürs Leben, sondern (nur) mit der Abwicklung von Bauaufträgen, genauer: Bauaufträgen in der technischen Gebäudeausrüstung und im speziellen mit der Prüf- und Hinweispflicht, mit welcher die Auftragnehmer – früher oder später – im Rahmen der Ausführung von Anlagenbauverträgen konfrontiert werden.

Bekanntlich ist der Auftragnehmer verpflichtet, insbesondere die ihm übergebenen Planungs- und Ausführungsunterlagen des Auftraggebers, die Leistungsbeschreibung sowie Vorleistungen anderer Auftragnehmer im Hinblick auf ihre mangelfreie Realisierung zu prüfen und, falls er diesbezüglich Bedenken hat, diese dem Auftraggeber anzuzeigen. Eine solche vertragliche Verpflichtung besteht seit Jahrzehnten in der VOB/B (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 3 VOB/B), wird darüber hinaus aber auch in nahezu allen Bauverträgen mit dem Auftraggeber vereinbart und gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach Treu und Glauben selbst dann, wenn der Vertrag keine diesbezüglichen ausdrücklichen Regelungen enthält. Tiefe und Reichweite der Prüfpflicht des Auftragnehmers richten sich nach dem jeweiligen Einzelfall, insbesondere der einschlägigen Fachkunde des Auftraggebers, wobei selbstverständlich auch die Einschaltung eines Ingenieurbüros bedeutsam ist. Obgleich also die Prüf- und Hinweispflicht des Auftragnehmers eine seit Jahrzehnten bestehende Vertragspflicht des Auftragnehmers und daher keineswegs ein neues Phänomen ist, hat sie, oder besser gesagt: Ihre Nichtbeachtung und die daraus resultierenden, mitunter erheblichen Folgen für den Auftragnehmer, nichts an Bedeutung verloren.

Kaum ein Bauprozess, in dem es nicht zumindest auch um Mängel und in der Folge um die Frage der Beachtung der Prüf- und Hinweispflicht seitens des Auftragnehmers geht. Den ausführenden TGA-Unternehmen kann im Eigeninteresse nur geraten werden, die Prüf- und Hinweispflicht im Rahmen der Auftragsabwicklung ernst zu nehmen, vor allem hinsichtlich der Planungs- und Ausführungsunterlagen des Auftraggebers; dies gilt auch und gerade bei Einschaltung eines Ingenieurbüros durch den Auftraggeber. Denn der Auftragnehmer ist vor dem Hintergrund des sogenannten funktionalen Mangelbegriffs der Rechtsprechung auch für einen Mangel verantwortlich, der auf einer fehlerhaften auftraggeberseitigen Planung beruht, es sei denn, er hat seiner Prüf- und Hinweispflicht genüge getan.

Erkennt der Auftragnehmer einen Planungsfehler des Auftraggebers und führt dieser dann zu einem Mangel, so ist er nach der Rechtsprechung für diesen Mangel allein verantwortlich, wenn er einen entsprechenden Hinweis an den Auftraggeber unterlässt oder nur einen mündlichen Hinweis gibt, der sich später im Gerichtsverfahren nicht beweisen lässt, oder einen Hinweis nur gegenüber dem Ingenieurbüro erteilt, wo dann die geäußerten Bedenken „steckenbleiben“. In solchen Fällen haftet der Auftragnehmer für den eingetretenen Schaden allein in voller Höhe und kann sich nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen! Dies hat das OLG Stuttgart in seinem Urteil vom 15. April 2014 (10 U 127/13) erneut bestätigt.

Die Ratschläge an die Auftragnehmer, vor allem, aber nicht nur die übergebenen Planungsunterlagen und die Leistungsbeschreibung mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen, etwaige Bedenken schriftlich dem Auftraggeber (und nicht nur dem Ingenieurbüro) mitzuteilen, haben auch nach Jahrzehnten nichts von ihrer Aktualität verloren. 

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