Das ist zu tun, wenn sich Regeln ändern

A.a.R.d.T. – Herstellerrichtlinien – DIN-Normen

Immer wieder taucht die Frage auf, welche technische Normen – aus juristischer Sicht – der Planung zugrunde zu legen sind. Der Autor gibt einen Überblick über die Begrifflichkeiten und erläutert das Vorgehen, wenn sich während der Planungsphase die Regeln oder Normen ändern.

I. Begrifflichkeiten

1. Allgemein anerkannte Regeln der Technik (a.a.R.d.T.)

Für Bauleistungen gilt nach § 13 Abs. 1 S. 1 VOB/B, dass Leis­tungen im Zeitpunkt der Abnahme mangelfrei sein müssen. Sie haben gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 VOB/B den „anerkann­ten Regeln der Technik“ zu entspre­chen. Dies gilt auch für Pla­nungs­verträge. Aber was sind nun die a.a.R.d.T.? Nach der Recht­sprechung sind diejenigen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen gemeint, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreis der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind. Ziel ist letztlich ein funktionstaugliches Werk.

2. Herstellerrichtlinien

Hersteller von Bauprodukten geben regelmäßig detaillierte Anweisungen, wie die Produkte zu verarbeiten sind. Häufig werden diese Vorgaben auch den a.a.R.d.T. entsprechen, gewährleistet ist die Einhaltung dieses Standards aber leider nicht immer. Folgerichtig gehen die a.a.R.d.T. den Hersteller­richt­linien vor. Weder ein Un­ter­nehmer noch ein Planer kann sich darauf berufen, die Her­steller­anweisungen seien eingehalten worden, wenn das Werk im Ergebnis nicht funktions­tauglich ist. Andererseits muss beachtet werden, dass eine Abweichung von Herstellervorgaben als Mangel beurteilt werden kann, wenn dadurch die Risiken des Produktes erhöht werden und die Herstellergarantie verloren geht (OLG Brandenburg, Urteil vom 15. Juni 2011).

3. DIN-Normen

Der BGH hat klargestellt, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen, sondern private technische Regeln mit Empfehlungscharakter darstellen (BGH NJW-RR 1991, 1445). Sie bergen die Vermutung, dass sie die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Diese Vermutung ist jedoch jederzeit widerlegbar.

II. Normänderungen

1. Änderung der a.a.R.d.T. vor der Genehmigung

Was ist nun zu tun, wenn sich die a.a.R.d.T. bzw. DIN-Normen während der Planungsphase ändern?

Nach der Rechtsprechung darf der Ingenieur nicht auf dem Stand der ursprünglichen Planung stehen bleiben, sondern hat sich auf dem Laufenden zu halten und sein Werk auf Übereinstimmung mit den neuesten Regeln der Technik zu überprüfen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 9. Juni 2010). Wenn sich also im Laufe der Genehmigungsplanung oder bereits vor Vertragsschluss zeigt, dass im Zeitpunkt der Abnahme andere technische Anforderungen gelten werden, ist eine Planungsanpassung erforderlich. Der Planer sollte den Auftraggeber möglichst frühzeitig darauf hinweisen. Häufig wird der Planer dann auch Anspruch auf eine Zusatzvergütung haben, insbesondere wenn Grundleistungen erneut zu erbringen sind.

Weist der Planer nicht auf die erforderliche Anpassung hin, führt dies dazu, dass die Planung nicht dauerhaft genehmigungsfähig und damit mangelhaft ist, was wiederum zu Schadensersatzansprüchen gegen den Planer berechtigt. Dem kann der Planer dann nur noch dadurch entgehen, dass er nachweist, den Auftraggeber unmissverständlich auf Bedenken hingewiesen zu haben, von diesem aber trotzdem in Kenntnis aller Risiken zur Beibehaltung der Planung angehalten worden zu sein.

2. Änderung der a.a.R.d.T. nach der Genehmigung

Ändern sich nach erfolgter Genehmigung (unvorhersehbar) die a.a.R.d.T., werden Planungsänderungen notwendig. Andernfalls ris­kiert der Planer, dass sein Werk im Zeitpunkt der Abnahme nicht mehr als mangelfrei gilt. Denkbar ist dieses Szenario beispielsweise durch die Einführung von Eurocode-Normen, die in einigen Bereichen DIN-Normen ablösen. Der Planer muss in solchen Fällen also seinen Auftraggeber darauf hinweisen, dass er nach zwischenzeitlich erfolgter Genehmigung unvorhersehbar neue technische Normen planerisch zu beachten und daher die Planung anzupassen hat. Der Auftraggeber kann sich dann entscheiden, ob er die Planung (gegen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung) anpassen lässt oder aber damit einverstanden ist, dass die Planung im Zeitpunkt der Abnahme nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Für letztere Variante empfiehlt sich der Abschluss einer Zusatzvereinbarung. In jedem Fall sollten die Gespräche, Bedenken anzeigen und letztlich die Entschließung des Auftraggebers sorgfältig dokumentiert werden.

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