Umkehrdach-Entwässerung

Damit alles im Fluss bleibt

Zunehmende Erderwärmung, Extrem-Hitzephasen im Sommer, überlastete Kanalsys-teme durch Starkregen. Jedes einzelne Problem ist ein Plädoyer für ein Gründach, bspw. ausgeführt als Umkehrdach. Der stille Held, der schon länger verbaut wird, verzeichnet in diesen Zeiten eine vermehrte Nachfrage. Auch bei der Entwässerung fließen hier neue Perspektiven ein.

Wenn die Klimabedingungen Handlungsbedarf signalisieren, ist Umdenken gefragt. Ein Umkehrdach, bei dem der Dachaufbau, wie der Name schon sagt, umgekehrt ist, empfiehlt sich da als interessante Alternative zum klassischen Warmdach-Aufbau.

Die Dämmung, die ein wasserresistentes Material voraussetzt,befindet sich hier oberhalb der Abdichtung, und das macht diese Konstruktion so interessant, aber auch so anspruchsvoll bei der Entwässerung. Bei der Planung und Ausführung der Entwässerungsbauteile für die Haupt- und Notentwässerung sind Besonderheiten zu beachten.

Das Prinzip Umkehrdach

Ein Umkehrdach kann vieles sein: Eine genutzte Dachfläche, ein Gründach, ein Retentionsdach – immer hat es eine Auflast. Eine Dachterrasse oder ein Gründach, oder eine Kombination aus beiden, erschließt den durch das Gebäude versiegelten Bodenbereich in lichter Höhe neu und wird bepflanzt zu einer grünen Lunge. Immer häufiger finden wir hier genutzte Bereiche, Terrassen oder „Urban Gardening“. Ein Retentionsdach kann Starkregen zurückhalten und so dazu beitragen, überlastete Kanalisationen zu entlasten.

Hauptentwässerung mal drei

Generell gilt: Wie jedes Flachdach sollte auch ein Umkehrdach mit einem Mindestgefälle von 2 bis 3 % ausgeführt werden, um stehendes Wasser möglichst zu vermeiden. Gibt es beim Warmdach nur eine bis maximal zwei Entwässerungsebenen für die Hauptentwässerung, so sind bei einem Umkehrdach bis zu drei Ebenen zu berücksichtigen. Neben dem Wasser, das oberflächlich über die Auflast in den Gully gelangt, ist auch das Regenwasser auf der Abdichtungslage unterhalb der Dämmung zu beachten – bei einem Gründachaufbau darüber hinaus auch noch der Wassereintrag über die eingebaute Drainageschicht. Um Stauwasser zu vermeiden, ist es wichtig, stets einen ungehinderten Abfluss sicherzustellen. Ein kurzfristiges Überstauen der Wärmedämmplatte gilt gemäß des Kommentars zur DIN 1986-100 als unbedenklich. Langfristiges Überstauen muss durch ein sorgfältig ausgelegtes Entwässerungssystem ausgeschlossen werden.

Die unterste Entwässerungsebene liegt direkt auf der Dachabdichtung. Hier wird das wenigste Wasser abgeführt, primär das, das zwischen den Fugen der Wärmedämmung einsickert. Hier kommt in der Regel ein Flächengully mit passendem Aufstockelement zum Einsatz. Beim Einbau muss zwingend darauf geachtet werden, dass der Dichtring zwischen Gully und Aufstockelement nicht eingebaut wird. Dies ist elementar wichtig, weil ansonsten die Entwässerung auf der Abdichtungslage versperrt ist. Die Gullys der Produktfamilie „SitaTrendy“ eignen sich sehr gut für diesen Einsatzzweck. Wahlweise sind sie sowohl mit einer Wunschanschlussmanschette für die Abdichtungslage als auch mit einer Schraubflansch-Konstruktion zum Einklemmen des Schutzvlieses am Aufstockelement ausgestattet.

Die zweite Entwässerungsebene befindet sich auf dem Dach-vlies, also der Schutzlage zwischen Wärmedämmung und Auflast. Das Oberflächenwasser wird hier von dem Aufstockelement aufgenommen. Bei einem Kiesdach, das – im Vergleich zu einem Gründach – über ein vermindertes Wasserrückhaltevermögen verfügt, wird hier ein Großteil der Regenspende oberhalb des Dämmpaketes über das Aufstockelement in den Gully fließen.

Die dritte Entwässerungsebene liegt oberhalb der Auflast, also auf dem Plattenbelag, der Kiesschüttung oder der Begrünung. Versuche haben gezeigt, dass hier bei Starkregen die höchste Regenmenge abtransportiert wird, vor allen Dingen dann, wenn z.B. die Vegetationsschicht bei Gründachaufbauten schon gesättigt ist. Hier gilt es, den ungehinderten Ablauf in das Entwässerungssystem sicherzustellen. Bei bepflanzten Aufbauten sichern Gründachschächte den freien Ablauf. Um ihre Funktion ungehindert erfüllen zu können, müssen sie stets freigehalten und vor Zuwachsen geschützt werden.

Notentwässerung ganz normal

Kein Umkehrdach ohne Notentwässerung. So pragmatisch lassen sich die aktuellen Vorschriften zusammenfassen. Selbstverständlich muss auch hier eine Notentwässerung gemäß DIN 1986-100 ausgeführt werden. Bei einem Umkehrdach, das statisch schon höher belastet ist, ist sie sogar besonders wichtig. Im Fall eines Starkregenereignisses verhindert sie, dass die statischen Reserven der Dachkonstruktion überschritten werden. Und sie vermeidet, dass Regenwasser über Türen und Anschlüsse in das Gebäude gelangt.

Nicht zu hoch, nicht zu tief. Die exakt definierte Einbauhöhe spielt bei der Notentwässerung eine wichtige Rolle. Sind die Notabläufe zu niedrig platziert, springen sie auch bei Normalregen an. Dies führt zu einem Tröpfeln der Abläufe, das auf Dauer Spuren an der Fassade hinterlassen kann. Sind sie zu hoch eingesetzt, erhöhen sie die statische Belastung der Dachkonstruktion.

Wärmedämm- und Dachaufbauten werden immer anspruchsvoller und immer höher. Anstauelemente müssen heute große Distanzen überbrücken können, um sicherzustellen, dass die Notentwässerung nur dann läuft, wenn dies auch erforderlich ist. Eine passende Problemlösung bringt hier das „SitaTurbo Max Umkehrdach“ mit Anstauring. Sein 200 mm langer Anstauring aus Polyethylen HD überbrückt mühelos jede noch so hohe Auflast. Bauseits kann er flexibel auf die erforderliche Stauhöhe gekürzt werden. Ein optional erhältlicher XPS-Dämmkörper sichert eine schnelle und zügige, aber ebenso saubere Verarbeitung ohne Fehlstellen und Wärmebrücken im Dämmpaket. Mit einer sehr hohen Ablaufleistung im Speiereinsatz macht der robuste Attikagully aus Edelstahl seinem Namen Ehre.

Grüne Alternative

Jedes Umkehrdach benötigt eine Auflast, um ein Abheben der Dämmplatten durch Windsog zu verhindern. Eine gute Alternative zur handelsüblichen Kiesschüttung ist eine Dachbegrünung, die in manchen Kommunen gezielt gefördert wird. In manchen Städten ist sie ab einer gewissen Dachgröße sogar vorgeschrieben. Angesichts zunehmender Flächenversiegelung avanciert das Gründach zu einer beliebten Variante der „grünen Lunge“ in der Stadt. Neben ökologischen Pluspunkten bietet es – abgesehen von architektonischen Aspekten – eine Reihe ökonomischer Vorteile: eine längere Lebensdauer des Daches, einen optimierten Lärmschutz und eine verbesserte Wärmedämmung. Falsch verstandene Naturromantik ist beim Gründach allerdings fehl am Platz. Langfristig Freude bereitet es nur, wenn sorgfältig geplant und gezielt entwässert wird.

Auch hier ist es so, dass eine Entwässerung ausschließlich auf der Abdichtungsebene nicht ausreicht. Das Regenwasser sickert zwar in den Bodenaufbau, aber langsamer, als viele denken. Bei starkem Regen bilden sich schnell Wasseransammlungen auf der Oberfläche. Daher ist es wichtig, dass auch die oberste Lage der Begrünung/Vegetationsschicht ein Gefälle zu den einzelnen Dachabläufen aufweist.

Vorausschauende Berechnung

Zur richtigen Bestimmung der Höhen für die Haupt- als auch die Notentwässerung gilt immer die Oberkante der Auflast – ab hier wird gemessen. Die Einlaufkante der Notentwässerung sollte unterhalb der Schwelle von Türen oder Notausstiegen liegen, um einer Überflutung vorzubeugen. Als Unterkante der Notentwässerung gilt die Oberkante der Wassersäule der Hauptentwässerung.

Bei größeren Dachflächen kommt es auf das Zusammenspiel der Gullys an. Die Abstände der Gullys untereinander sollten nicht zu groß sein. Bei einer funktionsgerecht ausgelegten Planung gelten 20 m als Maximalabstand von Gully zu Gully. Die Anzahl der zu verbauenden Gullys hängt maßgeblich vom Gebäudestandort und den daraus resultierenden Niederschlagsdaten nach KOSTRA-DWD ab. KOSTRA-DWD steht für „Koordinierte Starkniederschlags-Regionalisierungs-Auswertung des Deutschen Wetterdienstes“. In der KOSTRA-DWD 2010R sind z.B. die Regenereignisse von 1951 bis 2010 statistisch aufgenommen und verarbeitet worden.

Neben diesen standortbasierten Daten und der Abflussleistung der zu verbauenden Gullys ist der Abflussbeiwert eine wichtige Kennzahl zur Berechnung, die in der DIN 1986-100, Tabelle 9, umfassend dargestellt ist. Der Abflussbeiwert gibt dabei die verzögerte Einleitung des Regens in das Entwässerungssystem an. Bei einem angenommenen Abflussbeiwert von z.B. 0,8 werden 80 % der Entwässerungsanlage zugeführt. Die restlichen 20 % verbleiben, verdunsten oder gelangen zeitverzögert in das Leitungssystem – diese gehen nicht in die Berechnung der Hauptentwässerung mit ein. Diese verzögerte Einleitung beugt somit effektiv einem Kollaps des Kanalnetzes im Falle eines Starkregenereignisses vor.

Fazit

Eine Umkehrdach-Konstruktion ist ein probates und etabliertes Dachsystem, sowohl im Neubau als auch im Bestand. Wichtig ist, sich im Vorfeld mit seinen Besonderheiten der Entwässerung vertraut zu machen. Die richtige und frühzeitige Planung ist hierbei das A und O. Voraussetzung für ein funktionierendes Gesamtsystem ist die Berücksichtigung aller Entwässerungsebenen und die Auswahl der entsprechenden Gullys. Unter diesen Voraussetzungen entstehen Dächer mit vielen Vorteilen, an denen Bauherren und Umwelt ihre Freude haben werden. Eine zusätzliche Dachbegrünung macht besonders im urbanen Raum Sinn. Sie baut u.a. einer Überhitzung im Sommer vor und sorgt gleichzeitig für eine verzögerte Wassereinleitung in das Kanalsystem.

Sieben Fehler bei der Entwässerung von Umkehrdächern:

1. Kein Gefälle zum Gully ausgebildet. Möglicher Wasseranstau auf dem Dach, beim Gründach droht eine Versumpfung!

2. Dichtung zwischen Gully und Aufstockelement eingebaut. Dadurch wird der Wasserabfluss behindert. Es droht ein Wasserüberstau der Dämmung.

3. Kein Kiesstreifen um Entwässerungsbauteile bei begrünten Umkehrdächern angelegt. Gefahr des Zuwachsens der Entwässerungsbauteile.

4. Einlaufkante der Hauptentwässerung nicht ab Oberkante der Auflast ausgeführt. Dadurch läuft die Notentwässerung zu früh an, obwohl sie es gar nicht sollte.

5. Abdeckplatte auf Notentwässerungsbauteilen vergessen. Das führt zu lästigem Tropfen des Notentwässerungsgullys.  

6. Filtervlies nicht mittels Dichtung und Schraubflanschverbindung eingeflanscht. Dadurch tropft der Notentwässerungsgully.

7. Gullys nicht mittels passender Dämmkörper eingebaut oder mit geeignetem Schaum fixiert. Hohlräume sorgen für Wärmebrücken und möglicherweise Schieflage der Gullys beim Einbringen der Auflast.

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