Das aktuelle Baurechtsurteil:  Revisionsunterlagen

Streit um Plan- und Revisionsunterlagen

Mit Beendigung eines Bauvorhabens werden regelmäßig Plan- und Revisionsunterlagen (z. B. Installations- oder Verteilerpläne) übergeben. Diese verschaffen dem Auftraggeber einen Überblick, wie die ausgeführte Anlage aufgebaut ist. So können später eventuell auftretende Fehler besser lokalisiert werden; benötigt werden diese Unterlagen auch, wenn die Anlage umgebaut oder erweitert werden soll. So weit, so gut. Viel zu oft entzündet sich aber an den Revisionsunterlagen Streit. Dies muss nicht sein.

Was Revisionsunterlagen sind, definiert das Gesetz nicht. Gelegentlich helfen die technischen Regelwerke, etwa die DIN 18381 (Wasser- und Entwässerungsanlagen) oder die DIN 18379 (Lüftungsanlagen), die aber in Bezug auf konkreten Umfang und Detailgrad der zu übergebenden Unterlagen ausfüllungsbedürftig bleiben, wenn darin etwa in Bezug auf die Lüftung von Anlagenschemata und Übersichtsschaltplänen die Rede ist. Umso wichtiger ist es, gerade bei komplexen Anlagen konkrete und hinreichend detailgenaue vertragliche Absprachen zu treffen. Unabhängig von der Frage, welche Unterlagen überhaupt übergeben werden müssen, wird häufig die Frage kontrovers diskutiert, was aus dem Fehlen dieser Unterlagen folgt; so halten Auftraggeber wegen fehlender Revisionsunterlagen des Öfteren die Schlusszahlung ganz oder teilweise zurück. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Brandenburg zu befassen.

Zum Fall

Der Auftraggeber beauftragte mit einem VOB-Vertrag den Werkunternehmer im Zuge eines Umbaus eines Mehrfamilienobjektes mit Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärarbeiten. Nach Fertigstellung und Abnahme der Arbeiten rechnete der Werkunternehmer seine Leistungen ab. Der Auftraggeber ließ die Rechnung durch seinen Fachingenieur prüfen. Auf dessen Empfehlung hielt der Auftraggeber unter Hinweis auf fehlende Revisionsunterlagen einen größeren Betrag ein. Damit wollte sich der Werkunternehmer nicht abfinden und klagte seine Vergütung ein. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass die Leistungen abgenommen worden seien und schon deshalb ein Zurückbehaltungsrecht nicht bestehe; überdies sei die Forderung nach Revisionsunterlagen mehr als zwei Monate nach Prüfung der Schlussrechnung (§ 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B) verspätet.

Zur Entscheidung

Das Oberlandesgericht verurteilte den Auftraggeber, den eingeklagten Werklohn zu zahlen, allerdings in Höhe eines Betrages von 1000 € nur Zug um Zug gegen Übergabe der Revisionsunterlagen. In diesem Umfang bejahte das Gericht also ein Zurückbehaltungsrecht des Auftraggebers. Dieser braucht also nach dieser Entscheidung den Werklohn nicht in vollem Umfang zu zahlen, da das Fehlen der Revisionsunterlagen, zu deren Übergabe sich der Auftragnehmer hier nach Einschätzung des Gerichts vertraglich verpflichtet hatte, einen Mangel darstellte. Der Auftragnehmer erhält also die nach Auffassung des Gerichts zu Recht einbehaltenen Beträge erst mit Übergabe der geschuldeten Revisionsunterlagen. Maßstab für die Höhe des Zurückbehaltungsrechts wäre – so das Oberlandesgericht – das Doppelte der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten; diese wiederum ermittelte das Gericht mit nur 500 €. Der Auftraggeber konnte also einen Betrag von nur 1000 € zurückhalten. Die Vorschrift des § 16 Nr. 3 VOB/B schlösse – so das Oberlandesgericht – die Forderung nach Revisionsunterlagen bzw. die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wegen fehlender Unterlagen später als zwei Monate nach Eingang der Schlussrechnung nicht aus. Diese Vorschrift wäre lediglich eine Höchstfrist für den Eintritt der Zahlungspflicht des Auftraggebers. Umgekehrt stünde das Fehlen von Revisionsunterlagen der Fälligkeit einer Schlussrechnungsforderung grundsätzlich nicht entgegen.

Als Leitsatz hat das Oberlandesgericht festgehalten: Das Fehlen vertraglich vereinbarter Revisionsunterlagen stellt einen Mangel dar, der den Auftraggeber dazu berechtigt, einen Betrag in Höhe des Doppelten der für die Erstellung der Unterlagen erforderlichen Kosten zurückzubehalten (Urteil Oberlandesgericht Brandenburg vom 4. Juli 2012, 13 U 63/08).

Gut weggekommen ist in dem hier besprochenen Fall der Werkunternehmer jedenfalls deshalb, weil das Gericht ein Zurückbehaltungsrecht lediglich in Höhe eines Betrages von 1000 € angenommen hat, also in Höhe eines zweifachen Mängelbeseitigungsaufwands. Darin überzeugt die Entscheidung nicht. Fehlen nämlich die Revisionsunterlagen, müsste sich diese der Auftraggeber notfalls anderweitig besorgen. Ein anderes Unternehmen wäre wohl kaum in der Lage, ohne Weiteres Revisionsunterlagen zu erstellen. Jedenfalls dürfte der Aufwand den hier angesetzten Aufwand von 500 € um ein Vielfaches übersteigen.

 

Praxishinweis

Um Revisionsunterlagen ranken sich eine Reihe von rechtlichen Problemen. In vielen Verträgen – insbesondere bei Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärinstallationsarbeiten – ist bereits die Verpflichtung des Werkunternehmens vereinbart, Revisions- bzw. Bestandsunterlagen zu erstellen und zu übergeben. Der beauftragte Fachingenieur hat diese gemäß § 53 HOAI, Anlage 14, Leistungsphase 8 lit. i) zusammenzustellen und zu übergeben. Fraglich ist allerdings, ob auch ohne ausdrückliche Vereinbarung solche Revisions- und Bestandsunterlagen zu erstellen und zu übergeben sind. Die durch die VOB/C in Bezug genommenen DIN sind – wie gesagt – nicht hinreichend konkret und auch nicht abschließend.

Der Auftraggeberseite und auch den involvierten Fachplanern ist daher dringend zu raten, im Vertrag möglichst genau zu regeln, welche Revisionsunterlagen wann zu übergeben sind. Anderenfalls läuft die Auftraggeberseite Gefahr, dass solche Unterlagen nicht ausgehändigt werden müssen. Wird allerdings eine entsprechende Vereinbarung getroffen, kann der Auftraggeber sogar die Abnahme verweigern, wenn die Revisionsunterlagen noch fehlen. So hat etwa das Oberlandesgericht Bamberg mit Urteil vom 8. Dezember 2010, 3 U 93/09, entschieden, dass eine Leistung nicht abnahmefähig ist, wenn der Werkunternehmer zu einer Dokumentation verpflichtet ist und diese Information nicht liefern kann. Auch das OLG Hamm hat mit Urteil vom 17. Juni 2008, 19 U 152/04, die Auffassung vertreten, dass die fehlende Übergabe von Revisionsplänen einen wesentlichen Mangel darstellen kann, der einer Abnahmereife entgegensteht. Gerade bei komplexen technischen Anlagen liegt dies auf der Hand.

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