Abnahme und Verjährung am Bau! Was ist zu beachten?

Das aktuelle Baurechtsurteil

Immer wieder ist Gegenstand von Bauprozessen die Frage, wann Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers verjähren. Hierfür ist zum einen der Beginn der Gewährleistungsfrist und zum anderen deren Dauer entscheidend. Mit beiden Fragen hat sich das Oberlandesgericht München in seinem Beschluss vom 13.06.2024 (Az.: 20 U 1009/24) auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Die Klägerseite beauftragte die Beklagte mit der Ausführung von Installationsarbeiten an einer Immobilie. Die Parteien vereinbarten hierbei Folgendes:

„Die Gewährleistungsrechte richten sich nach den werkvertraglichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches.“

Mit der Klage hat die Klägerseite Gewährleistungsansprüche wegen der nicht fachgerechten Installation eines Trinkwasser-Erwärmers geltend gemacht. Das Landgericht Landshut hat das Klagebegehren zurückgewiesen bzw. der Widerklage der Beklagten mit Teilurteil vom 19.02.2024 stattgegeben. Zur Begründung hat es festgestellt, dass Ansprüche der Kläger wegen nicht ordnungsgemäß gedämmter Trinkwasserleitungen jedenfalls verjährt seien.

Hiergegen hat sich die Berufung der Klägerseite gerichtet. Zur Begründung der Berufung hat sie geltend gemacht, die Vereinbarung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches schließe eine Anwendung des § 13 Abs. 5 VOB/B nicht aus. Dieser regelt, dass Mängelbeseitigungsansprüche – die bei Vereinbarung der VOB/B grundsätzlich nach vier Jahren verjähren – erst zwei Jahre nach einem Beseitigungsverlangen verjähren, wenn dieses innerhalb der vier Jahre erfolgt.

Entscheidung

Dr. Michael Kunzmann LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Bild: medlay, Jörg Kersten

Dr. Michael Kunzmann LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht.
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Die Berufung der Klägerseite hat das zweitinstanzlich zuständige Oberlandesgericht München zurückgewiesen. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, in den die VOB/B einbezogen ist, dass sich die Gewährleistung „nach den werkvertraglichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ richtet, dann gelten für die Verjährung – und deren Hemmung – ausschließlich die Bestimmungen des BGB. Die (nur) in der VOB/B vorgesehene Möglichkeit, die noch laufende Verjährungsfrist durch ein schriftliches Mangelbeseitigungsverlangen zu verlängern, besteht dann nicht.

Ein Besteller kann die Abnahme auch vor Fertigstellung der Leistungen erklären. Ein Weiterverkauf einer Immobilie, auf die sich die beauftragten Bauleistungen bezogen, kann im bauvertraglichen Verhältnis zum Unternehmer eine konkludente Abnahme darstellen. Mithin käme es nicht einmal auf eine Abnahme durch die Käufer des Gebäudes zur Bestimmung des Beginns der Verjährungsfrist an.

Praxishinweis

Im Baubereich ist es für die Frage der Verjährung regelmäßig möglich die Verjährung von Ansprüchen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der VOB/B zu regeln. Die Gewährleistungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch beträgt 5 Jahre ab Abnahme. Die Gewährleistungsfrist nach der VOB/B beträgt 4 Jahre ab Abnahme. Dafür verjährt ein Anspruch auf Beseitigung von Baumängeln nach der VOB/B erst in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an.

Die Frage nach dem vereinbarten „Verjährungs-Regime“ ist anhand der entsprechenden Regelung im Bauvertrag zu ermitteln. Hier muss ggf. genauer hingeschaut werden.

Neben einer formalen Abnahme kann die Verjährung auch durch eine konkludente Abnahme in Lauf gesetzt werden. Eine solche kann im bauvertraglichen Verhältnis zum Unternehmer auch in einem Weiterverkauf der Immobilie gesehen werden.

Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Mit 19 Rechtsanwälten, davon sechs Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Sozietät Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Sozietät hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Architekten und Ingenieure, ausführende Unternehmen und Bauherren in allen Fragen dieses Rechtsgebiets.

www.schluender.info

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