Mit dem BVF vor Ort in Bischofswiesen

Gesprächsrunde zur Flächentemperierung

Der BVF e.V. sucht als Bundesverband für Flächenheizungen und Flächenkühlungen aktiv und unterstützend den Kontakt zu seinen Mitgliedern. Im Frühjahr 2017 waren Vorstandsvorsitzender Ulrich Stahl und Geschäftsführer Axel Grimm beim Verbandsmitglied PYD in Bischofswiesen zu Gast. Der Tag war geprägt von einer angeregten und fundierten Diskussion sowie einem offenen Dialog.

tab: Vor welchen Herausforderungen steht die Heizungsbranche, speziell im Bereich der Flächenheizung und -kühlung, in den kommenden Jahren?

Axel Grimm: Innerhalb der Ener­gie­wende hin zu erneuerbaren Ener­gien wird die Flächentemperierung weiterhin eine große Rolle spielen. Ein Aspekt ist hierbei: Was passiert mit Passivhäusern, wo nur ein sehr geringer Wärmebedarf notwendig ist? Hier kommt nicht mehr der Wärmeeintrag, also die Beheizung, zum Tragen, sondern vielmehr der Wunsch nach Behaglichkeit. Die gleichmäßige Verteilung durch eine Flächentemperierung ist dabei als Vorteil gegenüber anderen Heizungsvarianten zu nennen. Nicht das Beheizen rückt in den Fokus, vielmehr das passive Kühlen über Flächen wie Boden, Wand und Decke.

Ulrich Stahl: Das Behaglichkeitsgefühl ist maßgebend für das Wohlbefinden der Menschen und steht ganz oben auf der Wunschliste. Die Energiebilanz eines Hauses kann also nicht nur für die kurze Aufrechnung bei einem Investor betrachtet werden – über zehn, zwölf Jahre –, sondern muss – im Sinne der Nachhaltigkeit – für Systeme, die die Behaglichkeit steigern, bedacht werden. Und hier kann die Flächentemperierung eindeutig punkten. Systeme, wie sie PYD z.B. anbietet, mit speziellen Pyramiden-Leitblechen tragen entscheidend zur Verbesserung des Wohlbefindens bei. Doch das muss man erklären, es sind „weiche Faktoren“, die nicht über den Preis transportiert werden, sondern über den Nutzen. Das gilt es zu kommunizieren und zu erklären.

Stefan Ilsanker: Im Einfamilienhausbereich stehen wir immer wieder genau vor diesem Problem: Der Installateur ist verantwortlich für den Einkauf der Produkte. Für ihn ist aber oftmals nur der Preis entscheidend. Davon müssen wir wegkommen. Es gibt leider nur wenige Verarbeiter, die sich Gedanken machen über Effizienz und Nachhaltigkeit.


Axel Grimm: Letztendlich muss man sich die Frage stellen: Was kostet mich die Heizung? Und damit sind nicht die Anschaffungskosten gemeint, sondern die Betriebskosten über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Das müssen wir als Verband auch noch genauer untersuchen, denke ich. Und über die Betriebskosten, die laufenden Kosten, weiter recherchieren und den Mitgliedern und Nutzern hier verbindliche Infos an die Hand geben.

tab: Kann der BVF mit seinen Mitgliedern die wirtschaftlichen und individuellen Besonderheiten in den Projekten abbilden?

Axel Grimm: Ja, da bin ich mir sehr sicher. Die Mitglieder des BVF bieten Lösungen an, für fast alle denkbaren Szenarien und Situationen, die es bei der Beheizung oder Kühlung von Gebäuden gibt. Das ist eine Besonderheit unseres mittelständigen Verbands, dass man geprüfte und zuverlässige Standardlösungen bei den BVF-Mitgliedern bekommen kann – genauso wie individuell zugeschnittene Produkte für das entsprechende Projekt.

Hier haben wir viel Kompetenz unter den Mitgliedern im Verband. Ein Blick in die Zukunft legt nahe, dass die Flächentemperierung die Grundlasten in den Gebäuden abdeckt und vermehrt den Lastfall Kühlen abdecken muss. Ein Umstand, der sich ohne jeden Zweifel positiv auf die Energiebilanz auswirkt.


Manfred Rieger: Damit treffen wir als Firma genau ins Schwarze. Denn wir haben keine Standardprojekte. Wir arbeiten in Projekten zum Großteil ab einer Objektgröße von über 500 m2. Und hier müssen wir ständig individuell planen, entwickelnd und bauen auch selbst ein. 

tab: Ist das eine besondere Qualität der BVF-Mitglieder: die individuelle Entwicklung und Planung für aufwendige und auch große Projekte?

Axel Grimm: Absolut. Wir haben sehr aktive Mitglieder, so wie PYD hier in Bischofswiesen, die sich damit eine besondere Kompetenz erarbeiten. Es sind immer wieder Mitgliedsunternehmen wie dieses, die im Verband herausragende Qualitäten zeigen.

Manfred Rieger: Ich bin mir sicher, dass sich das die großen Unternehmen der Branche besser leisten könnten – allein von den Kapazitäten, die wir als kleines Unternehmen in solche Leistungen stecken. Es ist stets eine Herausforderung, so zu arbeiten. Aber es ist wichtig für uns und ein Mehrwert für unsere Kunden und Auftraggeber. Deswegen kommt man zu uns.

Ulrich Stahl: Aber der Mehrwert ist jedoch grade für die kleineren und mittelständigen Unternehmen in der Branche und im Verband sehr groß. Das darf man nicht vergessen.

tab: Es setzt sich immer mehr durch, dass mit Dämmung allein die Einsparziele nicht erreicht werden können. Die Sekundärenergie – also die Einsparung durch energiesparende und effiziente TGA-Systeme (Heizungen, Ventilatoren, Stellmotoren, Pumpen etc.) – rückt verstärkt in den Fokus der Energie- und Effizienzdiskussion. Wo sehen Sie hier die Flächentemperierung und ihren Beitrag?

Axel Grimm: Der Bund gibt zuallererst einmal klar vor: „Efficiency first“. Also die Energie, die nicht verloren geht, braucht man schlicht nicht zu ersetzen. Das heißt also, dass ein hoher Dämmstandard durchaus Sinn hat. Im Neubaubereich ist das Maximum an sinnvollem Dämmen bereits erreicht. Im Bestand ist die Situation komplett anders. Er ist oft schlecht gedämmt, hier bieten sich große Potentiale zur Energieeinsparung. Doch unabhängig von der Energiediskussion müssen sich die Menschen in den Gebäuden wohlfühlen. Da aktuell niemand weiß, wie und woher wir in 20, 30 Jahren unsere Energie beziehen, kommt der Flächentemperierung eine große Bedeutung zu. Die Anlagen können mit allen gängigen Wärmeerzeugern arbeiten und werden dies auch zukünftig mit neuen Systemen leisten. Damit sind wir zukunftsoffen. Das ist eine große Chance für die Flächentemperierung.

Manfred Rieger: Wir erleben es schon seit Jahren im Kleinen. Unsere Systeme führen bereits die Grundlast ab, ergänzende Anlagen sind dann nur für Spitzenlasten notwendig. Hinzu kommt, dass bei den dichten Gebäuden heutzutage die Lüftung sehr wichtig geworden ist. Hier kann kleiner dimensioniert werden, wenn z.B. eine passive Grundkühlung in Boden oder Wand integriert ist. Die Rede ist ja nicht mehr vom Heizen, sondern vom Temperieren. Also dem Anpassen auf ein behagliches und angenehmes Raumklima.

Ulrich Stahl: Ein wichtiger Aspekt ist und bleibt die Behaglichkeit. Bei größeren Objekten gibt es z.B. die Himmelsrichtungsfaktoren. So kann es sein, dass bei gleichen Außenlufttemperaturen parallel auf der einen Gebäudeseite geheizt, auf der anderen Seite gekühlt werden muss. Das muss eine Systemtechnik wie die Flächentemperierung mit einer „intelligenten“ Regelung leisten können. Doch darüber hinaus ist eine Regelung quasi nicht mehr notwendig, wenn das Raumklima ausdifferenziert ist.

Manfred Rieger: Das sehe ich ein wenig anders. Die Regelung wird weiterhin wichtig bleiben oder sogar noch wichtiger werden. Die hochgedämmten Gebäude haben keine konventionelle Speichermasse mehr, wie beispielsweise ein Ziegelbau. Dieser konnte die Wärme speichern oder nach außen abgeben. Sicher war die Heizlast früher größer, aber solche Bauten haben am Behaglichkeitsgefühl in den Räumen sozusagen „aktiv mitgearbeitet“. Nun sind Außendämmungen aufgebracht, die so dicht sind, dass nichts mehr puffert oder abgibt im und am Baukörper. Gerade dann ist die Regelung wichtig, die kontinuierlich das Raumklima einregelt.

Stefan Ilsanker: Die Regelungstechnik ist aber nur dann sinnvoll, wenn ich auch die Heizspiralen so verlege, dass ich eine kurze Latenzzeit habe. Also die Regelung den Raum schnell heizt oder kühlt. Regelungstechnik ist also sys­tem­abhän­gig. Die Leistungsfähigkeit und Flexibilität des eingebauten Produkts ist damit entscheidend.

tab: Wo sieht der BVF das besondere Potential der Flächenkühlung? Und wie wichtig sind spezielle Systeme zur Flächekühlung?

Axel Grimm: Das Potential ist noch immer sehr groß, weil die Flächenkühlung bei den Planern und den Endkunden noch immer nicht in Gänze bekannt ist. Die Wirtschaftlichkeit, die überschaubaren Betriebskosten und die damit verbundene Nachhaltigkeit sind wesentlich und müssen weiterhin herausgestellt werden. Sicher: die Aufwände bei der detaillierten Planung und Dimensionierung sind im Vorfeld etwas größer, doch der Nutzen für den Bauherrn und Investor ist, wie schon gesagt, immens. wir müssen als Verband noch einiges an Kommunikationsarbeit leisten, in den kommenden Jahren, bis dieses Thema in allen Köpfen präsent ist.

tab: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview für die tab führte Tim Westphal.

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