Die aktuelle Entscheidung

Neues zu Abgeltungsvereinbarungen

Immer wieder stehen sich Auftraggeber und Auftragnehmer nach Abschluss eines Bauvorhabens gegenüber. Der Auftraggeber behauptet Mängel am Bauvorhaben und fordert deren Beseitigung. Der Auftragnehmer fordert vom Auftraggeber einbehaltenen Werklohn. So oder so ähnlich gestaltet sich eine Vielzahl der Rechtstreitigkeiten am Bau. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits vor einem Gericht und zur endgültigen Erledigung der Sache können Auftraggeber und Auftragnehmer eine Abgeltungsvereinbarung schließen.

Zum Fall

Mit der in der Einleitung genannten Situation hat sich das Oberlandesgericht Jena in seinem Urteil vom 24. Juli 2014 (Az.: 7 U 142/13) und anschließend der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 13. August 2015 (Az.: VII ZR 215/13) beschäftigt.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war eine Abgeltungsvereinbarung in der Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart hatten, dass „die Mängelbeseitigung an den Objekten nunmehr eigenständig vom Auftraggeber durchgeführt und der Auftragnehmer im Gegenzug keinerlei finanzielle Forderung gegenüber dem Auftraggeber mehr hat“.

Der Auftragnehmer hatte Subunternehmer mit der Durchführung von Bauarbeiten beauftragt.

Im Rahmen der Abgeltungsvereinbarung hat der Auftragnehmer seine Gewährleistungsansprüche gegen die Subunternehmer an den Auftraggeber abgetreten. Gleichzeitig hat er sich verpflichtet, dem Auftraggeber erforderliche Auskünfte und Unterlagen zur Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche zu erteilen. Auf seinen noch offenen Werklohn hat der Auftragnehmer verzichtet.

Nachdem es dem Auftraggeber nicht gelungen war, die an ihn abgetretenen Ansprüche gegen die Subunternehmer durchzusetzen, hat er den Auftragnehmer auf Mängelbeseitigung und hilfsweise auf Zahlung von Vorschuss oder Schadenersatz verklagt.

 

Zur Entscheidung

Bereits das Landgericht Erfurt hat die Klage des Auftraggebers mit Urteil vom 18.01.2013 abgewiesen. Das Oberlandesgericht Jena hat die Berufung des Auftraggebers zurückgewiesen und der Bundesgerichtshof der Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers nicht stattgegeben.

Nach Abschluss der dargestellten Abgeltungsvereinbarung kann der Auftraggeber vom Auftragnehmer keine Mängelbeseitigung mehr verlangen. Folglich kann er auch keine Zahlung von Vorschuss oder Schadenersatz verlangen. Mit der Vereinbarung, die Mängelbeseitigung an den Objekten eigenständig durchzuführen, hat der Auftraggeber auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Auftragnehmer verzichtet. Dem Einwand des Auftraggebers, dass er Ansprüche gegen die Subunternehmer mangels ausreichender Auskünfte oder Unterlagen des Auftragnehmers nicht durchsetzen konnte, sind die Gerichte nicht gefolgt.

 

Praxishinweis

Nach alledem ist festzuhalten, dass es einem Auftragnehmer durch Abschluss einer Abgeltungsvereinbarung mit dem Auftraggeber möglich ist, einen abschließenden Verzicht des Auftraggebers auf Gewährleistungsansprüche zu vereinbaren. Durch die gleichzeitige Abtretung von Gewährleistungsansprüchen des Auftragnehmers gegen die Subunternehmer an den Auftraggeber trägt der Auftraggeber das Risiko der Durchsetzung solcher Ansprüche. Wenn es dem Auftraggeber nicht gelingt, Ansprüche gegen die Subunternehmer durchzusetzen, muss er im Rahmen eines möglichen Folgeprozesses gegen den Auftragnehmer beweisen, dass ihm dies nicht gelungen ist, weil der Auftragnehmer der vereinbarten Verpflichtung zur Mithilfe durch die zur Verfügungstellung von Auskünften und Unterlagen nicht nachgekommen ist.

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Kanzlei Schlünder Rechtsanwälte

Mit 16 Rechtsanwälten, davon vier Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Kanzlei Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Kanzlei hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Unternehmen, Bauherren und Handwerksbetriebe in allen Fragen dieses Rechtsgebiets.

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