Aufzüge als Schlüssel zu Barrierefreiheit und Energieeffizienz
Aufzugstechnik als Bestandteil ganzheitlicher GebäudekonzepteFür Bewohner mehrgeschossiger Wohngebäude können defekte Aufzüge schnell zum echten Mobilitätshindernis werden. Ältere oder beeinträchtigte Menschen sind besonders auf Fahrstühle angewiesen. Umso ärgerlicher ist es, dass selbst ein stillstehender Aufzug Energiekosten verursacht, zumal ältere Modelle einen hohen Stand-by-Verbrauch haben. Moderne, vernetzte Aufzüge sichern Mobilität, senken den Energieverbrauch und bieten TGA-Ingenieuren und Planungsbüros zeitgemäße Lösungen für Bestands- und Neubauten.
Der demographische Wandel verändert die Gesellschaft bereits jetzt tiefgreifend und stellt Städte, Bauherren, Eigentümer bzw. Betreiber sowie Planer von Gebäuden vor Herausforderungen. In Deutschland zeigt die Statistik: Die Zahl der 65- bis 84-Jährigen steigt von aktuell ca. 16,7 Mio. auf rund 20 Mio. im Jahr 2037. Parallel dazu wächst die Gruppe der Hochbetagten über 85. Von 2,3 Mio. im Jahr 2018 ist sie 2025 bereits auf ca. 3,3 Mio. Menschen angewachsen. Wohnkonzepte müssen folglich sowohl den Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung als auch der Dekarbonisierung der Gebäudewirtschaft Rechnung tragen. Die Modernisierung veralteter Aufzüge kann ein wichtiger Hebel sein, um beides zu erreichen.
In Deutschland sind rund 840.000 Aufzüge und Fahrtreppen (Rolltreppen) in Betrieb – viele davon seit mehreren Jahrzehnten. Bei ihrem Einbau spielte ihr Energieverbrauch in der Kalkulation eine untergeordnete Rolle. Heute rückt nicht nur das Thema Energieeffizienz verstärkt in den Fokus – eine alternde Gesellschaft braucht Gebäude, die allen Menschen barrierefreie Mobilität ermöglichen. Die Modernisierung von Aufzugsanlagen wird so zum Schlüsselthema für zukunftsfähige, altersgerechte Wohnlösungen.
Moderne Gebäudetechnik und Aufzugssysteme tragen dazu bei, Energieeffizienz und Barrierefreiheit in Wohnanlagen nachhaltig zu verbessern.
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Altanlagen clever modernisieren
Die in die Jahre gekommenen Anlagen belasten nicht nur die Energiebilanz der Gebäude, in denen sie verbaut sind, sondern werden im schlimmsten Fall zum Sicherheitsrisiko: Laut Anlagensicherheitsreport 2024 des TÜV-Verbandes weist weniger als die Hälfte der Aufzüge keine Mängel auf. Mit dem Austausch einzelner Komponenten ist es also häufig nicht getan. Stattdessen müssen die Anlagen umfassend an Sicherheitsstandards, Nutzererwartungen und ästhetische Anforderungen angepasst werden.
In der DACH-Region sind etwa 1,2 Mio. Aufzüge installiert, von denen rund die Hälfte älter als 20 Jahre ist. In ganz Europa könnten über 3 Mio. Aufzüge modernisiert werden. Darin liegt ein enormes Potenzial, die Effizienz für Betreiber und die gesamte Branche zu steigern. Standardisierte, skalierbare Modernisierungspakete erleichtern die Umsetzung und ermöglichen individuelle Anpassungen an Auflagen und Kundenwünsche. Die Planung erfolgt in Abstimmung mit Kunden, Architekten und Ingenieuren, wobei digitale Tools und KI die Effizienz erhöhen und Ausfallzeiten minimieren können. Zu den Standardanforderungen für Barrierefreiheit gehören Sprachsteuerung, kontrastreiche Bedientafeln, Rollstuhlgerechtigkeit und taktile Beschriftungen.
Regulatorischer Rahmen und Fördermöglichkeiten
Die Modernisierung und Nachrüstung von Aufzugsanlagen unterliegt in Deutschland verschiedenen Vorgaben: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) regelt energetische Standards, das Behindertengleichstellungsgesetz Barrierefreiheit. DIN-Normen (z. B. EN 81-20/50) definieren Sicherheitsanforderungen, während kommunale Bauordnungen zusätzliche, lokal abweichende Anforderungen enthalten können.
Im Zuge der Modernisierung müssen Aufzugsanlagen in energetische Gebäudeplanungen integriert und gemäß GEG- und DIN-Vorgaben bewertet werden.
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Der Gesetzgeber setzt finanzielle Anreize für Modernisierungsvorhaben. Diese sind eng mit gesetzlichen Anforderungen verknüpft. Die KfW bietet zinsgünstige Kredite für altersgerechtes Umbauen, die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) unterstützt energieeffiziente Sanierungen. Durch eine solide Kenntnis dieser Möglichkeiten können Planer Bauherren bei der wirtschaftlichen Kalkulation und der komplexen Antragstellung, die technische Nachweise voraussetzt, aktiv unterstützen und Investitionsentscheidungen positiv beeinflussen. Konkret lassen sich bei Aufzügen z. B. regenerative Antriebe, modulare Kabinen und intelligente Steuerungen über Förderprogramme teilweise refinanzieren.
Nachrüstungen im gesetzlichen Kontext
Gemäß § 71a des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sind Eigentümer verpflichtet, den Energieverbrauch ihrer Gebäude zu überwachen, zu protokollieren und zu analysieren. Das schließt auch den Stromverbrauch von Aufzugsanlagen ein: Der Stand-by-Verbrauch von Aufzügen, der bis zu 58 % des Gesamtverbrauchs ausmachen kann, ist dabei ein wichtiger Aspekt, der durch moderne Steuerungssysteme optimiert werden kann.
Das GEG sieht entsprechende Nachrüstpflichten vor, wenn erhebliche Defizite in der Energieeffizienz festgestellt werden. Diese Pflichten betreffen auch bestehende Aufzugsanlagen in Bestandsgebäuden, die nicht den aktuellen energetischen Standards entsprechen. Die Nachrüstung von Gebäuden ganz ohne Aufzugsanlagen dagegen erlaubt zwar die Berücksichtigung dieser Standards schon beim Bau, dafür stellt sie Planer vor bauliche Herausforderungen: Statik, Architektur und ggf. Denkmalschutzauflagen wollen berücksichtigt werden. In diesen Fällen sind kompakte Maschinenräume, Einphasenstromaufzüge, modulare Kabinen und flexible Steuerungssysteme gefragt.
Aufzugsanlagen innerhalb der Gebäudeautomation
Die Integration von Aufzugssystemen in intelligente Gebäudeautomationssysteme und ihre Anbindung an die Steuerung spielt eine wesentliche Rolle für Energieeffizienz und Compliance. Vernetzte Systeme ermöglichen eine genaue Erfassung des Energieverbrauchs pro Fahrtenprofil und Integration in Gebäudeenergiepläne. Moderne Aufzugssysteme verbrauchen im Vergleich zu älteren Anlagen bis zu 80 % weniger Energie: Regenerative Antriebe, LED-Beleuchtung und intelligente Steuerungen senken den Stromverbrauch deutlich.
Echtzeitdaten zu Nutzung, Energieverbrauch und Wartungsbedarf ermöglichen eine Optimierung der Gebäudeautomation, der Energieflüsse und der Spitzenlasten. Dadurch werden Effizienz, Betriebssicherheit sowie die Dekarbonisierung des Gebäudebestands gemäß den Vorgaben des GEG unterstützt. Damit die Vernetzung reibungslos funktioniert, müssen Ingenieure Schnittstellen und Datenintegration bei jedem Projekt mitdenken.
Schnittstellen, Interoperabilität und Praxisbeispiele
Für die Integration in bestehende Smart-Building-Managementsysteme sind Schnittstellen wie BACnet, KNX oder Modbus erforderlich. Nur so lässt sich die Interoperabilität mit HLK-, Beleuchtungs- und Sicherheitsanlagen sicherstellen und das volle Potenzial für Effizienz und Barrierefreiheit ausschöpfen. Vernetzte Systeme eröffnen darüber hinaus die Möglichkeit, Aufzugsanlagen nicht nur in intelligente Gebäude, sondern auch in Smart-City-Konzepte einzubinden. Sie erfassen Bewegungsströme, liefern Echtzeitdaten und ermöglichen dynamisches Lastmanagement über Standorte hinweg. Ingenieure können diese Daten nutzen, um Verkehrsflüsse, Notfallmanagement und die Integration smarter Infrastrukturen für inklusive Städte zu konzipieren – wie ein Leuchtturmprojekt in Vietnam zeigt.
Auch in Deutschland wurden mit modernen, vernetzten Aufzugsystemen zahlreiche Bestandsgebäude optimiert, darunter das Frankfurt Prisma Building und das Hannibal II Wohnquartier in Dortmund. Modulare Systeme, regenerative Antriebe und die Einbindung digitaler Steuerungen ermöglichen eine dynamische Laststeuerung, reduzieren Standzeiten und optimieren Energieflüsse. Weitere Praxisbeispiele aus Berlin und München zeigen zudem: Schrittweise, gut geplante Modernisierungsinitiativen verbessern die Mobilität älterer Bewohner, erhöhen die Sicherheit und steigern nachhaltig die Energieeffizienz.
Fazit
Moderne, vernetzte Aufzüge sind weit mehr als Transportmittel. Sie verbinden Barrierefreiheit, Energieeffizienz und Smart-Building-Funktionalitäten. Ihre Integration in Bestandsgebäude und städtische Infrastrukturen ist technisch realisierbar und zugleich entscheidend für zukunftsfähige, nachhaltige und inklusive Städte. Für die TGA-Branche bietet das Chancen: Wer frühzeitig auf intelligente Modernisierung setzt, steigert nicht nur Sicherheit und Komfort, sondern positioniert sich auch als Wegbereiter einer altersgerechten und nachhaltigen Baupraxis. Ingenieure sowie Planungsbüros sollten Förderprogramme kennen und nutzen und ihren Kunden helfen, den Aufzug wirtschaftlich in ihre Sanierungs- oder Neubauplanung zu integrieren.
