Die Abschaltung des 2G-Netzes: Herausforderung und Chance für Aufzugsbetreiber
12.08.2025Im Sommer 2028 schickt die Deutsche Telekom das 2G/GSM-Netz endgültig in den Ruhestand. Was für Mobilfunknutzer ein Zeichen des Fortschritts bedeutet, ist für Betreiber von Aufzugsanlagen ein dringender Weckruf zur Modernisierung. Denn zahlreiche Notrufsysteme in Aufzügen sind noch immer auf die über drei Jahrzehnte alte 2G-Technologie angewiesen.
Mit der Abschaltung des 2G/GSM-Netzes wird eine Aufrüstung von Aufzügen auf gängige Verbindungsstandards erforderlich, damit der Notruf weiterhin funktioniert.
Bild: Clipdealer
Mit der Abschaltung des Netzes wird eine Aufrüstung auf gängige Verbindungsstandards erforderlich, damit der Notruf weiterhin funktioniert. Ein rund um die Uhr funktionierendes Notrufsystem zählt zu den sogenannten Betreiberpflichten und ist Voraussetzung dafür, dass der Aufzug überhaupt benutzt werden darf. Die 2G-Abschaltung ist damit eine Herausforderung, aber vor allem eine Chance, die Anlage ins digitale Zeitalter zu überführen und sich damit sinnvolle Innovationen zunutze zu machen.
Remote-Monitoring in Echtzeit
Dies betrifft u. a. die Möglichkeiten mit dem sogenannten Remote Monitoring. Schon wenn die dafür eingesetzten Sensoren Auffälligkeiten im Betrieb feststellen, kann ein Techniker gezielt die richtigen Maßnahmen einleiten, ohne dass es zum Stillstand kommt. Diese Lösung steigert die Verfügbarkeit von Aufzügen, darüber hinaus automatisiert sie viele Wartungs- und Instandsetzungsprozesse. Die Mehrheit der Neuanlagen ist bereits mit umfangreichen digitalen Möglichkeiten ausgestattet, die die Betreiber über ihre Wartungsfirma nutzen können. Bestandsanlagen lassen sich im Zuge der 2G-Umstellung digital aufrüsten.
Mit dem Remote Monitoring ist der Experte jederzeit vor Ort. Die digitale Aufzugssteuerung überträgt die Anzahl der Türöffnungen pro Etage, Statusmeldungen, Warnungen, Störungen, Verschleißdaten, Service-Bedarf und andere Informationen direkt an eine technische Leitwarte, bei großen Wartungsfirmen z. B. Technical Operation Center genannt, die entsprechend darauf reagiert und direkt Maßnahmen einleiten – oder mit der digitalen Fernentstörung sogar selbst umsetzen kann.
Fehlerbehebung per Digitaler Fernentstörung
Dieses Verfahren führt in vielen Fällen bereits zur Fehlerbehebung, ohne dass sich ein Techniker auf den Weg machen muss. Erweist sich der Einsatz eines Technikers als erforderlich, beanspruchen die Reparaturen weniger Zeit, da er auf dem Weg zum Einsatzort detaillierte Informationen über die Ursache erhält. Zudem sucht er die Fehlerquelle vor Ort zielgerichtet und kann die Anlage schneller instandsetzen.
Die permanente Überwachung des Aufzugs erlaubt es außerdem, den individuellen Verschleiß der Anlage zu messen. Entsprechend können Inspektionsbesuche daraufhin angepasst werden. Der Techniker kann sich vorbereiten und die benötigten Ersatzteile rechtzeitig beschaffen. Anschließend bewertet er die Vorschläge des Systems. Mit diesem wichtigen Feedback aus tausenden Einsätzen erhöht sich die Intelligenz des Systems Tag für Tag.
Cyber-GBU für maximale Sicherheit
Ein gelegentlich geäußerter Einwand bei der Digitalisierung von Aufzügen ist das Thema Cybersicherheit. Um Risiken in diesem Bereich auf ein Minimum zu reduzieren, bieten Hersteller eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) inklusive der Überprüfung der Cybersicherheit (Cyber-GBU) der Anlagen an. Diese Dienstleistung enthält eine umfassende Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf mögliche Risiken durch Cyberbedrohungen. Die Experten erstellen zusätzlich, wenn nötig, einen Maßnahmenplan, der auf den optimalen Schutz der Anlage abzielt. Mit diesen beiden Bestandteilen – Gefährdungsanalyse und Maßnahmenplan – sind die gesetzlichen Anforderungen zur Cybersicherheit erfüllt. Anlagen, die jetzt im Zuge der 2G-Umstellung digital nachgerüstet werden, sind bereits bestmöglich gegen Cyber-Gefahren geschützt. Im Zuge der Umrüstung kann auch die Erstellung einer Cyber-GBU mit durchgeführt werden.
Auch nicht-digitale Aufzüge zur Cyber-GBU verpflichtet
Wichtig zu wissen: Der Gesetzgeber verpflichtet mit der technische Regel TRBS 1115-1 alle Betreiber einer Aufzugsanlage zur Erstellung einer Cyber-GBU – das betrifft auch alle nicht digitalisierten Aufzugsanlagen. Liegt diese nicht vor und kommt es zu einem Unfall, haftet der Betreiber – zivilrechtlich und bei Pflichtverletzung (z. B. durch Unterlassen) auch strafrechtlich – in vollem Umfang. Fehlt der Aufzugsanlage eine Cyber-GBU, bewerten die zugelassenen Überwachungsstellen dies als Mangel im Prüfprotokoll.
Digitale Personenbefreiung
Eine weitere wichtige Funktion, die eine Digitalisierung der Aufzugsanlage erschließt, ist die digitale Personenbefreiung. Eingeschlossene Personen in einem defekten Aufzug – das ist auch aus Sicht des Betreibers kein wünschenswertes Szenario. Mittels digitaler Steuerung können solche Situationen deutlich entschärft werden: Hier wird die Fehlermeldung unverzüglich an die Wartungsfirma übertragen, die die Ursache in vielen Fällen über eine 4G-Internetverbindung beheben kann.
Anstatt im Schnitt 30 Minuten oder mehr auf die Befreiung warten zu müssen, werden eingeschlossene Personen in vielen Fällen bereits innerhalb von nur fünf Minuten befreit. Zudem ist der Aufzug danach oft sofort wieder betriebsbereit. Das soll Ausfallzeiten reduzieren, die Sicherheit sowie den Nutzungskomfort erheblich erhöhen.