Vom Menschen her gedacht

Wie HCBA zu Energieeinsparungen beitragen kann

Das Konzept „Human Centered Building Automation“ (HCBA) stellt den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Das Gebäude wird nach dieser Lesart nur mit so viel technischer Ausstattung versehen, wie zum energiearmen Betrieb des Baus und für den Komfort der Nutzer notwendig ist.

Kein Bereich des täglichen Lebens kommt mehr ohne die Frage nach dem Energieeinsatz aus. Ob Mobilität, technische Infrastruktur oder der Gebäudesektor, jede Branche muss sich die Frage stellen, wie sie ihren Energieverbrauch möglichst niedrig halten kann. Doch vielen guten Ideen stehen oftmals die Bequemlichkeit des Menschen und seine Angst vor Komfortverlust im Weg. Dabei braucht es keine Gebäude, die vom Keller bis zum Dach gleichmäßig temperiert oder ausgeleuchtet sind. Komfort benötigt der Mensch lediglich in seinem direkten Umfeld, er wandert bestenfalls wie ein schützender Kokon aus Wärme, Licht und Luft mit ihm von Raum zu Raum.

Mess- und Sensortechnik

Die Theben AG entwickelte seit 2022 mit HCBA eine Strategie, um dieser Aufgabe zu begegnen. Der Schlüssel ist eine effiziente Gebäudemess- und Sensortechnik, die bedarfsgerecht ermittelt, wieviel Energie tatsächlich benötigt wird und den Nutzern eines Gebäudes bereitgestellt werden muss. Unter der Leitlinie „energy saving comfort“ lässt sich Energie sparen auf die smarte Art, ohne Einschränkungen oder Verzicht. Eine qualitativ hochwertige Gebäudehülle ergänzt den Gedanken der Energieeinsparung.

Mensch im Mittelpunkt 

Legt man die Anforderungen der Nutzer den Planungen zugrunde, so lassen sich viele Möglichkeiten der Energieeinsparung ohne Komfortverlust generieren. Großes Potential findet sich in der Beleuchtung, die häufig zu hell und zu großflächig mit zu langen Nachlaufzeiten eingestellt ist. Radikale Veränderungen des Lichtszenarios kosten viel Energie und werden gleichzeitig vom Menschen als unangenehm empfunden. Ist die Gebäudeautomation „Human Centered“ geplant, kann im Beleuchtungssegment dimmbares und sensorgesteuertes Licht zum Gamechanger werden. Sind z. B. nur noch wenige Personen im Büro, sind nur ihre Arbeitsbereiche ausreichend hell erleuchtet, die umgebenden Bereiche werden über gedimmtes Licht nur genauso viel erhellt, dass das Raumgefühl der Nutzer positiv bleibt. Auch die Nachlaufzeiten haben einen zweiten Blick verdient: Meist sind sie viel zu lang eingestellt und können deutlich verkürzt oder langsam stufenweise dunkler werden, um abrupte Szenenwechsel zu vermeiden, was auf das Komfortgefühl einzahlt. Das HCBA-Konzept trägt so nicht nur dazu bei, die Atmosphäre eines Gebäudes für den Menschen angenehmer zu machen, sondern auch unnötige Energieverschwendung zu vermeiden.  

Beispiel Spital Biel

Ein besonders deutliches Beispiel bietet eine Fallstudie, die einen Korridor im Spital Biel in der Schweiz in den Fokus nahm. Dort brachte das neue Beleuchtungskonzept eine enorme Energieeinsparung: Der zentrale 352 m2 große Korridor ohne Tageslicht im Untergeschoss zählt zu den sensiblen Hauptnutzungszonen des Spitals. Von hier aus werden die OP-Räume erschlossen und die Bereitstellung von Patientenbetten organisiert. Diese Verkehrsfläche in Biel wurde von der konventionellen Beleuchtung mit Kompaktleuchtstofflampen im Dauerbetrieb auf LED-Panels mit Sensorik und sehr kurzen Nachlaufzeiten umgerüstet.

Gegenüber der alten Beleuchtung wurden 82 % Energie eingespart, inklusive des Eigenverbrauchs der Präsenzmelder, bei einer Erhöhung der Beleuchtungsstärke von 40 Lux auf über 200 Lux. Von der Einsparung gehen 54 % auf das Konto der Lichtregelung. 46 % sind der Steigerung der Leuchteneffizienz zuzuschreiben. Während die alte Beleuchtung deutlich über dem Grenzwert der SIA 387/4 lag, der Schweizer Norm zum effizienten Einsatz von Elektrizität für Beleuchtung in Gebäuden, unterschreitet die neue Beleuchtung den Zielwert für Spitalkorridore. Dieses Beispiel zeigt, dass in keinem anderen Bereich soviel und so einfach Strom gespart werden kann wie bei der Beleuchtung. Dank effizienter LED-Leuchtmittel, wirkungsvoller Sensoren und optimaler Tageslichtversorgung lässt sich der Stromverbrauch für Beleuchtung relevant reduzieren – häufig mit einem Gewinn an Qualität und Komfort.

Planungsabläufe anpassen

Der HCBA-Ansatz greift auch in den Ablauf der Planung ein. Standardisierte TGA-Pakete müssen kritisch auf den Prüfstand – was braucht man wirklich, was ist nicht oder nur in Teilen notwendig. Und gibt es vielleicht auch neue technische Möglichkeiten, bzw. verbesserte Bauprodukte, um z. B. den Energieverbrauch oder die Kühllast zu senken?

Auch die Planungsbedingungen ändern sich, da zuständige Fachplaner bereits in einer frühen Projektphase eingebunden sein müssen. Insbesondere die sorgfältige Anordnung von Sensoren wie Präsenzmelder erfordern eine gute Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten. Andernfalls können weitere störende Einbauten oder ungeeignete Oberflächen die korrekte Detektion verhindern, sodass das gesamte Konzept scheitert. Außerdem gilt es, aktuelle Erkenntnisse zur Nutzung der Räume sowie zum Verhalten und Empfinden des Menschen in die Planung mit einzubeziehen. Ebenso sollte zur Diskussion stehen, ob eine langfristige Nutzungsänderung möglich ist. Dementsprechend kann bereits von Anfang an die Lage und Menge der Melder auf möglichst viele Szenarien ausgelegt sein.

Da sich der Bereich „Planung“ durch die Nutzung von BIM ohnehin in den nächsten Jahren stark verändern und verschiedene Gewerke früher ins Boot holen wird, ist es ein günstiger Zeitpunkt, um auch das Konzept der Human Centered Building Automation mit zu berücksichtigen.

Technik in der Diskussion

Bereits zu Planungsbeginn gilt es zu definieren, wie umfangreich die Haustechnik ausgestaltet sein soll. Wirft man z. B. einen Blick auf das radikale Konzept „2226“ des österreichischen Architekturbüros Baumschlager Eberle, so findet man sich vor der Minimalversion wieder. Energieintensive Gebäudetechnik zu reduzieren funktioniert in diesem Fall mit einem Umdenken in der Architektur von Gebäuden. Doch selbst wenn dieser radikale Ansatz nicht vollständig verfolgt wird, Heiz- und Klimasysteme zugunsten einer besonders hochwertigen Gebäudehülle wegzulassen, stellt sich die Frage, wer vorgibt, welche Haustechnik eingebaut wird. Häufig wird an diesem Punkt Beratungsbedarf auf Grundlage von HCBA bestehen, sodass das Konzept bei der Entscheidungsfindung unterstützen kann. Was in der Planung von Gebäuden momentan häufig noch nicht mitbedacht wird, ist das wohl drängendste Thema der nächsten Jahre: Smart Metering wird der Bereich sein, der entscheidend zur europäischen Energieversorgungssicherheit beitragen wird. Durch die Nutzung von Solarstrom und Windkraft rückt die dezentrale Erzeugung von Energie immer weiter in den Fokus. Doch das bedeutet auch, dass die Netze besser und präziser überwacht und kleinteiliger gesteuert werden müssen als bisher. Es gilt also künftig auch diesen Bereich noch zu beachten. So können die beiden Bereiche Gebäudeautomation und Netzstabilität miteinander verzahnt werden.

Wissen managen

Eine weitere Stellschraube zum Gelingen von HCBA ist der Übergang in die Betriebsphase und die langfristige Nutzung des Gebäudes. Melder und Sensoren müssen ordnungsgemäß in Betrieb genommen werden, sodass sie einwandfrei und nach Plan funktionieren.

Falsch oder nach Werkseinstellung detektierende Melder können kein optimales Ergebnis liefern. Dem Wissensmanagement kommt dann eine weitere entscheidende Aufgabe zu, denn so wie sich Nutzungen ändern können, sollte sich bis zu einem gewissen Grad auch Haustechnik anpassen lassen. Dies bedeutet aber, dass auch nach Jahren noch Fachpersonal in der Lage sein muss, in die Systeme einzugreifen und sie neu zu tarieren – in der Praxis ist dies viel zu oft nicht der Fall. BIM kann an diesem Punkt einen entscheidenden Beitrag leisten, wenn das Modell über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes als digitaler Zwilling aktuell gehalten wird und so jederzeit einen tiefen Einblick in die technische Ausstattung ermöglicht. Darüber hinaus muss u. a. die KNX-Konfiguration auch nach Jahren noch zugänglich und anpassbar sein.

Fazit und Ausblick 

Im Feld der „Human Centered Building Automation“ bleibt in den nächsten Jahren viel zu tun. Die Angelegenheit ist dringlich, denn der Mensch ist beim Thema Energiesparen zwar die größte Stellschraube, aber oft zu bequem oder nicht ausreichend informiert. Das HCBA-Konzept hilft, Verantwortung für das Energiemanagement zu übernehmen. Zusammen mit neuen Architekturkonzepten kann energieintensive Gebäudetechnik so auf ein Minimum reduziert werden. Ein gutes Zusammenspiel von Planungs- und Ausführungsteams ist unerlässlich. Aktuelle Erkenntnisse zu Nutzverhalten und Komfortempfinden sind unbedingt in der Planung zu berücksichtigen.

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