Ingenieurwissenschaften interessanter

Mehr Studienanfänger, aber konstant hohe Abbrecherquote

Die ausreichende Versorgung mit hochqualifizierten Fachkräften ist für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit eines Landes ein Schlüsselfaktor. Qualifikationen – insbesondere auf akademischem bzw. wissenschaftlichem Niveau, aber auch solche,
die in der beruflichen Bildung erworben werden – sind die Grundlage für die künftige technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands. Hierbei stehen die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) besonders im Fokus, für die in den letzten Jahren wieder eine steigende Studiennachfrage zu verzeichnen ist.

Immer noch werden in den MINT-Fächern wesentliche Fachkräfte­potentiale aufgrund einer unterdurchschnittlichen Beteiligung von Frauen nicht ausgeschöpft. In der Wahl des Ausbildungsberufs ebenso wie in der Studienfachwahl in den MINT-Fächern zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unter­schiede. So entscheidet sich mehr als jeder zweite männliche Studienanfänger für ein MINT-Fach; unter den Studienanfängerinnen wächst zwar das Interesse, dennoch beginnt nicht einmal jede Vierte ein MINT-Studium. Insgesamt erhöhte sich der Anteil der Studienanfänger in den MINT-Fächern zwischen 2010 und 2011 und liegt nun bei 40 %. Besonders dynamisch war die Entwicklung in den Ingenieurwissenschaften (konkrete Zahlen für die Versorgungstechnik und andere TGA-nahe Studiengänge sind nicht verfügbar) als 2011 zweitgrößte Fächergruppe (22,5 %) hinter den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Insgesamt nahmen 2011 über 116 000 Studienanfänger ein ingenieurwissenschaftliches Studium auf; 2007 waren es noch weniger als 70 000. In den letzten zehn Jahren hat sich das Studierverhalten damit deutlich zugunsten des MINT-Bereichs entwickelt.

Dennoch sind vor allem die weit über dem Durchschnitt liegenden Studienabbruchquoten in den MINT-Fächern kritisch zu betrachten. In den Studienbereichen Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauingenieurwesen beendet an Universitäten mehr als jede(r) Zweite das Bachelor­stu­dium ohne Abschluss. In Mathematik und Informatik erreicht der Studienabbruch eine ähnliche Größenordnung. Bei universitären Bachelor-Studierenden der Physik und Chemie liegen die Abbruchquoten bei etwa 40 %. An den Fachhochschulen sind die Abbruchquoten im Bachelorstudium niedriger, doch auch dort ist für den Studienabbruch in MINT-Studiengängen ein überdurchschnittliches Niveau zu diagnostizieren. Als Ursachen werden häufig Leis­tungs­probleme und Prüfungsversagen genannt.

Der bisherige geschäftsführende Leiter des HIS-Instituts für Hochschulforschung und jetztige administrative Geschäftsführer des DZHW , Dr. Michael Leszczensky, betont mit Blick auf das Angebot an in den MINT-Fächern akademisch ausgebildeten Fachkräften, die die Hochschulen jährlich verlassen: „Generell setzte sich im Jahr 2011 der Trend einer steigenden Zahl von Hochschulabsolventen fort. Dabei entwickelte sich die Zahl der Erstabsolventen in den beiden MINT-Fächergruppen unterschiedlich: Die Ingenieurwissenschaften verzeichneten zwischen 2010 und 2011 einen überdurchschnittlichen Anstieg um 11 % auf einen neuen Höchststand von rund 56 000 Erstabsolventen. Die entsprechende Zahl in der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften wuchs dagegen nur um 2,1 % auf rund 50 000. In den Ingenieur­wissenschaften scheint damit ein langjähriger Rückgang gestoppt. Trotz hohen Studienabbruchs ist in dieser Fächergruppe künftig – aufgrund stark gestiegener Studienanfängerzahlen – mit hohen, eventuell sogar weiter steigenden Absolventenzahlen zu rechnen.

Der Studienabbruch bleibt trotzdem ein gravierendes Problem.“ Eine wichtige Gruppe für die Ausbildung akademisch qualifi­zierter Fachkräfte sind zudem Studierende, die aus dem Ausland zum Stu­dium nach Deutschland kommen. Die Zahl der ausländischen Stu­dierenden an deutschen Hochschulen stieg 2011 um 5,3 % auf rund 265 000. Während der Anteil der Erstabsolventen mit aus­län­discher Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberech­tigung an einer ausländischen Schule erworben haben, in den Natur­wissenschaften unter dem Durchschnitt liegt und weiter sinkt, ist er in den Ingenieurwis­sen­schaften überdurchschnittlich hoch. Interessant mit Blick auf das Fachkräftepotential ist der hohe Anteil ausländischer Absolventen bei Masterabschlüssen und Promotionen: So hat in den Ingenieur- und Naturwissenschaften mehr als jeder fünfte Promovierte eine ausländische Studienberechtigung – eine Chance, hochqualifizierte Nachwuchskräfte aus dem ­Ausland zu rekrutieren und in Deutsch­land zu beschäftigen.

Die Studie „Bildung und Qualifikation als Grundlage der tech­no­logischen Leistungsfähigkeit Deutschlands“ ist in der Reihe HIS:Forum Hochschule erschienen (HIS:Forum Hochschule 11|2013) und steht Interessierten als PDF-Datei unter www.dzhw.eu/publikation (Kategorie 'Bildungsmonitoring national') kostenlos zur Verfügung. Eine gedruckte Version kann gegen eine Schutzgebühr von 20 € direkt bei der HIS Hochschul-Informations-System GmbH (seit 1. September Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW GmbH) mit Sitz in Hannover bestellt werden.

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