6. Deutsche Wärmekonferenz

Die Energiewende ist mehr als eine Stromwende

Über 200 hochrangige Entscheider aus Politik und Wirtschaft nahmen am 28. Januar 2104 an der 6. Deutschen Wärmekonferenz im Radisson Blu Hotel in Berlin teil. Die Konferenz organisiert der BDH (www.bdh-koeln.de) gemeinsam mit dem Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK, www.fgk.de).

Systematische Politik im Gebäudesektor

Mit Übernahme der Eröffnungs­ansprache setzte die neue Bun­des­ministerin für Umwelt, Natur­schutz, Bau und Reaktor­sicher­heit, Dr. Barbara Hen­dricks, ein starkes Zeichen für eine Politik, die den größten Ener­gie­ver­brauchs­sek­tor Deutschlands, den Wärmemarkt, stärker in den Fokus nehmen wird. „Die Energiewende ist mehr als eine reine Stromwende. Sie kann nur gelingen, wenn man auch die Wärmewende in Angriff nimmt“, führte sie aus. Zu den bislang erreichten Ergebnissen bei der Wärmewende äußerte sie sich allerdings kritisch: „Wir kommen hier nicht nur zu langsam voran, wir sind noch gar nicht richtig auf dem Weg. Erneuerbare Energien müssen bei Heizungssanierungen viel stärker als bisher zum Einsatz kommen.“ Sie plädierte weiter dafür, das Gebäude als Ganzes zu sehen. „Es darf keine separaten Wege für das Bauen und das Heizen geben. Wir brauchen bei Sanierungsvorhaben eine übergreifende Klammer: Gebäudehülle und Heizung müssen gemeinsam betrachtet werden. Erst einmal zu dämmen, ist genauso falsch, wie erst einmal die Heizung auszutauschen. Die Gewerke müssen enger als bisher zusammenarbeiten.“ Ziel müsse es laut Dr. Hendricks sein, einen gesamtheitlichen, technologieoffenen Sanierungsfahrplan für das „Individuum Gebäude“ zu erstellen. In diesem Zusammenhang bezeichnete sie die Energieberatung als Schlüsselstelle, da bei vielen Hausbesitzern der Überblick über technische Möglichkeiten, Fördermöglichkeiten und Kosten fehle, was letztendlich viele Sanierungswillige davon abhalte aktiv zu werden.

Die Ministerin versprach, sich im Sinne des Klima- und Res­sour­censchutzes für die Hebung der hohen Energieeinspar- und CO2-Minderungspotentiale im Gebäudebereich, aber auch in den anderen relevanten Berei­chen des Wärmemarktes, einzu­setzen. Hierzu müssten laut Dr. Hendricks aber auch die be­teiligten Ministerien und Behör­den in Bund und Ländern enger zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen: „Wir benötigen eine systematische Politik im Gebäudesektor.“ Worte, die von Günther Mertz, FGK-Geschäftsführer, sicher erfreut zur Kenntnis genommen wurden, denn er äußerte auf der Wärmekonferenz absolutes Unverständnis für die unterschiedlichen Vorgehensweisen in den einzelnen Bundesländern. „In Neu-Ulm wird doch nicht anders gebaut als in Ulm. Wir benötigen eine Energiewende und nicht 16 verschiedene.“ Eine Absage erteilte Dr. Hendricks der von nahezu allen auf der Wärmekonferenz anwesenden Fachleuten geforderten steuerlichen Absetzbarkeit von Maß­nah­men zur Steigerung der Ener­gieeffizienz. Hierzu ge­be es in der Großen Koalition der­zeit keinerlei Ansätze.

Jahresbilanz der Heizungsindustrie

Die deutsche Heizungsindus-trie veröffentlichte im Rahmen der Wärmekonferenz ihre Jahresbilanz. Insgesamt 686 500 Wärmeerzeuger setzte die Industrie im Jahr 2013 ab. 421 500 Gas-Brennwertgeräte, 110 000 Gas-NT-Geräte, 46 000 Ölbrennwertgeräte und 21 500 Öl-NT-Geräte. Damit machen die klassischen, auf fossilen Brennstoffen beruhenden Wärmeerzeuger nach wie vor den Löwenanteil aus. Mit 27 500 ver­kauften Festbrennstoffkesseln und 60 000 Wärmepumpen ist noch viel Luft nach oben. Dies gilt auch für die thermischen Solar­anlagen, die in 2013 einen Rück­gang um 11 % auf eine Fläche von 1 030 000 m² zu ver­zeich­nen hatten. Bedenklich ist die Tendenz, dass der Anteil der jähr­lichen Investitionsfälle mit Einkopplung erneuerbarer Energien auf nur noch 22 % ge­sun­ken ist. Dieser lag 2008 noch bei 45 %. Zwar ist im Gesamt­markt der Wärmeerzeuger ein ver­haltenes Wachstum von 6 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dennoch reichen diese Zahlen nicht aus, um den nach wie vor bestehenden Modernisierungsstau in deutschen Heizungskellern aufzulösen. Gerade bei 3 % liegt die jährliche Modernisierungsrate im anlagentechnischen Bereich.

„Ohne Hebung der Potentiale im Wärme- und Klimamarkt kann die Energiewende nicht gelingen“, so Manfred Greis, Präsident des Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). „Allein über die anla­gen­technische Erneuerung im Gebäudebereich und in der In­dus­trie können über 15 % des deutschen Energieverbrauchs eingespart werden“, so Manfred Greis weiter. Er äußerte sich sehr erfreut darüber, dass die Minis­te­rin bei der Wärmekonferenz er­schienen sei und die Wärmewende als klares Ziel formuliert habe, äußerte aber auch noch ein­mal sein großes Bedauern darüber, dass sich die Regierung nicht habe durchringen können, Steueranreizprogramme zur Aufhebung des Sanierungsstaus zu beschließen.

Energetische Inspektion von Klimaanlagen

Prof. Dr. Ulrich Pfeiffenberger, Vorsitzender des FGK, betonte: „Wie beim Wärmebereich liegen auch in der installierten Klima- und Lüftungstechnik enorme CO2-Minderungs- und Energieeinsparpotentiale brach. So sind Klimaanlagen in deutschen Nichtwohngebäuden durchschnittlich etwa 28 Jahre alt. Viele von ihnen arbeiten energetisch ineffizient. Auch hier bedarf es einer Beschleunigung des Modernisierungstempos.“ Prof. Pfeiffenberger beklagte vor allem, dass die Pflicht zur energetischen Inspektion von Klimaanlagen nicht bzw. nicht in ausreichender Weise umgesetzt werde. Hier lasse man enormes Potential liegen. Bis Oktober 2013 wurden nach seinen Angaben lediglich 3 % der Klimaanlagen inspiziert. Damit bliebe ein Einsparpotential von bis zu 20 TWh/a Wärme und 12,5 TWh/a Strom ungenutzt. Er forderte daher eine konsequente Umsetzung von § 12 der EnEV und die Einführung von verpflichtenden Ins­pek­tionsberichten, die auch seitens der Be­hörden kontrolliert werden müssten.

Bisherige Maßnahmen zu unkonkret

Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) und Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea), sprach sich für eine konsequentere Politik zur Erschließung der Energieeinsparpotentiale im Gebäude­bereich aus. „Über anlagentechnische Modernisierung ebenso wie über Maßnahmen an der Gebäudehülle kann bei einer Vielzahl der Gebäude in Deutschland eine erhebliche Energieeinsparung erzielt werden. Deswegen muss die neue Regierung alles dafür tun, das Sanierungstempo zu erhöhen und für eine bessere energetische Qualität bei Modernisierungsmaßnahmen zu sorgen. Die bisherigen Vorschläge und Maßnahmen reichen nicht aus und sind zu unkonkret.“ Man könne die Energiewende aber nicht nur an die Politik delegieren, das Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft sei sehr wichtig. Hier sieht Stephan Kohler die dena und die geea als wichtige Mittler. Die Eigentümer müssten durch eine attraktivere und vor allem über Jahre gesicherte Förderung unterstützt werden. Zudem müsse die Qualität von Energieberatungen verbessert werden. Eine Lanze brach Stephan Kohler für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, ohne die die Klimaschutzziele nicht zu erreichen seien.

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