Condition Monitoring

Vorausschauende Wartung in der elektrischen Energieverteilung

Eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) setzt sich vor allem in industriellen Produktionsumgebungen zunehmend durch – mit dem Ziel, die Instandhaltung deutlich effizienter zu gestalten, Zeit und Kosten zu sparen und die Anlagenverfügbarkeit zu erhöhen. Auch bei Komponenten und Systemen in der elektrischen Energieverteilung lassen sich entsprechende Konzepte gewinnbringend realisieren. Die technische Voraussetzung dafür ist ein systematisches, datenbasiertes Condition Monitoring.

Wartungsarbeiten an elektrischen Anlagen und Geräten wurden in der Vergangenheit üblicherweise nach definierten Zeitintervallen geplant. Deren Zustand und tatsächliche Betriebsfähigkeit aber ließ sich dabei nur abschätzen und so stimmte der festgelegte Wartungstermin häufig nicht mit dem optimalen Wartungszeitpunkt überein. Die Nachteile liegen auf der Hand: Werden eine Anlage oder betriebsrelevante Komponenten verfrüht gewartet oder gar ausgetauscht, können zwar etwaige Stillstände aufgrund verschlissener Betriebsmittel vermieden werden. Allerdings werden unter Umständen Servicemitarbeiter unnötig tätig, und Systeme werden ausgewechselt, die eigentlich noch funktionsfähig sind. Noch schwerer wiegt unter Umständen eine zu späte Inspektion, die zu teuren Störungen oder riskanten Sicherheitslücken im Anlagenbetrieb führen kann. 

Gefragt sind deshalb effizientere und smartere Instandhaltungskonzepte, auch und gerade in der elektrischen Energieverteilung. Ein solches Konzept ist die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance), die dank Digitalisierung und intelligenter Datennutzung möglich wird. Und das zahlt sich aus: McKinsey zufolge lässt sich durch Predictive Maintenance die Anlagenverfügbarkeit um 5 bis 15 % steigern. Gleichzeitig profitieren Betreiber von bis zu 25 % niedrigeren Wartungskosten.

 

Auf der Suche nach dem optimalen Zeitpunkt

Zu den wichtigsten Komponenten in der elektrischen Energieverteilung in industriellen Fertigungsstätten ebenso wie in großen Gebäuden und Infrastrukturen zählen Kompaktleistungsschalter. Sie schützen Leitungen, Anlagen und Geräte, das heißt die komplette Energieverteilung und deren Verbraucher, vor elektrisch verursachten Schäden und Ausfällen, indem sie den Strom bei Störungen wie Kurzschluss und Überlast sicher abschalten. Immer häufiger übernehmen sie auch wichtige Aufgaben im Rahmen des betrieblichen Energiemanagement, indem sie dafür relevante Energie- und Zustandsdaten erfassen. Ihre Verfügbarkeit muss deshalb rund um die Uhr zuverlässig sichergestellt sein – und dazu trägt eine vorausschauende Wartung entscheidend bei.

Die dafür erforderlichen Informationen liefert ein sogenanntes „Condition Monitoring“, bei dem der technische Zustand der Geräte fortlaufend überwacht und ausgewertet wird. Auf diese Weise werden beispielsweise Veränderungen augenfällig, die auf fortschreitende Abnutzungserscheinungen einzelner Komponenten hinweisen. Wie das konkret aussehen kann, zeigen die kommunikationsfähigen Kompaktleistungsschalter 3VA von Siemens. Die neu integrierte „Condition Monitoring“-Funktion ermöglicht es, nicht nur Basisinformationen wie Schaltspiele und Betriebsstunden zu erfassen. Vielmehr analysiert der smarte Leistungsschalter die Daten eigenständig und bewertet sie mit einem zum Patent angemeldeten Algorithmus. Daraus lassen sich präzise Aussagen über den aktuellen Betriebszustand wie auch die zu erwartende Restlebensdauer treffen.

Die Betriebsfähigkeit eines Leistungsschalters hängt maßgeblich vom Kontaktzustand der Hauptkontakte ab. Bei Schaltvorgängen ohne Strom, mit Nennstrom sowie bei Überlast- und Kurzschluss-Auslösungen werden die Schaltkontakte jedoch unterschiedlich stark abgenutzt. Der Kompaktleistungsschalter 3VA ist in der Lage, kontinuierlich den individuellen „Gesundheitsindikator“ zu bestimmen – auf Basis der jeweiligen Kontaktzustände, die sich aus der Analyse der Abschaltungen und Auslösungen ergeben. Jede Abschaltung und Auslösung eines Kompaktleistungsschalters verändert den Zustand der Hauptkontakte – entsprechend definiert sich der Gesundheitsindikator des Kompaktleistungsschalters über den Zustand der Hauptkontakte. Im Auslieferungszustand beträgt dessen Wert 100 %. Mit der Inbetriebnahme wird die ereignisbezogene Anpassung des Gesundheitsindikators aktiviert. Der Indikatorwert verringert sich über die Betriebszeit in Abhängigkeit der verschiedenen Schalthandlungen und kann bis auf 0 % fallen.

Für die Berechnung der Restlebensdauer analysiert der Algorithmus das bisherige Nutzungsverhalten, projiziert es in die Zukunft und trifft anhand dessen eine Prognose. Bei einer Änderung des Nutzungsverhaltens passt sich die Restlebensdauer entsprechend an. Damit geht einher, dass unvorhersehbare Auslösungen die verbleibende Lebensdauer schlagartig stark reduzieren können. Sie senken den Gesundheitsindikator, der als Ausgangspunkt für die Berechnung der Restlebensdauer dient. Diese wird ebenfalls kontinuierlich ermittelt. Beträgt die berechnete Restlebensdauer mehr als drei Jahre, muss der Anlagenbetreiber keine akuten Maßnahmen (z.B. Wartung oder Tausch des Gerätes) ergreifen. Sie wird daher nicht detailliert angezeigt. Erst eine Restlebensdauer von weniger als drei Jahren wird in Jahre, Monate und Wochen aufgeschlüsselt. Die jeweiligen Prognosen werden dabei nicht am Leistungsschalter selbst angezeigt. Sie kann – wie der Gesundheitsindikator – über geeignete Softwaretools und mobile Apps abgerufen werden, beispielswiese die Konfigurationssoftware „Sentron powerconfig“ oder Cloud-Applikationen wie „Sentron powermind“.

 

Fazit: Berechenbarkeit lohnt sich

Mit dem Gesundheitsindikator und der Restlebensdauerprognose ermöglicht der Kompaktleistungsschalter 3VA eine präzise Planung von Anlagenwartungen und Revisionen. Je länger die Betriebszeit, desto genauer lassen sich Zustand, Verhalten und damit auch der Verschleiß des Kompaktleistungsschalters vorhersagen. Dies reduziert Stillstandszeiten, trägt zu einer höheren Anlagenverfügbarkeit bei und zeigt Möglichkeiten für Prozessoptimierungen auf. Betreiber profitieren so von einem effizienteren Material- und Personaleinsatz.

Info

Einsatzbereiche

Kompaktleistungsschalter 3VA können in allen Zweckgebäuden und industriellen Anwendungen eingesetzt werden. Die neue Funktion für „Condition Monitoring“ ist besonders dort von Vorteil, wo eine hohe Anlagenverfügbarkeit notwendig ist, beispielsweise in Rechenzentren, Shopping Malls oder industriellen Produktionsumgebungen. Die Einbindung in die Gebäudeleittechnik oder auch industrielle Automatisierungsumgebungen ist über Standard-Protokolle jederzeit möglich. Über die IoT-Datenplattform „Sentron 7KN Powercenter 3000“ lassen sich die Energiedaten außerdem direkt in Cloud-Plattformen integrieren.

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