Absolute Feuchte der Luft

Darauf sollte bei der Regelung geachtet werden

Bei der Festlegung von einzuhaltenden nutzungsbedingten Raumluftparametern wird üblicherweise die Lufttemperatur und die relative Feuchte herangezogen. Warum jedoch wird für die Regelung des Luftzustandes einerseits nicht die absolute Feuchte als Regelgröße in Ansatz gebracht wird und zum anderen nicht der Wasserdampfpartialdruck der Luft? Dieser Frage geht der Beitrag nach.

Bei der Festlegung von einzuhaltenden nutzungsbedingten Raumluftparametern wird und wurden im Allgemeinen auf die Lufttemperatur JL [in °C] und die relative Feuchte φ und ihre möglichen Toleranzen orientiert. Dies ist praktikabel, weil es auch ausreichende Messmessmöglichkeiten gibt.

Weitere Größen zur Beschreibung eines Zustandspunktes der „Feuchten Luft“ sind die absolute Feuchte (Feuchtegehalt) x und Teildruck des Wasserdampfes (Partialdruck) pD bei einem vorgegebenen barometrischen oder Gesamtdruck pG (s.a. [1]). Dabei ist die relative Feuchte φ das Verhältnis von dem Wasserdampfpartialdruck zum Sättigungsdruck des Wasserdampfes pDS bei gleicher Temperatur.

(Magnus-Formel)

Mit diesen bekannten thermodynamischen Zusammenhängen wird der Luftzustand exakt beschrieben.

Es ergeben sich die Fragen, warum für die Regelung des Luftzustandes einerseits nicht die absolute Feuchte als Regelgröße in Ansatz gebracht wird und zum anderen nicht der Wasserdampfpartialdruck der Luft. Dieser wird als Bezugsgröße für die Bewertung des Feuchtetransports verwendet, da es bei Potentialunterschieden (Druck, Temperatur) zwischen zwei Zuständen immer das natürliche Bestreben gibt, diesen zu kompensieren bzw. einen Gleichgewichtszustand zu erreichen.

Beispiel: Museumsklimatisierung

Hauptaufgabe der Museumsklimatisierung ist die natürliche Alterung der Ausstellungsobjekte zu verzögern und konservatorische Eingriffe infolge unzulässiger Aufbewahrungsbedingungen zu vermeiden. Hinzu kommen aber auch Anforderungen aus der Gebäudesubstanz (bauphysikalische Randbedingungen bei der Sanierung historischer Gebäude) und solche, die für das Wohlbefinden der Museumsbesucher und der Museumsmitarbeiter bei der Festlegung der einzuhaltenden Klimaparameter zu berücksichtigen sind.

Für Depots und Restaurierungswerkstätten sind die gleichen Überlegungen anzustellen.

Diese Anforderungen stehen nicht immer im Einklang miteinander. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die im Museum ausgestellten Kunstobjekte oft nicht nur einer Materialgruppe zuzuordnen sind. Auch sind oft Exponate vorzufinden, die aus einem Verbund unterschiedlicher Werkstoffe bestehen. Jeder Werkstoff reagiert anders auf das Raumklima.

Konservatorisches Ziel bei der Bewahrung von Sammlungsgut ist die Minimierung von Stofftransporten in und aus dem Objekt. Dies ist bezüglich Wasserdampf bei organischen und hygroskopischen Objekten, insbesondere Holz, Textilien und Papier nur unter strenger Beachtung der Luftfeuchtigkeit in der Umgebungsluft zu gewährleisten, um ein Austrocknen oder Quellen der Objekte zu vermeiden sowie mikrobiologische Prozesse zu reduzieren. Dabei muss es das Ziel sein, den Stofftransport von Wasserdampf sowohl aus der Luft in das Objekt als auch aus dem Objekt in die Luft zu minimieren, wenn sich zuvor ein gewünschtes Verhältnis eingestellt hat. Voraussetzung dafür ist die Ausgeglichenheit des Wasserdampf-Partialdruckes an der Grenzschicht Fester Körper (Objekt) und Gas (Luft). Der Wasserdampfpartialdruck der feuchten Luft ist gekoppelt mit dem Wert des Wassergehaltes in der Luft, der absoluten Luftfeuchtigkeit x. Laut h-x-Diagramm nach Mollier verändert sich bei Schwankungen/Änderungen der Temperatur und gleichem Wassergehalt der Luft (konstante absolute Feuchte) auch die relative Luftfeuchtigkeit Φ und umgekehrt. Das heißt für die Museumsanwendung, dass die bisher sehr enge Regelung der relativen Luftfeuchtigkeit durch Be- und Entfeuchtung bei eventuellen Temperaturänderung dazu führt, dass sich der absolute Feuchtegehalt der Luft verändert und damit infolge des Wasserdampfpartialdruckgefälles ein Stofftransport zwischen Luft und Objekt angestoßen wird. Eventuelle kurzfristige Schwankungen der Raumtemperatur im Tagesgang (z.B. durch äußere Lasten wie Sonneneinstrahlung oder innere Lasten wie große Besucherzahlen oder Wärmeeintrag durch Beleuchtung) sollten also nicht mit ausschließlichem Blick auf die relative Luftfeuchtigkeit mit der Veränderung des Wassergehaltes in der Luft (Be- oder Entfeuchtung) kompensiert werden. Es muss vielmehr betrachtet werden, ob und wie das Wasserdampfpartialdruckgefälle klein gehalten werden kann. Nur unter Minimierung des Wasserdampfpartialdruckgefälles zwischen Luft und Objekt kann der Stofftransport bei organischen und hygroskopischen Materialien auf ein Minimum beschränkt werden.

Letztendlich wird das festzulegende Raumklima immer ein Kompromiss der aus den o.g. Anforderungen sein. Demzufolge kann es auch keine Standartwerte für die Raumklimaanforderungen für Museen geben.

Die einzuhaltenden Raumklimawerte sollten deshalb für jeden Einzelfall nur in enger Zusammenarbeit von Museumsfachleuten, Bauherr, Architekten und dem Planer der Technischen Gebäudeausrüstung festgelegt werden. Verallgemeinerungen sind für bestimmte Einzelfälle sicherlich möglich (z.B. Gemäldegalerien), bedürfen aber ebenfalls einer gemeinschaftlichen Bewertung.

Im Allgemeinen wird in der Literatur der Konstanz der relativen Feuchte eine höhere Priorität zugeordnet als der Raumtemperatur. Neuere Veröffentlichungen weisen auf die Möglichkeit der Vergrößerung des zulässigen Toleranzbandes bei der relativen Feuchtigkeit hin, was aber teilweise von Restauratoren kritisch gesehen wird.

In Auswertung der Literaturquellen lässt sich feststellen, dass die Angaben zu den anzustrebenden relativen Luftfeuchten in den letzten 100 Jahren tendenziell gesunken sind, aber die anzustrebenden Raumtemperaturen gestiegen sind. Das Ansteigen der zulässigen Raumtemperatur ist auch darauf zurückzuführen, dass bei früheren Literaturangaben vermutlich der Sommerfall überhaupt nicht berücksichtigt wurde und mit zunehmender Technisierung in den Museen auch auf Komfortansprüche der Besucher und Mitarbeitern reagiert wurde [2], [3].

Für die technische Auslegung von Klimaanlagen ist eine höhere zulässige sommerliche Raumtemperatur ein entscheidendes Mittel, um die Anlagengröße zu minimieren. Grenzen werden hier aber durch Sicherstellung eines Mindestvolumenstroms zur Erzielung der gleichmäßigen Temperatur- und Feuchteverteilung im Raum gesetzt. Da sprunghafte Temperatur- und Feuchtewechsel nicht gewollt sind, ist in Museen das saisonale Gleiten von Temperatur und Feuchte weit verbreitet.

In der Praxis wird man dazu eine Regelung, welche nebenbei eine sehr wirtschaftliche Fahrweise bietet, z.B. via „dynamischer“ Kaskadenregelung für Temperatur- und Feuchteregelkreis zusammengesetzt konzipieren. Als Messgrößen werden hierzu grundsätzlich Temperatur und relative Feuchte herangezogen, als Führungsgrößen werden jedoch Temperatur und absolute Feuchte (Berechnung aus Temperatur und r.F.) verwendet. Hierdurch lässt sich ein bedeutend besseres dynamisches Verhalten des Reglers realisieren. Die Kaskadenregelung benötigt ferner zur Funktion drei wichtige Informationen: Grenzen des Sollwertes (z.B. Behaglichkeitsfeld oder ein anderes Feld zur im Museum zulässigen Raumluftparameter im h,x-Diagramm), die Luftkonditionen für den Raumregler (berechnet aus raumseitiger Regeldifferenz den Zuluft-Sollwert) und die Konditionen für den Zuluftregler (berechnet aus zuluftseitiger Regeldifferenz den Bedarf). Aus dem vorkonditionierten Luftzustand und des Zuluft-Sollwerts ergibt sich so ein bestimmter Bedarf zum Heizen, Kühlen, Befeuchten, Entfeuchten (oder eine Kombination aus diesen Technologien). Das Feld für die zulässigen Raumluftparameter wird sich bei einer Anwendung in einem Museum erheblich vom bekannten „Behaglichkeitsfeld“ im h,x-Diagramm unterscheiten, denn es wird relativ klein und schmal sein, weil es ja die konservatorischen Vorgaben abbildet. Dafür sollte der Begriff „Klimakorridor“ verwendet werden.

Für eine physikalisch korrekte Auslegung und Regelung von Trocknungs- oder Befeuchtungsvorgängen und eben in Folge eine präzise Regelung einer Klimaanlage den Luftzustand eindeutig zu bestimmen, muss die absolute Luftfeuchte in g/kg als Auslegungs- und Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Unabhängig davon kann eine besonders ökonomische Fahrweise einer Klimaanlage erreicht werden. Man rechnet bei Präzisionsklimalösungen häufig an Stelle % r.F. mit absoluter Feuchte x in g/kg tr. Luft (oder mit der zugehörigen Taupunkttemperatur in °C), damit eine präzisere Fahrweise von Klimaanlagen erreicht werden kann.

Die praktische Umsetzung der Regelstrategie für die Klimaanlage für das saisonale Gleiten ist beispielhaft in der Tabelle 1 und in Bild 1 im h,x-Diagramm dargestellt.

20 °C, 50 % bei 100 lx und möglichst alles konstant, höchstens +/- 2 K und +/- 5 % oder weniger pro Stunde, sind schon immer „Traum aller Restauratoren“, wenn es um optimale Lagerung und Präsentation von Kunstgut geht. Real betrachtet sind diese idealen Bedingungen auch mit Vollklimaanlagen nicht wirklich (immer) einzuhalten, wenn diese mit Blick auf einen effizienten Energieeinsatz nicht überdimensioniert sein sollen (Bild 2).

Eine Sollwertänderung im Raum ist somit nicht mehr von den aktuellen Witterungsbedingungen abhängig, sondern wird entsprechend Tabelle 1 jahreszeitlich als automatisches Sollwertprogramm fest vorgegeben und mit einem Klimakorridor zwischen 20 und 25 °C sowie 45 und 55 % r.F. begrenzt. Die Änderung des Sollwerts findet nur einmal im Monat statt, die eingestellten Werte sind für diesen dann konstant. Der Nachteil dieses Programms ist der etwas höhere Energiebedarf für die Klimatisierung der Ausstellungsräume (Exponaten i.d.R. aus gemischten Materialien), jedoch steht dem die höhere Regelgenauigkeit der Klimaanlagen mit dynamischen Regelkreisen wie eingangs beschrieben, gegenüber. Da die RLT-Anlage jedoch nach wie vor auf die aktuellen Witterungsbedingungen reagieren muss, sind geringe Tagesschwankungen der Istwerte nicht auszuschließen, allerdings betragen die Tagesschwankungen i.d.R. nicht mehr als 3 K bzw. nicht mehr 3 % r.F. Eventuell auftretende Extremfälle können durch die Begrenzung auf einen Klimakorridors bei richtiger Anlagenauslegung und korrekter Reglereinstellung ausgeschlossen werden.

Literatur:

[1] Trogisch, A, Franzke, U.: Feuchte Luft – h,x-Diagramm – praktische Anwendungs- und Arbeitshilfen;  2. überarb. Auflage, 2016, VDE Verlag GmbH, Berlin – Offenbach [2] Recknagel/Sprenger/Albers: Taschenbuch für Heizungs- und Klimatechnik; 80- Auflage, 2020, ITM Inno Tech Medien GmbH, Augsburg [3] Trogisch, A., Reichel, M.: Planungshilfen Lüftungstechnik, 7. überarb. und erw. Auflage, 2020, VDE Verlag GmbH, Berlin – Offenbach [4] Hilbert, G.: Sammlungsgut in Sicherheit: Beleuchtung und Lichtschutz. Klimatisieung. Schadstoffprävention. Schädlingsbekämpfung. Sicherungstechnik. Brandschutz, 3., vollst. überarb. und erw. Auflage, 2002, Gebr. Mann Verlag Berlin
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