AGB-Recht zwischen Unternehmen – FDP-Anhörung im Bundestag

Bereits in der tab 09/2012 hatten wir darüber berichtet, dass es derzeit unter anderem von Seiten der Großindustrie Bestrebungen gibt, das bestehende AGB-Recht „aufzuweichen“ und so die „Vertragsfreiheit“ wirtschaftlich überlegener auf Kosten wirtschaftlich unterlegener Vertragspartner zu erhöhen. Konkret gehen diese Bestre­bungen dahin, einseitig die Haf­tung für eigene Vertragsleistungen zu beschränken und von Vertragspartnern bislang unzulässige Bürgschaften auf erstes Anfordern, verschuldensunabhängige Vertragsstrafen oder erhebliche Skonti trotz später Bezahlung verlangen zu dürfen. Auch für die Unternehmen der BTGA-Organisation würden aus der Durchsetzung derartiger Änderungen erhebliche neue Risiken und Kosten erwachsen.

Zur Verhinderung von Gesetzesänderungen auf Kosten des Mittelstandes hatte sich der BTGA bereits im Juli dieses Jahres einer Verbändeallianz unterschiedlichster Branchen angeschlossen. Neben der Bauindustrie und dem Handwerk engagieren sich hier etwa auch der Bundesverband Groß- und Außenhandel, der Markenverband und der Bauernverband für das bestehende AGB-Recht. Mittlerweile ist diese Verbändeallianz auf 22 Verbände angewachsen.

Am 17. Oktober 2012 fand nun auf Einladung der FDP-Bundestagsfraktion eine öffentliche Anhörung zu Reformoptionen im AGB-Recht für Geschäfte zwischen Unternehmern im Deutschen Bundestag statt. Sechs geladene Sachverständige und über 60 Vertreter aus Politik, Verbänden und Wirtschaft erörterten, ob überhaupt und gegebenenfalls wo Reformbedarf im AGB-Recht besteht. Für den BTGA nahm dessen Justiziar, Rechtsanwalt Tobias Dittmar, an der Anhörung teil.

Im Rahmen der Anhörung wies der Heidelberger Juraprofessor Thomas Pfeiffer darauf hin, dass in Deutschland im internationalen Vergleich die strengsten AGB-rechtlichen Vorschriften existierten. So sprach sich insbesondere Andreas Dietzel, Chefjurist von Siemens, für eine Lockerung der Regeln für Verträge zwischen Unternehmen aus. Dabei führte er aus, dass es Unternehmen nicht möglich sei, die eigene Haftung wirksam zu begrenzen und Unternehmensjuristen deshalb ins Schweizer Recht flüchten müssten.

Kräftiger Gegenwind kam von Manja Schreiner, Leiterin der Abteilung Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Sie wies darauf hin, dass es in Deutschland mit dem AGB-Recht bereits genau die Rechtssicherheit gebe, die man im unternehmerischen Geschäftsverkehr brauche. Sie hielt den Befürwortern einer AGB-Reform vor, mit ihren Bestrebungen auf Kosten unterlegener Geschäftspartner wirtschaftliche Vorteile durchsetzen zu wollen. Ähnlich lautete eine Einschätzung von Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen, der auf das Fehlen eines belastbaren Beleges dafür hinwies, dass die unternehmerische Freiheit bei Anwendung des geltenden AGB-Rechts unangemessen eingeschränkt werde. Eine Warnung sprach Rüdiger Eisele vom Bundesverband mittelständischer Wirtschaft aus: „Bei einer Lockerung wären die kleinen und mittleren Unternehmen die Dummen, weil sie ihre Haftungsrisiken nicht auf ihre Endkunden abwälzen können.“ Hinsichtlich der angeblich notwendigen Flucht deutscher Unternehmen in das Schweizer Recht wurde im Rahmen der abschließenden Diskussion von Vertretern der Verbändeallianz zur Beibehaltung des bestehenden AGB-Rechts deutlich gemacht, dass insofern keine belegbare Statistiken existierten. Auch sei ein Wechsel in das Schweizer Recht bei rein innerdeutschen Verträgen rechtlich ausgeschlossen. Hingewiesen wurde auch darauf, dass bei grenzüberschreitenden Verträgen vor allem der Auftraggeber über das anzuwendende Recht entscheide. Dabei spielten dann aber auch ganz andere Aspekte als nur das AGB-Recht eine tragende Rolle.

Am Ende der Anhörung wurde seitens der FDP-Fraktion betont, dass auch dann, wenn es zu einer Reform des AGB-Rechts kommen sollte, diese keinesfalls einer Legalisierung „unanständiger“ Geschäftspraktiken Vorschub leisten dürfe.

Fest steht jedoch, dass die unter anderem von Seiten der Groß­industrie vorgeschlagenen Lockerungen im AGB-Recht die Markt­macht noch ungleicher verteilen würde, als sie sich ohnehin schon darstellt. Die Verbändeallianz und mit ihr der BTGA werden sich daher weiter dafür einsetzen, dass ihre Forderung nach einer Beibehaltung des bestehenden AGB-Rechts Gehör findet. Das geltende AGB-Recht ist transparent, ermöglicht sichere und ausgewogene Vertragsverhältnisse, vermeidet Haftungsfallen und dient so dem Schutz der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland.

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