Exklusiver Online-Beitrag: Die neue Norm EN 15232 (2012)

Auswirkungen der Gebäudeautomation auf die Gebäudeeffizienz

Die vorliegende Neufassung der Norm EN 15232 (2012) stellt eine Überarbeitung und Erweitertung der bestehenden EN 15232 von 2007 dar. Sie bietet eine Methode zur Abschätzung der Energieeffizienz in neuen und bestehenden Gebäuden und kann genutzt werden, um die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in die Erneuerung von Gebäudeautomationssystemen zu bewerten.

Die EN 15232 beschreibt zwei Möglichkeiten, um die Energieeffizienz abzuschätzen:

- eine faktorbasierte Berechnung, die hier genauer erklärt wird, und

- ein detailliertes Berechnungsverfahren, für das eine genaue Kenntnis der eingeplanten Automationsfunktionen nötig ist.

Glossar: (die Abkürzungen sind aus der englischen Version der Norm)

EN:        „Europäische Norm“

BACS:   „Building Automation Control System“ (Gebäudeautomationssystem, bietet eine effektive Kontrolle über Heizung, Lüftung, Warmwasser und Beleuchtung)

TBM:      „Technical Building Management“ (bietet Informationen über Betrieb, Wartungsservices und Management von Gebäuden)

EPBD:   Europäische Richtlinie 2002/91/EC „Energy Performance of Buildings Directive“ (Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden)

CEN:     „Commitee Europeen de Normalisation“ Europäisches Komitee für Normung

Viele bestehende und neue Gebäude müssen auf ihren Energieverbrauch hin bewertet werden, deshalb besteht ein starker Bedarf nach einem schnellen und zuverlässigen Werkzeug, das nicht nur von Experten einfach angewendet werden kann.

Die jetzt vorliegende Neufassung der europäischen Norm EN 15232 (2012) bietet ein gutes Beispiel für einen faktorbasierten Ansatz zur Untersuchung der Auswirkungen von BACS- und TBM-Verbesserungen auf den Energieverbrauch eines Gebäudes.

Die EN 15232 ist nur eine der spezifischen Normen im Rahmen der EPBD. Ca. 40 andere Normen betreffen Berechnungen für die verschiedenen Energieverbräuche, die EN 15232 berechnet speziell den Einfluss der Gebäudeautomation und des Gebäudemanagements für thermische und elektrische Installationen.

Bild 1 zeigt die Zusammenhänge. Die Ergebnisse der Anwendung von EN15232 bieten dem Eigentümer, Architekten oder Berater Informationen über zukünftige Verbesserungspotentiale für bestehende Gebäude und die entsprechende Reduzierung des Energieverbrauchs nach Umstieg auf eine optimierte Gebäudemanagementstruktur.

Die Norm gibt vier Effizienzklassen für Gebäude und Wohnhäuser an (Bild 2): Klasse C ist die Referenzklasse.

Bild 3 zeigt alle Funktionen der Gebäudeautomation und deren Zuordnung zu einer der vier Effizienzklassen. Alle grau gerasterten Bereiche verbinden eine Funktion mit der zugehörigen Klasse.

Wie aus der obigen Tabelle ersichtlich wird, verlangt die Klasse C bereits eine Regelung einzelner Räume. DurchKommuikation der Regler untereinander erreicht man die Klasse B, durch den Einsatz einer Bedarfsregelung (z. B. dem Einzelraumregler „Serval“ von Centraline) ist die Klasse A erreichbar. Für nicht vorhandene Einrichtungen (wenn z. B. keine Lüftungsanlage installiert ist), müssen auch keine Bewertungen eingerechnet werden. das gleiche gilt für Einrichtungen, die im Zusammenhang weniger wichtig sind, Hier kann der Planer nach eigenem Ermessen entscheiden.

Die komplette Tabelle 3 in der Norm zeigt alle Anforderungen an die Klasse C, die als Referenz für die Effizienzfaktoren herangezogen wird (diese Liste kann auch für die Mindestanforderungen in einem Projekt herangezogen werden).

Die Tabellen 1 und 2 stellen die Essenz der Norm dar: Die Effizienzfaktoren, nach thermischen und elektrischen Anwendungen getrennt.

Bei der Anwendung der EN 15232 auf Sanierungsprojekte mit bekanntem Energieverbrauch können dadurch die Einsparungen bei geplanten Investitionen leicht überschlagen werden:

Wenn ein Gebäudeeigner beispielsweise ein Bürogebäude von Effizienzklasse C auf Effizienzklasse A bringen läßt, beträgt die mit der Norm geschätzte Wärmeenergiereduzierung 30 % (Faktor 0,7), und die Stromverbrauchsreduzierung beträgt 13 % (Faktor 0,87).

Bei Heizkosten pro Saison von 10.000 € beträgt die Einsparung somit rund 3000 €/a, bei Stromkosten (incl. Kühlung) von 25.000 € beträgt die Einsparung etwa 3250 €/a.

Aber was bedeutet das für die Aktualisierung des BAC-Systems? Was muss der Installateur verbessern? Die zu ergänzenden Funktionen lassen sich aus Bild 3 entnehmen:

Raumautomation (Heizung/Kühlung):

Ersetzen von Thermostatventilen durch eine kommunizierende Einzelraumregelung, die ihren Bedarf an die Energieerzeuger weitergibt, z.B. „Serval“ von Centraline in Verbindung mit CentraLine-„Lion“ oder -„Tiger“.

Anlagenautomation (Erzeugung und Verteilung von Heiz und Kühlenergie):

Der Energiebedarf der Verbraucher (Heizkreise) muss den Erzeugern (Kessel, Kühlanlagen) mitgeteilt werden. Implementierung von optimierter Start/Stopp-Funktionen, Einsatz von Pumpen mit variabler Drehzahl und Steuerung der Energieerzeugersequenz nach Wirkungsgrad.

Klimaanlage:

Stichworte hier sind lastabhängige Regelung, Außentemperaturkompensation, Enthalpieregelung und Feuchteregelung.

Beleuchtung:

Hier ist Augenmerk zu legen auf eine automatische Anwesenheitserkennung und eine automatische Beleuchtungsregelung.

Verbesserungen am TBM:

Erkennung von Fehlern im BACS, Überwachung des Energieverbrauchs und der Innenbedingungen.

 

Alle Funktionen sind über die Centraline-Engineeringsoftware „Coach“ verfügbar und per download im Regler vorhanden, sodass die Effizienzklasse A erreicht werden kann.

Bei vielen Renovierungen muss möglicherweise das vorhandene Gebäudeautomationssystem durch ein neues System ersetzt werden, das die oben beschriebenen zusätzlichen Funktionen bereitstellt. Für neue Gebäude sollte immer ein erweiterbares Gebäudeautomationssystem vorgesehen werden, so dass zukünftige Ergänzungen einfacher hinzugefügt werden können. Angesichts der gesamten Effizienzfaktoren bestehen maßgebliche Potentiale zur Energieeinsparung.

In Büros ­– wie in den obigen Beispielen gezeigt – beträgt die maximale Einsparung 30% durch die Reduzierung thermischer Energie. In anderen Situationen, wo die Klimatisierung eine größere Rolle spielt (beispielsweise in Hörsälen oder Supermärkten), sind die Einsparungen noch höher (bis zu 50 %), weil hier mit einer angepassten Luftqualitätsregelung der optimale Lastzustand exakt eingehalten werden kann.

 

Fazit

Die Anwendung von EN 15232 gestattet eine Abschätzung der durch BACS und TBM erzielbaren Energieeffizienz. Die vereinfachte Methode ersetzt keine präzisen Berechnungen, bietet aber einen guten Überblick, was von einer Aktualisierung des Regelungssystems zu erwarten ist; sie ermöglicht dem Benutzer und dem Gebäudeeigentümer, den vorliegenden Grad der Regelungseffizienz zu bewerten. Anhand der Effizienzfaktoren kann die Rentabilität berechnet werden, die ein Gebäudeeigentümer bei Investitionen in BACS-Aktualisierungen erwarten kann.

Die Vereinfachung deckt jedoch nicht alle Aspekte der Gebäudenutzung ab. Allgemeinere Eingabeparameter – wie beispielsweise frei wählbare Belegungszeiten, Raumflächen und der Prozentsatz der funktionalen Abdeckung in Bezug auf die Anzahl der Räume – wären wünschenswert.

Moderne Gebäudeautomationssysteme enthalten alle Funktionen, die für die Erzielung einer Klasse-A-Bewertung für das Gebäude erforderlich sind. Die Tabellen zeigen die enormen Potentiale der Sanierung und Aktualisierung von Systemen in bestehenden Gebäuden und die Vorteile in neuen Gebäuden.

Literatur: EN15232(2011-06) Neufassung in englischer Sprache


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