Rechenzentren effizient kühlen

Teil 2: Technische Umsetzungsbeispiele für Rechenzentren

Die Klimatisierungen von Rechenzentren stehen mehr denn je im Fokus für den energieeffizienten Betrieb solcher Einrichtungen. Meist müssen exakte Bedingungen in Bezug auf Temperatur und Luftfeuchte eingehalten werden, da Server entsprechend empfindlich sind und Ausfälle in Rechenzentren immer mit hohen Ausfallkosten, Vertragsstrafen und Imageschäden einhergehen können. Im zweiten und abschließenden Teil der Artikelserie werden technische Umsetzungsbeispiele für Rechenzentren aufgezeigt und erläutert.

Raumkühlung mit Klimaschrank über Doppelboden

Die Raumkühlung mittels Klimaschrank über einen Doppelboden kommt häufig zum Einsatz. Hier erfolgt die Kühlung über ein Umluftsystem. Bei diesem System wird ein Doppelboden von einem Präzisionsklimagerät (Klimaschrank) mit kalter Luft versorgt. Perforierte Bleche im Doppelboden führen die Kaltluft vor die 19“-Ebene, wo sie durch luftdurchlässige Türen in die Serverschränke gelangt. Nachdem die Kaltluft den Serverschrank durchströmt hat, tritt diese an der Rückseite des Schranks als Warmluft aus (Bild 1). Für einen ­optimalen Betrieb und die höchstmögliche Betriebskosteneinsparung ist es wichtig, dass das ΔT (Lufteintritt und Luftaustritt) der Klimageräte präzise und effizient an das ΔT Ihrer Serverschränke angepasst ist. Um eine sogenannte chaotische Luftführung zu vermeiden, wird die Warmluft anschließend über eine Einhausung oder über ein Luftkanalsystem, getrennt von der Kaltluft, zum Klimatisierungssystem zurückgeführt. Eine sorgfältige Trennung von Kalt- und Warmluft gehört heute zu den „Best Practices“ im Datacenter-Bereich und reduziert die Energiekosten für die RZ-Kühlung maßgeblich. Mängel in der Auslegung oder Parametrierung der RZ-Kühlung können sich selbst bei kleineren Serverräumen schon auf zusätzliche ­Energieausgaben von mehreren zehntausend Euro pro Jahr summieren.

Der Aufbau mit Doppelboden ist für kleine, mittlere und große Räume geeignet und lässt sich zum Teil in Abhängigkeit der Baugröße der Präzisionsklimaschränke auch für Großrechenzentren anwenden. Bedingt durch die unterschiedliche Größe der zu kühlenden Räume haben sich ergänzend dazu Lösungen mit Präzisionsklimaschränken bewährt, die skalierbar sind, in unterschiedlichen Baugrößen vorliegen und mit verschiedenen Kältesystemen betrieben werden. Je nach Anwendung und Projektanforderung existieren hierbei eine Vielzahl an unterschiedlichen Möglichkeiten und Kombinationen aus Innen- und Außengeräten. Angefangen beim einfachen luftgekühlten System, das nach dem Direktverdampfer-Prinzip arbeitet und die entstandene Wärmelast mittels Kältemittel zwischen Innengerät und Außengerät (Kondensator) abführt, bis zu sehr komplexen Freikühlsystemen, die hybrid aufgebaut sind, ist die Auswahl sehr groß. Darüber hinaus haben sich wassergekühlte Lösungen mit luftgekühlten Kaltwassersätzen (Bild 2) bewährt, die sich mittels Skalierung der Kaltwassersätze und auf die Leistung zugeschnittener Innengeräte mittlerweile für kleinere Rechenzentren eignen.

Um die Effizienz der Datacenter-Kühlung zu optimieren, existieren heute verschiedene Ansätze. Hohe Einsparpotenziale können dabei durch die Nutzung von freier Kühlung erreicht werden. Daneben tragen andere Faktoren wie die Luftführung zur Gesamteffizienz bei. Letztere kann mit dem AER-Wert (Airflow Efficiency Ratio) gemessen werden. Optimale EER-Werte (Energy Efficiency Ratio) lassen sich durch große Wärmetauscher- und Filterflächen erreichen. In den Geräten sind Kompressoren und Ventilatoren mit EC-Technologie zu verbauen. Im Bereich der Luftführung haben sich Gerätevarianten bewährt, bei denen sich die Ventilatoren der Klimaschränke im Doppelboden befinden und aufgrund nur minimal auftretender Turbulenzen und Luftrichtungswechsel sehr effizient laufen.

DX, Kaltwasser oder beides

Im Bereich der klassischen Klimaschränke, die für den Einbau in ein Rechenzentrum vorgesehen sind, haben sich inzwischen unterschiedliche Systemansätze und Baugrößen etabliert, da jedes Rechenzentrumsprojekt individuelle Anforderungen hat. Bei der Planung von Präzisionsklimaanlagen spielen Raumgröße, Redundanz, Betriebskosten, Schallemissionen, Verfügbarkeit und die geografische Lage eine wichtige Rolle.

Bei der DX-Kompressorkühlung nach dem Direktverdampfer-Prinzip besteht der Kältekreislauf aus Verdampfer, Expansionsventil, Scroll-Kompressor und externem luftgekühlten Kondensator. Klimagerät und externer Kondensator sind durch einen geschlossenen Kältemittelkreislauf miteinander verbunden (Bild 3).

Kaltwasser-Systeme (CW-Chilled Water) benötigen ohne eigenen Kältekreislauf eine separate Kaltwassererzeugung. Die Raumluft durchströmt den Direktkühler, der die Wärme an das Wasser-Glykol-Gemisch abgibt. Ein Kaltwassersatz mit mechanischem Kälteerzeuger entzieht dem Direktkühler die Wärme. Klimagerät und Kaltwassersatz sind durch einen geschlossenen Wasser-Glykol-Kreislauf miteinander verbunden (Bild 4).

Neben den zwei aufgeführten Grundsystemen gibt es auch unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten zwischen den Klimasystemen, z. B. ein hybrides Kältesystem, das ein Direkt-Verdampfer-System mit indirekter freier Kühlung kombiniert. Sobald die Außentemperaturen es zulassen, schaltet das System auf Sparbetrieb um. Dabei wird die Außenluft zur indirekten freien Kühlung genutzt (Bild 5).

Ventilatorpositionierung und Luftführung

Für die Luftführung im Klimaschrank gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Die effizienteste ist die Variante, dass der Klimaschank auf dem Doppelboden steht und die externe Ventilatoreinheit des Schranks im Doppelboden eingebaut ist. Dabei wird die Ventilatoreinheit unterhalb des Klimaschrankes im Doppelboden platziert.

Dadurch kann im Klimagerät bei gleicher Bauhöhe ein größerer Wärmeübertrager eingebaut werden, was die Kühlleistung pro Stellfläche erhöht. Erfolgt der Luftauslass in drei Richtungen (vorne/hinten/unten) ist ein besonders hoher Doppelboden notwendig (Bild 6).

Bei Standardversionen sind die Ventilatoren im Klimaschrank integriert. Aufgrund der dadurch limitierten Platzverhältnisse im Klimaschrank verfügen diese Versionen über kleinere Wärmeübertrager. Die Luftführung ist wählbar von oben nach unten (Downflow) oder von unten nach oben (Uplow). Bild 7 zeigt einen Klimaschrank mit Upflow-Luftführung und Luftansaug horizontal aus dem Raum.

Raumkühlung ohne Doppelboden

Großrechenzentren decken den Bedarf an sehr hohen Datenmengen für Cloud-Infrastruktur und BigData-Anwendungen. Dabei ist die Skalierbarkeit der Serverinfrastruktur und der bereitgestellten IT-Dienste entscheidend. Letztendlich geht es darum, eine steigende Nachfrage nach Speicherkapazitäten schnell, sicher und kostengünstig zu bedienen und das bei niedrigsten Gesamtbetriebskosten. Diese Aspekte wirken sich direkt auf die Klimalösungen dieser Rechenzentren aus. Air Handler zeichnen sich durch eine sehr hohe Modularität aus. Ausgestattet mit optionaler freier Kühlung und einem sehr hohen Grad an Customizing-Optionen bieten sich sehr viele Möglichkeiten, um ein Großrechenzentrum sicher und effizient mit Air Handling Units (AHU) zu klimatisieren (Bild 8). Sie erfüllen internationale Standards und sind für hohe Zu- und Rücklufttemperaturen innerhalb des empfohlenen Bereichs nach den ASHRAE-TC-9.9-Richtlinien konzipiert.

AHU zur Innen- und Außenaufstellung

Zum Einsatz kommen hier in erster Linie Kaltwasser beaufschlagte AHUs zur Innenaufstellung (Bild 9). Aufgrund der Bauweise ohne Doppelboden können z. B die Serverschränke höher gebaut und mit mehr Servern ausgestattet werden. Da der ganze Serverbereich direkt von den AHUs mit kalter Luft versorgt wird, stellt die gleichmäßige Verteilung der Kaltluft bei langen Reihen mit Serverracks dennoch eine Herausforderung dar. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung ist, dass durch die Innenaufstellung der gesamten Klimalösung keine Sichtbarkeit nach außen gegeben ist und sehr niedrige Schalldruckpegel entstehen. Insbesondere für Rechenzentren im urbanen Umfeld ist das ein entscheidender Faktor.

Ergänzend zu der Innenaufstellung gibt es auch AHUs zur Außenaufstellung, die sich auf dem Dach oder neben dem Rechenzentrum platzieren lassen (Bild 10). Ausführung mit adiabater Kühlung ist möglich; sie eignen sich besonders für Rechenzentren ohne Platzeinschränkungen.

Einhausungen (Warm-/Kaltgang) mit Reihenklimageräten

Eine Kühlung von Serverschränken, die nach dem Prinzip der Warmgang-/Kaltgangeinhausung aufgebaut sind, kann mit unterschiedlichen Verfahren wie etwa klassischen Präzisionsklimaschränken oder Air Handlern klimatisiert werden. Letztendlich ist die Einhausung eine bauliche Maßnahme, die sich in unterschiedlichsten Rechenzentren realisieren lässt und unabhängig von der Klimalösung betrachtet wird.

Um die Vielfalt der Klimatisierungsmöglichkeiten aufzuzeigen, lohnt sich eine Betrachtung darüber, wie eine Warmgang-/Kaltgang-/Raum-Klimatisierung mit Reihenklimageräten umgesetzt werden kann. Statt der Integration eines Doppelbodens werden zwischen den Racks einer Schrankreihe mehrere Stand-Alone-Klimageräte aufgestellt. Diese führen die Kaltluft via Luftleitblech horizontal vor die Racks, wo sie durch perforierte Fronttüren angesaugt und durch die Serverhardware geführt wird. Die erwärmte Abluft wird dann durch perforierte Rücktüren abgegeben, von den Klimageräten angesaugt und anschließend wieder heruntergekühlt. Die Technologie arbeitet genauso präzise wie klassische Umluftklimasysteme. Zudem steigt auf diese Weise die Effizienz der Kälteerzeugung, da die Kaltluft auf kürzestem Weg zum Rack geführt wird, sodass nur eine geringe Menge an Kühlleistung verloren geht.

Der größte Vorteil der Einhausung mit Reihenkühlern liegt in ihrer Flexibilität. Das System ist skalierbar und für kleine, mittlere und große Räume geeignet. Außerdem ist es unabhängig von Doppelböden und kann als Einhausung auch nachträglich als Ergänzung in ein bestehendes Rechenzentrum eingebaut werden, z. B. für eine Kühlung von Bereichen mit sehr hohen Wärmelasten.

Bei der Kaltgangeinhausung (Bild 11) werden Seitenkühl-Einheiten mit einer Luftführung nach vorn eingesetzt. Die Klimageräte kühlen nicht mehr die benachbarten Racks, sondern den gesamten Kaltgang. Für eine optimale Versorgung mit kalter Luft werden die Geräte versetzt zueinander aufgestellt. Mithilfe der Einhausung wird die Durchmischung der Luftströme vollständig unterbunden und ein effizienter Betrieb sichergestellt.

Bei der Warmgangeinhausung (Bild 12) werden Seitenkühler mit seitlicher Luftführung eingesetzt (Bild 13). Durch das seitliche Ausblasen der kalten Luft wird eine gleichmäßige Verteilung über die ganze Länge des Ganges sichergestellt und mittels Einhausung werden die kalte und warme Luft räumlich voneinander getrennt. Die Durchmischung der Luftströme wird vollständig unterbunden, was die Effizienz der Rack-Kühlung weiter steigert.

Fazit

Neben der Einhaltung einer hohen Betriebssicherheit, welche über fünf Verfügbarkeitsklassen definiert wird, ist der effiziente Betrieb ein absolutes Muss. Aufgrund sich ständig weiter entwickelnden Servertechnologien mit hohen Rücklufttemperaturen kann auf eine stromintensive Kompressorkühlung immer öfter im Jahr verzichtet werden. Wenn zudem das Abwärmepotenzial sinnvoll genutzt werden kann, z. B. als Wärmequelle für Großwärmepumpen zur Quartiersheizung, dann lassen sich die Energieverbräuche stark reduzieren.

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