Koordination modellbasierter Befestigungstechnik

Integrierte Planung in frühen Leistungsphasen

Üblicherweise wird die Befestigungstechnik erst spät in der Bauplanung berücksichtigt. Eine frühzeitige Integration in die Planungsphase hingegen kann die Hängerplanung zu einem gleichberechtigten Gewerk im Bauprozess machen. Durch den Einsatz der BIM-Methodik sollen Kollisionen frühzeitig erkannt, Materialbedarf präzise kalkuliert und die Zusammen­arbeit zwischen den Gewerken optimiert werden.

Eine konventionelle Bauplanung sieht die Befestigungstechnik erst in der Leistungsphase (LP) 8 vor. Auch in der BIM-Planung wurde die Hängerplanung lange Zeit vernachlässigt. Einzelne Gewerke brachten ihre Bedarfe jeweils zu einem relativ späten Zeitpunkt ein, wodurch sie teils mit denen anderer Gewerke kollidierten. Die Folgen waren ein hoher Materialausschuss durch starken Verschnitt und schlechte Planbarkeit. Es ergab sich neben dem zeitlichen und finanziellen Aufwand auch ein uneinheitliches Bild bei der baulichen Umsetzung.

Mit Blick auf Effizienz, Präzision und Kosteneffektivität wird die Befestigungstechnik mittlerweile vermehrt in den früheren Phasen LP3 (Entwurfsplanung) und LP5 (Ausführungsplanung) integriert. Die Berücksichtigung in diesen Planungsphasen kommt einem Paradigmenwechsel gleich: Die Hängerplanung soll dadurch zu einem gleichberechtigten Gewerk neben den anderen Disziplinen im Bauprozess werden. Das Ziel ist dabei eine ganzheitliche, integrierte Planung, die allgemeine Lösungen für das gesamte Bauprojekt findet, anstelle fachspezifischer partieller Sonderlösungen für einzelne Bauabschnitte.

Vorgehen modellbasierter Befestigungsplanung

In der modellbasierten Hängerplanung nach der BIM-Methodik erstellt der TGA-Ingenieur in „Revit“ ein eigenes 3D-Fachmodell. Dieses basiert auf dem Architektur-Mastermodell (samt Ebenenstruktur, Georeferenzierung und Raster) und wird mit anderen Fachmodellen verknüpft sowie auf Kollisionen überprüft. Anhand von Grundriss und Schnitt konstruiert der Ingenieur die Befestigungstechnik mittels ladbarer „Revit“-Familien verschiedener Hersteller. Hierfür stellen diese vereinzelt Plug-ins zur direkten Integration bereit. Weitere Module unterstützen dabei, Befestigungslösungen für Trassen zu entwickeln und diese – bei gleichen räumlichen Voraussetzungen – entsprechend zu kopieren sowie automatisierte Bauteillisten dieser Befestigungslösungen zu erzeugen.

Früherkennung von Fehlerquellen

Die frühzeitige Fehlererkennung ist einer der entscheidenden Vorteile modellbasierter Befestigungstechnik. Potenzielle Probleme, die im späteren Verlauf zu Verzögerungen führen könnten, werden bereits in der Entwurfs- und Ausführungsplanung am Modell identifiziert und behoben. Durch die frühe Integration des Gewerks Befestigungstechnik in den Koordinationsprozess können qualitativ bessere und allgemeinere Befestigungslösungen gefunden werden. Indem die verschiedenen Gewerke mögliche Konflikte frühzeitig erkennen und lösen, verhindern sie zeitaufwändige und kostspielige Planungsnachbesserungen während der Bauausführung.

Dementsprechend ermöglicht diese präzise Art der Planung, dass TGA-Ingenieure den genauen Materialbedarf für die Befestigungssysteme bestimmen können. Bestellungen werden effizienter und kostengünstiger, da nur die tatsächlich benötig­ten Materialien an die Baustelle geliefert werden. Wo bei der Fertigung sonst Verschnitt anfiel, werden Materialien aufgrund der im Modell verfügbaren Informationen exakt zugeschnitten, was nicht nur das Budget, sondern auch die Umwelt entlastet.

Koordiniertes Vorgehen der Gewerke

Die Visualisierung potenzieller Problembereiche im Modell erleichtert gleichzeitig die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten und einen problembefreiten Ablauf des Bauprojekts. Die für die Befestigungstechnik zuständigen Ingenieure tauschen sich bereits ab LP3 mit den anderen Gewerken aus und können so verbessert Einfluss auf das Projekt nehmen. In den Kollisionsprüfungen können Arbeitsabläufe optimiert und Missverständnisse sowie Engpässe vermieden werden. So trägt die gemeinsame Planung zu einer besseren Zusammenarbeit bei.

Eine frühzeitige Hängerplanung kann auch die Logistikplanung und die Qualität der späteren Bauausführung maßgeblich beeinflussen. Modellbasierte Vormontage ermöglicht eine schnelle sowie präzise Montage auf der Baustelle und BIM-basierte Bohrpunkte stellen die Weichen für automatisierte Montageprozesse durch Bauroboter. Zudem unterstützt eine QR-Codierung von Bauteilen deren Verortung und Nachverfolgung auf der Baustelle.

Transparenz und Kostensicherheit

Die genaue Erfassung von Bedarfen im Modell führt auch im weiteren Sinne dazu, dass Kosten präzise kalkuliert werden. Über das Modell kann jederzeit eine detaillierte Massenberechnung vorgenommen werden. Dies erlaubt eine frühzeitige Kostenkalkulation und transparente Budgetplanung. Bei Abweichungen vom geplanten Etat können rechtzeitig Anpassungen vorgenommen werden, um das Projekt im finanziellen Rahmen zu halten. So erhalten Auftraggeber eine verlässliche Grundlage für ihre Investitionsentscheidungen.

Fazit

Die Integration modellbasierter Befestigungstechnik in den LP3 und LP5 stellt einen entscheidenden Fortschritt in der Planung und eine bessere Koordinierung der TGA dar. Die Mehrwerte in Form von Fehlerreduktion, effizienteren Arbeitsabläufen und verbesserter Kostenkontrolle machen sich bis in die Bauausführung bemerkbar und verbessern nachhaltig den gesamten Bauprozess.

Umsetzung bei der Bayer AG

Die Formitas AG erprobte die Vorgehensweise der integrierten und frühzeitigen Hängerplanung zum ersten Mal beim Neubau eines Laborgebäudes der Bayer AG. Hierbei wurde die Befestigungstechnik in einer früheren LP mit eigenständigem Fachmodell in „Revit“ konstruiert und in den Kollisionsprüfungsprozess eingebunden. Der einheitliche Planungsansatz erleichterte laut Formitas die Zusammenarbeit der Gewerke und führte zu optimierten Arbeitsprozessen, was die Gesamtkosten gesenkt hatte und das gesamte Bauprojekt kohärenter werden ließ. Im Bayer-Projekt beschränkte sich die Modellierung noch auf die Schaukeln. Mittlerweile werden auch Schellen mitbetrachtet und in der Kollisionsprüfung als weiche Kollisionen berücksichtigt. Seitdem ist die Befestigungstechnik bei den BIM-Projekten der Formitas AG nach eigenen Angaben Bestandteil modellbasierter Planung.

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