Industrialisierung im Bauwesen

TGA-Planung und Ausführung modularer Bauweise

Bauteile, Statik, Brand- und Schallschutz – bereits in Laboren geprüft, gemessen und belegt. Durch die Nutzung industriell vorgefertigter Baugruppen können TGA-Ingenieure Haftungsrisiken verringern und die Planung sowie die Ausführung effizienter gestalten. Zwei Praxisbeispiele zeigen, wie modulare Versorgungsschächte und Installationswände in Bauprojekten eingesetzt werden.

Auch wenn die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des modularen Bauens in der TGA-Branche von der Mehrheit der Ingenieure und Fachplaner anerkannt ist, setzt der Großteil der Branche weiterhin auf die klassische „Engineer-to-order“-Methode: Der Fachmann trägt dabei hunderte von TGA-Bauteilen für jedes Gebäude individuell zusammen,  befindet persönlich haftend über deren jeweilige Eignung und Verwendbarkeit und muss anschließend darauf setzen, dass Planung und die finale Ausführung zu einem abnahmefähigen Gesamtresultat führen. Dabei kann es schnell passieren, dass z. B. bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses (LV) der Textbaustein einer Brandschutzmanschette aus einem älteren LV kopiert wird, ohne die Gültigkeit des zugehörigen Verwendbarkeitsnachweises zum Zeitpunkt des Einbaus zu prüfen.

Dem gegenüber steht die „Adapt-to-order“-Methode: Diese soll dem Ingenieur nicht nur die Arbeit erleichtern, sondern ihn zugleich absichern. Aus einem Baukastensatz geprüfter und zugelassener Baugruppen werden geeignete Module individuell angepasst, industriell gefertigt und müssen im letzten Schritt auf der Baustelle lediglich aufgestellt und montiert werden. Demnach ist es eine ‚Installationswand am Stück‘ von einem gewährleistenden Hersteller und Ansprechpartner. Folgende Mehrwerte können sich mit der Methode ergeben:

Verwendbarkeit der Bauteile: In Laboren geprüft, gemessen und belegt.

Kostenschätzung: Einfach und valide, weil bereits hundert- oder tausendfach gebaut.

Leistungsverzeichnisse: Wenige Posi­tionen mit evtl. einem Dutzend Modulen, die vollumfänglich beschrieben sind.

Abnahme: Gebaut wie geplant, genehmigt und geprüft.

Umsetzung anhand zweier Praxis­beispiele

Der im Geschosswohnungsbau typische Versorgungsschacht mit angesetzter, halbhoher Vorwand vor einer Massiv- oder Trockenbauwand ist ein übliches Einsatzgebiet. Die Basis bildet hier eine statisch, schalltechnisch und brandschutztechnisch geprüfte Gesamtbaugruppe mit allen erforderlichen Einbauten und Rohrleitungen. Der TGA-Ingenieur muss demnach nicht die Verwendbarkeit einzelner Bauteile in ihrer jeweiligen Kombination prüfen, denn die Verwendbarkeit erstreckt sich über den gesamten Installationsschacht und die teilhohe Vorwand – so wie sie vom Systemhersteller ab Werk geliefert wird. Neben den räumlichen Abmessungen und der Position der Einrichtungsgegenstände sind prinzipiell nur die medienführenden Rohrleitungen im Schacht vom Ingenieur festzulegen. Alle Anforderungen an Verwendbarkeit, Statik, Schall- und Brandschutz werden hingegen im Paket durch den Systemhersteller erfüllt. Eine entsprechende Dokumentation erleichtert Konzeption, Genehmigung und Abnahme. Da die jeweilige individuelle Adaption nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtkosten eines Moduls hat, kann der Modulbau bereits zu einem frühen Zeitpunkt mit wenig Aufwand eine valide Kostenschätzung ermöglichen.

Eine weitere modulare Variante ist der in vielen Hotelbauten und Mikroapartments typische Anwendungsfall der gegenüberliegenden Bäder oder einer angrenzenden Küchenzeile. Hier bietet der Modulbau eine Installationswand als Trennwand, in der die gemeinsamen Steig- und Fallleitungen sowie die jeweiligen Sanitärmodule integriert sind. Die eigentliche Trennwand in Trocken- oder Massivbau entfällt dabei. Bei dieser geprüften Bauart wird der vertikale und horizontale Brandschutz durch eine Verfüllung mit mineralischer Einblasdämmung erreicht. Eine Deckenschottung erfordert nicht nur Sorgfalt in der Planung, sondern auch eine hohe Akkuratesse in der Ausführung. Je enger und voller der Schacht, desto erwartbarer sind Ausführungsmängel. Bei der Einblasdämmtechnik sorgt eine hohlraumfreie und nicht brennbare Dämmung dafür, dass es zu keiner Übertragung von Feuer und Rauch kommen kann. In der Praxis werden die Installationswände zunächst je nach Schall- und Brandschutzanforderung mit Gipskarton beplankt. Ein zertifiziertes Fachunternehmen bläst anschließend durch temporäre Einblasöffnungen Steinwolle mit einem Schmelzgrad von mehr als 1000 °C und einer Rohdichte von 80 bis 120 kg je m3 ein. Die gesamte Konstruktion wird dabei vollständig hohlraumfrei verfüllt.

Fazit

Beim modularen Bauen liegen die Vorteile und Mehrwerte nicht nur im qualitativen und beschleunigten Prozess auf der Baustelle, sondern auch in der Planung. Der Einsatz von industriell vorgefertigten Baugruppen verringert das Haftungsrisiko bei der Frage der Verwendbarkeit und reduziert Fragen zu Planung, Genehmigung, Ausführung sowie zur Gewährleistung auf einen verantwortlichen Ansprechpartner.

Vorzüge der Einblasdämmtechnik

• Wegfall der Brandabschottungen an brennbaren und nicht brennbaren Leitungen

• Wegfall der Brandabschottungen an Elektroleitungen und -bündeln

• Wegfall der Koordination der verschiedenen Gewerke bei den Brandschutzmaßnahmen

• Wegfall des Deckenverschlusses

• Ein verantwortliches Unternehmen für den gesamten Brandschutz im Installationsschacht

• Mögliche Einsparungen von bis zu 30 % gegenüber klassischen Brandschutz- und Dämm-Maßnahmen

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