Unternehmensnachfolge

Gedanken – Erfahrungen – Anregungen

Der demographische Wandel und der Bedarf an Fachkräften ist heute in der Gesellschaft ein allgegenwärtiges Thema. Besondere Bedeutung hat es auch für klein- und mittelständische Unternehmer. Es gibt heute einen hohen Bedarf an Fachkräften, der nur unzureichend gedeckt werden kann; Unternehmen erwerben Strukturen (kleinere Firmen) und integrieren sie in das eigene Unternehmen. Diese und andere Entwicklungen haben derzeit eine hohe Dynamik, aber es ist längst nicht selbstverständlich, dass man auf Anhieb den richtigen Kontakt trifft und damit den erfolgreichen Unternehmensübergang einleiten kann.

Viele Jahre im eigenen Unternehmen haben oft diejenigen geprägt, die sich aus Altersgründen von ihrem Unternehmen trennen wollen. Der wirtschaftliche Erfolg über Jahre und Jahrzehnte hat die Persönlichkeiten, das Handeln und letztlich auch das Unternehmen gekennzeichnet. Oft besteht der Wunsch, das Unternehmen in „gute Hände“ zu geben und den Mitarbeitern weiterhin einen Arbeitsplatz zu sichern. Gute und stabile Kundenbeziehungen sollen weitergeführt werden.

Mit der Beziehung zu seinem Unternehmen verbindet nahezu jeder Unternehmer beim Verkauf auch bestimmte Wert-/Preisvorstellungen, die jedoch nicht immer mit den Vorstellungen potentieller Erwerber korrespondieren. Diese Diskrepanz kann man jedoch verringern bzw. beseitigen, wenn man versucht, die Sicht des anderen – des Käufers – einzunehmen.

Die Methoden und Formen der Unternehmensführung ändern sich im Laufe der Jahre. Doch: Nicht alles was alt ist, ist schlecht und nicht alles, was neu ist, ist gut. Bei zahlreichen Unternehmern hat sich aufgrund der Erfahrungen vieler Jahre ein „Bauchgefühl“ für die richtigen Entscheidungen entwickelt.

Diesem Bauchgefühl sollte man auch bei der Verkaufsentscheidung für das eigene Unternehmen folgen und es an den heute geltenden Kriterien der Betriebswirtschaft und Unternehmensführung orientieren. Dies erleichtert möglichen Erwerbern auch die Entscheidung für einen Einstieg in das zu übergebende Unternehmen.

Dennoch entstehen zahlreiche Fragen, die sich auch mit einem guten Bauchgefühl nicht immer umfassend beantworten lassen. Die Praxis zeigt, dass die Unternehmensnachfolge in Planungsbüros oder ausführenden Firmen oft nicht einfach zu lösen ist. Es beginnt meist mit der Frage nach der grundsätzlichen Lösung für die Nachfolge:

- intern – aus der Familie, dem Kreis der Mitarbeiter,
- extern – Verkauf an einen/mehrere Erwerber oder Integration in ein bestehendes Unternehmen – oder
- Schließung der Firma als ultima ratio.


Für die weiteren Schritte braucht es ein Konzept, um die richtigen Fragen zustellen – für einen guten, erfolgreichen Übergang!

 

Welche Fragen müssen gestellt und wie sollten Sie beantwortet werden?

Mit den ersten ernsthaften Überlegungen zum Ausstieg aus dem Unternehmen wird ein Prozess in Gang gesetzt, bei dem der Unternehmer eine individuell, auf seine persönlichen Belange zugeschnittene Lösung finden sollte.

Die Übergabe der eigenen Firma im Sinne der Unternehmensnachfolge ist für die meisten Inhaber ein einmaliger Vorgang. Eigene Erfahrungen resultieren vielleicht aus der Übernahme der Firma vor vielen Jahren, selten aber aus einem Verkauf. Die Rahmenbedingungen für die Finanzierung, der Erhalt von Krediten bei Banken oder die Bewertung der Liquidität von potentiellen Erwerbern haben im Laufe der Jahre erhebliche Veränderungen erfahren.

Deshalb kann es sinnvoll sein, die eigenen Vorstellungen und Entscheidungen mit einem oder mehreren externen Partnern (Berater, Coach, Anwalt) zu diskutieren. Dabei können bei den Beteiligten die Lebenserfahrung und eigene Sachkenntnis sehr hilfreich sein. Die Entscheidungen darüber trifft aber der Unternehmer letztlich selbst.

Vorbereitung auf die Übergabe – warum?

Bevor der Einstieg in den Übergangsprozess beginnt, sollte sich der Unternehmer eine wichtige Frage stellen: Ist mein Unternehmen „übergabewürdig“? Eine einfache Frage mit einer oft diffusen Antwort. Dabei gilt eine alte These: „Der Wert eines Unternehmens steigt mit der Entbehrlichkeit des Chefs!“

Hierbei wird oft deutlich, dass insbesondere kleine und kleinste Unternehmen Probleme haben, die Ersetzbarkeit des Chefs in der Praxis zu realisieren. Das heißt, der Unternehmer sollte sich weitere Fragen stellen, wie z.B.:

Wie bzw. unter welchen Bedingungen kann das Unternehmen „ohne mich“ weiter bestehen?
Sind Mitarbeiter heute schon in der Lage bestimmte Führungsaufgaben des Unternehmers zu erfüllen?
Welche Strukturen und Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit das Unternehmen für einen „Übernehmer“ interessant ist?
Welche Entscheidungen beim Personal sind damit verbunden?
Wie viel Zeit ist erforderlich, bis der gewünschte Erfolg eintreten kann?
Sind die Abläufe und Prozesse im Unternehmen transparent und nachvollziehbar?
Welche Dokumentationen stehen zur Verfügung bzw. sollten erarbeitet werden?

Mit diesen und anderen Fragen sollte man sich befassen, bevor man ernsthaft mit Interessenten ins Gespräch kommen und einen angemessenen Kaufpreis erzielen will. Mancher nennt es „die Braut hübsch machen“. Doch genauer betrachtet, sind die o.g. Kriterien in vielen Unternehmen heute nahezu selbstverständlich und bilden den Standard für die Firmenkultur und damit die Grundlage für eine erfolgreiche Integration von „neuen, übernommenen Strukturen“ in Unternehmen, die wachsen wollen.

Diese Sicht einzunehmen und die Erwartungen von Käufern zu simulieren, fällt den Unternehmern ohne fremde Hilfe erfahrungsgemäß nicht leicht. Gespräche darüber mit anderen, in der Sache kompetenten, vertrauenswürdigen Menschen können helfen, die eigene Einschätzung zu reflektieren. Es ist für den Unternehmer also sinnvoll, sich nicht erst mit der Umsetzung der „Verkaufsabsicht“, des zeitlichen „Ausstiegsplanes“ und mit den damit verbundenen Fragen zu befassen, sondern bereits deutlich vorher.

 

Was ist zu tun? Was sollte man wissen?

Zunächst gilt es, Informationen über das Unternehmen zusammenzustellen, um mit Interessenten ins Gespräch zu kommen. Dazu gehören aktuelle Daten und Informationen aus der Entwicklung des Unternehmens, wie:

Bewertung des Unternehmens mit einer Bestandsaufnahme der Unternehmensdaten und Fakten, wie
Produkte, Leistungen,
Kaufpreis, Wert,
Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter,
Kunden,
Kooperationspartner,
laufende und zukünftige Projekte,
Haftung für Alt-Projekte,
laufende Verpflichtungen (Verträge über Lieferungen und Leistungen),
Büroräume, Liegenschaften, Anlagevermögen.
Entwicklung der persönlichen Vorstellungen des Unternehmers zur Übergabe/Übernahme,
aktive Suche nach geeigneten Bewerbern,
Konzeption des Verkäufers für Gespräche und Verhandlungen mit Bewerbern,
Vorbereitung der Kaufabsichtsvereinbarungen,
Finanzierung und Zahlung des Kaufpreises.

Damit wird ein Prozess in Gang gesetzt, der Zeit braucht – für Vorbereitung und Durchführung kann dieser bis zu zwei oder auch drei Jahren dauern. Es werden Pläne und Vorstellungen konkretisiert, geändert oder komplett verworfen. Auch neue Gedanken können entwickelt werden.

Rechtliche, insbesondere steuerrechtliche Fragen sind detailliert zu diskutieren, um Nachteile für Verkäufer und Erwerber zu vermeiden. Verträge sind zu erarbeiten und abzuschließen.

Welche Maßstäbe sollten für den Übergang gelten?

Die Regelungen sollten für Verkäufer und Nachfolger gleichermaßen fair sein, denn ein Geschäft ist dann gut, wenn nicht nur ein Beteiligter daran Freude hat!
Der Erwerber muss – einfach betriebswirtschaftlich betrachtet – den Kaufpreis letztlich aus den Gewinnen des erworbenen Unternehmens refinanzieren. Der Zeitraum der Refinanzierung des Kaufpreises sollte in angemessenem Verhältnis liegen.
Der Verkäufer sollte den Erwerber eine Zeit lang bei Kunden und laufenden Projekten begleiten und damit zu einem erfolgreichen Übergang beitragen.
Der rechtzeitige Beginn sichert die zeitlichen Ziele des Verkäufers.

Sicherlich können an dieser Stelle die tatsächlich zu lösenden Fragen nur skizziert, nicht diskutiert und schon gar nicht umfassend dargestellt werden. Es macht aber Sinn, dass sich ältere Unternehmer rechtzeitig mit diesen Fragen befassen.

Genauso wichtig ist aber, dass junge Menschen mit Sinn für Unternehmertum den Mut haben, eine Unternehmensnachfolge anzustreben.

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