Optimierte Trinkwasserhygiene

Planungshinweise für Nassräume in Gesundheitseinrichtungen

In Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen werden hohe Anforderungen an die Trinkwasserhygiene gestellt. Schließlich könnten Krankheitserreger über das Trinkwasser zentral verteilt werden und vor allem bei prädisponierten Personen schwere Erkrankungen auslösen. Nachfolgend sechs Hotspots und zugehörige Maßnahmen zur Optimierung der Hygiene in Nasszellen.

Das primäre Ziel des Fachbereichs Krankenhaushygiene besteht in der Verhinderung sogenannter nosokomialer Infektionen (Krankenhausinfektionen). Im Jahr 1976 kam erstmals die „Richtlinie des Bundesgesundheitsamtes zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen“ heraus, welche seitdem vom Robert-Koch-Institut, Berlin (RKI), geführt und herausgegeben wird. In den RKI-Richtlinien finden sich daher zum Teil auch weitergehende Anforderungen an Trinkwasser-Installationen und Sanitärräume als im Technischen Regelwerk der Reihen DIN EN 806, DIN 1988 und DIN EN 1717, so z. B. bei der Bauart von Waschtischen.

Thema 1: Schlauchbrausen im nicht-häuslichen Bereich

Hinter diesem etwas sperrigen Normbegriff verbirgt sich die wahrscheinlich häufigste Abweichung zwischen dem Regelwerk und der Praxis innerhalb der TGA-Branche. Gemäß DIN 1988-100, Tabelle 1, Zeile 47 (Bild 1) sind keine Schlauchbrausen in „nicht-häuslichen Bereichen“, z. B. in Krankenhäusern und Altenheimen, vorgesehen, die direkt an die Trinkwasser-Installation angeschlossen sind. Sie dürfen nur über einen freien Auslauf vom Typ AA, AB oder AD bzw. einen Rohrunterbrecher vom Typ DC, also nur über eine „echte“ Unterbrechung mit der Trinkwasser-Installation verbunden werden. Dies ist absolut praxisfern. Doch die dahinterstehende Besorgnis des Regelwerksetzers ist nachvollziehbar. Er befürchtet, dass eine Schlauchbrause im Rahmen von Nutzung oder Reinigung unter die max. Rückstauhöhe von Dusch- oder Badewannenwasser geraten kann. Käme es in solch einem Fall zu einem Unterdruck im System, würde das kontaminierte Wasser der Dusch-/Badewanne (höchste Kategorie 5, gemäß DIN EN 1717) über die Schlauchbrause in die Trinkwasser-Installation gesaugt. Dagegen helfen nur eine der vier genannten Sicherungseinrichtungen, aber keine einfachen Rückflussverhinderer.

Doch es geht auch einfacher und kostengünstiger, ohne Verletzung der Schutzziele der DIN 1988-100. Dazu benötigt man lediglich einen so kurzen Brauseschlauch, dass der Duschkopf mindestens 20 mm in senkrechter Höhe über der max. Rückstauhöhe der Wanne zum „hängen“ kommt (Bild 2, Buchstabe „H“). Doch jetzt entsteht ein anderes Problem, auf das Herr Prof. Dr. med. Steffen Engelhart, Leiter der Stabsstelle für Krankenhaushygiene, UKB Bonn, aufmerksam gemacht hat: Das Pflegepersonal akzeptiert so kurze Schläuche teilweise nicht, da sie unter Umständen keine umfassende Patientenpflege ermöglichen.

Doch auch hierfür gibt es eine Lösung: Der Brauseschlauch von 1,60 m Länge muss mindestens 162 cm zuzüglich der Länge des Brausekopfes oberhalb der max. Rückstauhöhe der Wannen angeschlossen werden.

Dies bedarf bei einer Unterputzarmatur einen höheren Schlauanschlusspunkt. Konkret würde dazu die Leitung ca. 52 cm, zuzüglich Länge des Brausekopfes, nach oben verlegt werden müssen (Höhe der Duscharmatur: 120 cm, Rückstauhöhe Duschwanne: 10 cm) und mit einem wandbündigen Anschlusswinkel zum Anschluss des Brauseschlauches versehen. Analog würde man bei einer Aufputzarmatur verfahren, die es auch mit Abgang nach oben inkl. Verrohrung gibt (Bild 2, Buchstabe A) – z. B. aus der Vitus Serie von Schell. Damit sind solchermaßen angeschlossene Handbrausen auch in nicht-öffentlichen Bereichen konform mit den Schutzzielen der DIN EN 1717 und DIN 1988-100. Ein weiterer Vorteil aus Sicht des Pflegepersonals besteht darin, dass die so angeschlossenen Schlauchbrausen während der Pflege nicht mehr auf die Füße von Patienten fallen und so keine Verletzungen verursachen können.

Thema 2: Entleerung von Schlauchbrausen?

Diese Frage wird seit zwei Jahrzehnten immer wieder gestellt und leider auch häufig falsch beantwortet, obwohl sie durch ­Untersuchungen an mindestens zwei Hygiene-Instituten (Innsbruck und Gelsenkirchen) genauso lange und eindeutig geklärt ist und mit mikrobiologischem Hintergrund auch nachvollzogen werden kann: Geraten Bakterien unter Stress, bilden sie verstärkt Biofilm. Darin sind sie nicht nur einige Zeit gegen Austrocknung, sondern bekanntermaßen auch gegen Desinfektionsmittel weitgehend geschützt. In Experimentalstudien wiesen temporär entleerte Brauseschläuche im Vergleich mit wassergefüllten eine deutlich erhöhte, biofilm-assoziierte Bakterienbelastung auf, die „eine erheblich höhere Infektionsgefährdung … zur Folge hatte“ (Prof. Dr. Tiefenbrunner, Innsbruck). Daher gibt es aus hygienischen Gründen die eindeutige Empfehlung, auf Einrichtungen zur selbstständigen Entleerung von Schlauchbrausen zu verzichten.

Thema 3: Waschtisch ohne Überlauf und ohne Geruchverschluss

Bekanntermaßen sollen Waschtische in Pflegeeinrichtungen gemäß RKI-Richtlinien ohne Überlauf installiert werden, da Überläufe von Bakterien und Pilzen besiedelt und kaum gereinigt werden können. Wenn jedoch kein Überlauf ­vorhanden ist, darf auch der Ablauf nicht verschließbar sein, um ein Überlaufen zu vermeiden. Daher werden oftmals offene Siebabläufe installiert.

Auf diesen offenen Ablauf darf gemäß RKI nicht der Wasserstrahl treffen. Sonst würden Bakterien aus dem Ablauf aufgewirbelt und an die Hände der Nutzer gelangen können. Nachgewiesen ist auch, dass sie dann über den Strahlregler sogar die Trinkwasser-Installation erreichen können, wenn diese über einen langen Zeitraum keinen bestimmungsgemäßen Betrieb aufweisen. Bei Missachtung dieser Regel kann es zu schweren Infektionen kommen. Ein erschreckendes Beispiel dazu: Vor wenigen Jahren wurde in einem Krankenzimmer, in dem zwei Patienten verstorben waren, bei beiden Personen dieselben Bakterien nachgewiesen, wie Proben aus dem Geruchsverschluss. Um den Aufprallpunkt auf einen offenen Ablauf kostengünstig zu verändern, reicht oftmals der Wechsel auf einen anderen Strahlregler aus, oder, etwas teurer, auf eine andere Armaturen-Auslauflänge (Bild 3).

Thema 4: Spülungen des Geruchsverschlusses

Auf ein weiteres Problem im Bereich des ­Geruchverschlusses machte ebenfalls Prof. Dr. med. Engelhart aufmerksam: Neben den üblichen Belastungen werden z. B. auch Reste von Ernährungslösungen auf Kinderstationen oftmals über den Waschtisch entsorgt. Da das Personal zumeist unter Zeitdruck steht, läuft die Armatur nur so lange, bis die Keramik sauber ist. Doch zu diesem Zeitpunkt befinden sich noch Rückstände im Sperrwasser, die dort später zu gären beginnen können. Um dies zu verhindern, werden in definierten Risikobereichen von Krankenhäusern entweder periodisch Desinfektionsmittel in die Geruchverschlüsse injiziert oder, noch wirkungsvoller, das Wasser im Geruchverschluss wird elektrisch erhitzt. Eine wirkungsvolle Unterstützung dieser Desinfektions-Maßnahmen sind Armaturen, die über eine einstellbare Nachlaufzeit verfügen und damit auch dann noch Wasser abgeben, wenn der Nutzer bereits den Waschbereich verlassen hat. Sie spülen dann eigenständig den Geruchverschluss frei von Rückständen (Bild 3). Dadurch können sie unter Umständen ganz oder teilweise weitergehende Desinfektionsmaßnahmen ersetzen. Eine definierte „Nachlaufzeit“ von beispielsweise 30 Sekunden = 2,5 Liter könnte den Inhalt des Geruchsverschlusses mehrfach austauschen und ihn weitgehend „seifen- und essensrestefrei“ machen.

Thema 5: Vergleich Druckspüler – Spülkasten

Spülkästen haben den Vorteil, dass sie an Leitungen mit DN 12 angeschlossen werden können. Druckspüler benötigen jedoch mindestens eine Leitung DN 20. Doch bei Leitungen mit mindestens DN 20 haben Druckspüler auch hygienische Vorteile: Sie bringen eine viel höhere Spülgeschwindigkeit in die Leitungen und verhindern dort Ablagerungen. Auch gibt es sie in berührungsloser Ausführung – Stichwort Händehygiene – und mit Stagnationsspülung. Zudem bevorraten sie kein Wasser. Vor dem Hintergrund dieser hygienischen Vorteile sind Druckspüler oft dann erste Wahl, wenn ohnehin Anschlussleitungen in der Dimension DN 20 vorliegen. Wie beispielsweise in einem Krankenhaus in Berlin, in dem der strömungstechnisch und hygienisch versierte Planer die Druckspüler bewusst an die bestehenden Steigleitungen angeschlossen hat, um dort für hohe Spülgeschwindigkeiten und einen regelmäßigen Wasserwechsel zu sorgen. Darüber hinaus steht fortlaufend Wasser zur Spülung bereit (keine Behälter-Füllzeit) (Bild 4).

Thema 6: Herausforderung beider Spültechniken

Bei den Fallrohren von Spülkästen und Druckspülern gibt es im Extremfall eine gemeinsame hygienische Herausforderung, von der ebenfalls Prof. Dr. med. Engelhart berichtete: Eine WC-Keramik mit Spülrand war über einen Patienten nachweislich mit pathogenen Krankheitserregern kontaminiert und gegen eine spülrandfreie Keramik ausgetauscht worden. Obwohl der Patient diese neue Keramik nicht mehr benutzen konnte und selbst die WC-Bürste etc. ausgetauscht worden waren, traten die gleichen Krankheitserreger nach einigen Wochen erneut auf. Die wahrscheinlichste Erklärung hierfür ist, dass die Bakterien das Fallrohr aufsteigend besiedelt haben und es unter Umständen sogar bis in den Spülkasten geschafft hatten. Auch solche Möglichkeiten sind in Einzelfällen in Erwägung zu ziehen, je nach Bedeutung der Krankheitserreger und der Art der Station.

Fazit

Diese sechs Hotspot zeigen, mit welchen Aufgaben die Krankenhaushygiene konfrontiert sein kann. Bei der Lösung kommt es oftmals auf jedes Detail an, wobei auch immer wieder neue Lösungsmöglichkeiten entstehen können.

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Literaturverzeichnis zum Artikel „Trinkwasserhygiene sicher planen“

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