Natürliche Kältemittel auf dem Vormarsch

Was sie auszeichnet und was zu beachten ist

Das Ziel ist vorgegeben: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Um das zu erreichen, wurden auf europäischer Seite bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Eine davon ist die F-Gas-Verordnung, die schrittweise fluorierte Kältemittel mit hohem GWP verbietet. Seit diesem Jahr gelten die ersten Inverkehrbringungsverbote, bis 2050 sollen gar keine mehr im Umlauf sein. Welche Alternativen gibt es und was ist bei ihrer Verwendung zu beachten?

Das natürliche Kältemittel CO2 (R744) kommt vor allem im Bereich der Warmwasserbereitung zum Einsatz – wie z. B. in der QAHV-Wärmepumpe.
Bild: Mitsubishi Electric

Das natürliche Kältemittel CO2 (R744) kommt vor allem im Bereich der Warmwasserbereitung zum Einsatz – wie z. B. in der QAHV-Wärmepumpe.
Bild: Mitsubishi Electric
Seit vielen Jahren kommen chemische Kältemittel wie R410A und R32 zum Einsatz, die mit hoher Effizienz überzeugen. Doch leider bringen sie auch ein hohes Treibhauspotenzial (Global Warming Potential-GWP) mit. Das Kältemittel R410A ist bspw. 2088 mal so klimaschädlich wie CO2, R32 schlägt mit dem Faktor 675 zu Buche. Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, müssen diese Stoffe ersetzt, alle klimaschädlichen Gase auf null gesetzt werden. Zukunftssichere Alternativen sind also gefragt – und die heißen Propan (R290) und CO2 (R744).

Propan: Neues Kältemittel. Andere Eigenschaften.

Propan ist nicht nur ein nachhaltiges, sondern auch ein technisch überzeugendes Kältemittel, das sich als besonders effektiv im Heizbetrieb erweist. Bereits heute erfüllt es die regulatorischen Anforderungen von morgen und bietet somit hohe Planungssicherheit. Doch nicht nur ökologische und thermodynamische Vorteile sprechen für die Wahl dieses Kältemittels. Auch in punkto Wirtschaftlichkeit bringt es gute Argumente mit. Schließlich ist Propan weit verbreitet und damit kostengünstig. Die Kehrseite der Medaille: In die Sicherheitsklasse 3 eingestuft, ist Propan leicht entzündlich, was besondere Schutzmaßnahmen erforderlich macht.

Planung mit Propan

Dafür sind wichtige normative Vorgaben zu berücksichtigen, darunter die IEC 60335-2-40 sowie die EN 378. Während die IEC 60335-2-40 Sicherheitsanforderungen für elektrische Wärmepumpen und Klimageräte insbesondere in Bezug auf den Umgang mit brennbaren Kältemitteln regelt, befasst sich die EN 378 mit der Sicherheit und Umweltschutzaspekten von Kälteanlagen und definiert unter anderem Mindestabstände, Raumvolumina und Dichtheitsprüfungen. Mindestinnenraumvolumina sind wichtig, um im Fall einer Leckage eine unkritische Konzentration zu gewährleisten. Verständlicherweise ist die Angst vor einer Leckage bei Propan besonders groß. Doch moderne Dichtheitskonzepte und Sicherheitsmechanismen reduzieren das Risiko auf ein Minimum.

Mitsubishi Electric hat eine Luft/Luft-Wärmepumpe als Splitsystem auf Basis von R290 (Propan) auf den Markt gebracht. Dem Kältemittelöl ist ein Geruchsstoff beigemischt, der eine Leckage bemerkbar machen würde und so die Sicherheit erhöht.
Bild: Mitsubishi Electric

Mitsubishi Electric hat eine Luft/Luft-Wärmepumpe als Splitsystem auf Basis von R290 (Propan) auf den Markt gebracht. Dem Kältemittelöl ist ein Geruchsstoff beigemischt, der eine Leckage bemerkbar machen würde und so die Sicherheit erhöht.
Bild: Mitsubishi Electric
Hersteller wie Mitsubishi Electric gehen mit Technologien zur Kältemittelsicherheit, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sogar noch einen Schritt weiter. „Da Propan ein geruchsneutrales Gas ist, setzen wir dem Kältemittelöl einen Geruchsstoff bei, der einen Austritt sofort bemerkbar machen würde“, erklärt Michael Lechte, Manager Produktmarketing bei Mitsubishi Electric Living Environment Systems, und weist auf die jüngste Entwicklung im Bereich der Luft/Luft-Wärmepumpensysteme hin. Dabei handelt es sich um die MSZ-RZ-Splitgeräte, mit denen sich kühlen und heizen lässt.

Da bei dieser Serie das Kältemittel über Kupferleitungen zwischen Innen und Außen zirkuliert, also auch im Innenbereich zum Einsatz kommt, ergänzt der schwefelartige Geruchsstoff als zusätzliches Warnsystem die obligatorischen Leckage-Sensoren und Absperrventile. Detektiert der Leckage-Sensor eine undichte Stelle, schaltet sich das System ab, während der Innenventilator in die höchste Lüfterstufe wechselt, um eine Vermischung und somit eine Verdünnung des Kältemittels mit der Raumluft sicherzustellen. Dabei wird die Konzentration des Kältemittels an einer Stelle im Raum vermieden und sichergestellt, dass sich kein zündfähiges Konzentrat bilden kann.

Als weiteres Propan-Beispiel sind bereits seit einigen Jahren Ecodan Luft/Wasser-Wärmepumpensysteme als ­Monoblock-Varianten mit dem Kältemittel R290 erhältlich. Bei dieser Serie zirkuliert das Kältemittel nur draußen, während im Inneren Wasser als Leitmedium zum Einsatz kommt. Mit Hilfe eines mobilen Leckage-Sensors prüft der Fachhandwerker, ob das Kältemittel bereits ausgetreten ist. Darüber hinaus sind aufgrund der hohen Entzündlichkeit von Propan Schuhe mit antistatischer Sohle Pflicht – ebenso wie ein tragbarer explosionsgeschützter Ventilator, der dafür sorgt, dass die Konzentration des eventuell ausgetretenen Propans verdünnt wird. Bei der Aufstellung ist es wichtig, das Außengerät nicht auf einem Lichtschacht oder Bodensenken zu positionieren, da bei einer undichten Stelle das Kältemittel in den Keller gelangen würde. Zudem darf sich in einem Umkreis von einem Meter keine potenzielle Zündquelle in Form einer Lampe, einer Steckdose oder eines Lichtschalters befinden. Auch darf es in diesem Radius keine Öffnungen zum Haus geben.

CO2 – Starke Leistung im ­Warmwasserbereich

Als zweites natürliches Kältemittel ist CO2 mit einem GWP von 1 eine gute Wahl. Allerdings wird es weniger in der Klimatechnik, dafür mehr im Bereich der Warmwasserbereitung eingesetzt. Dies verdankt es seiner besonderen Eigenschaft, Wasser von 10 °C effizient auf 90 °C aufzuheizen. „Wir nutzen CO2 unter anderem in unserer Heißwasser-Wärmepumpe QAHV, die vor allem in Hotels, wo große Mengen an heißem Wasser benötigt werden, zum Einsatz kommt“, erklärt Lechte. Wichtig bei der Nutzung von CO2 sind entsprechende Bauteile und Rohre. Schließlich arbeitet das Kältemittel mit einem hohen Druckniveau. Um dieses auszuhalten, sind ein dickwandiger Kompressor und entsprechende Kupferrohrleitungen gefragt, die für dieses Druckniveau geeignet sind.

Wohin geht die Reise?

R290-Lösungen sind eine langfristig planungssichere und nachhaltige Alternative, die Architekten, Fachplanern und Betreibern ein hohes Maß an Sicherheit bieten. Bei fachgerechter Installation und Einhalten spezifischer Sicherheitsmaßnahmen kann es als sichere und vor allem nachhaltige Alternative zu fluorierten Kältemitteln angesehen werden. Doch was ist mit chemischen Kältemittel aus der Gruppe der HFO, die ebenfalls einen sehr niedrigen GWP aufweisen? Werden sie aufgrund der enthaltenen Ewigkeitschemikalie PFAS verboten? Die Antwort auf diese Frage wird im nächsten Jahr erwartet. Sollte es zu einem Verbot kommen, werden künftig nur noch natürliche Kältemittel zum Einsatz kommen. Bleiben sie erlaubt, wären die HFO-Kältemittel zumindest eine gute Option für große Kaltwassersätze oder Großwärmepumpen, in denen – je nach Leistung – große Mengen an Kältemittel zirkulieren.

Checkliste für die Planung mit R290

Wichtige Aspekte im Überblick:

• Sicherheitsvorkehrungen: Einhaltung von Mindestabständen und Schutzmaßnahmen aufgrund der Brennbarkeit.

• Normen und Vorschriften: Berücksichtigung relevanter Richtlinien wie IEC 60335-2-40 und EN 378.

• Staatliche Förderung: R290 Wärmepumpen sind mit zusätzlichen 5 % BEG-Förderung für die Verwendung von natürlichem Kältemittel förderfähig. (BEG 11/23).

• Regulatorische Entwicklungen: Frühzeitige Umstellung auf R290, um zukünftige Einschränkungen durch die ­F-Gas-Verordnung zu vermeiden.

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