Kommentar

Nach der GEG-Novelle ist vor der GEG-Novelle


RA Jörg Stauden­mayer, Geschäftsführer des ITGA Baden-Württemberg.
Bild: ITGA BW e.V.


RA Jörg Stauden­mayer, Geschäftsführer des ITGA Baden-Württemberg.
Bild: ITGA BW e.V.
Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) hat nach monatelangen politischen Auseinandersetzungen den Bundestag am 8. September 2023 passiert. Nachdem das Gesetz auch im Bundesrat abgeschlossen wurde, soll es nunmehr zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Im Kern sieht die Neuregelung vor, dass zukünftig jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 % Erneuerbarer Energien betrieben werden soll. Das Gesetz soll zwar Anfang 2024 in Kraft treten, aber unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsbauten soll es entscheidend auf die kommunale Wärmeplanung ankommen.

Holger Appel schrieb dazu am 17. September 2023 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Das im Hause des Bundeswirtschaftsministers ersonnene Konzept […] ist auch ein Musterbeispiel des Bürokratieabbaus. Leicht verständlich zusammengefasst: Neue Heizungen müssen mit 65 % Erneuerbarer Energie laufen. Im Neubau. Andere, wenn die Stadt eine Wärmeplanung hat. Und mehr als 100.000 Einwohner. Dann gibt es 30 % Zuschuss. Bis 30.000 Euro. Plus 30 % für Eigentümer. Falls die bis 40.000 Euro verdienen. Plus 20 %, wer sich beeilt. Weil 30 plus 30 plus 20 etwa 80 ergibt, gibt es maximal 70 %. Sagen Sie jetzt nicht, mit einer ordentlichen Ausbildung sei das nicht zu kapieren.“ 

Erste strukturelle Fehler werden sichtbar

Neben der schwer erkennbaren Systematik des neuen GEG werden auch schon erste strukturelle Strickfehler des Gesetzes deutlich. Das GEG befasst sich fast ausschließlich mit der Heizung. Lüftung? Eher Fehlanzeige. Darüber hinaus zeigen sowohl die monatelangen Diskussionen in der Politik als auch die Reaktionen in der Öffentlichkeit, dass es der Politik hauptsächlich um Wohngebäude ging. Über Nichtwohngebäude wurde in der öffentlichen Diskussion so gut wie gar nicht gesprochen. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Nur in Wohngebäuden wohnen in großer Anzahl Wähler, in Nichtwohngebäuden eher nicht. Zum Vergleich: Etwa 18 Millionen Wohngebäude (EFH/MFH) benötigen ca. zwei Drittel des Wärmeenergiebedarfs. Nichtwohngebäude gibt es demgegenüber nur etwa 1,8 Millionen. Auf diese entfällt aber gleichwohl ca. ein Drittel des Wärmeenergiebedarfs.

Zudem schafft die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens neu eingeführte Verknüpfung des GEG mit der kommunalen Wärmeplanung weitere Unsicherheiten. Investitionsentscheidungen werden schon jetzt im erheblichen Umfang verschoben. Spürbar ist das bereits im Sektor „Wärmepumpen“. Diese Technologie sollte zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens eigentlich der Schlüssel zur Wärmewende sein.

Höchst bedauerlich ist auch, dass die Verordnungsermächtigung in § 71p im Gesetz geblieben ist. Die Möglichkeit für den deutschen Verordnungsgeber, den Kreis zulässiger Kältemittel über die Vorgaben der Übergangsfristen in der F-Gase-Verordnung der EU hinaus weiter zu beschränken, ist ein weiterer Rückschlag für die Technologieoffenheit. Auch das ist kontraproduktiv und führt zu weiterer Verunsicherung. 

Technische Lösungen bieten Perspektiven

Unabhängig davon gibt es aber auch gute Nachrichten: Zwar wird das GEG in seiner jetzigen Fassung die Wärme- und damit die Energiewende nicht optimal fördern. Das GEG setzt jedoch ein Zeichen dafür, dass der Weg zur Klimaneutralität bis 2045 jetzt zumindest mit einem ersten Schritt beginnt. Deutlich wird zudem, dass im Gebäudesektor nur technische Lösungen eine Perspektive bieten. Ergo ist und wird die TGA insoweit gefragt sein und das auch bleiben. „Klimakleben“ allein ist jedenfalls keine Option.

Auf der Negativseite stehen unklare Regelungen des Gesetzgebers – kombiniert mit schwer überschaubaren staatlichen Fördermaßnahmen. Diese rufen nach Klarheit und Orientierung. Das kann aus heutiger Sicht lediglich über eine erneute Novelle des GEG erfolgen. Es wird deshalb darauf ankommen, die weitere Tätigkeit des Gesetzgebers aufmerksam zu beobachten und die Standpunkte und Interessen der TGA weiter nachhaltig einzubringen. Hier liegen noch viel Arbeit und ein langer Weg vor allen Beteiligten. Es wird also auch im Jahr 2024 spannend bleiben.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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