Interview mit dem Planungs- und Beratungsunternehmen Arup

Strategisches Programmmanagement beschleunigt die Bauabwicklung

Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors erfordert schnelle, koordinierte Maßnahmen – doch komplexe Abhängigkeiten und divergierende Interessen verzögern häufig den Fortschritt. Strategisches Programmmanagement kann hier entscheidend eingreifen, um Projekte termingerecht und effizient umzusetzen. Arup, ein weltweit tätiges Planungs- und Beratungsbüro mit rund 20.000 Beschäftigten in 40 Ländern, bietet hierfür maßgeschneiderte Lösungen. Dazu haben wir mit Karsten Peleikis, Leiter Nachhaltigkeitsberatung bei Arup, über die Ursachen scheiternder Projekte und den Lösungsansätzen des Unternehmens gesprochen, die sowohl TGA-Planern als auch anderen Projektbeteiligten angeboten wird.

tab: Herr Peleikis, woran scheitert Ihrer Meinung nach die Dekarbonisierung des Gebäudesektors heute oft?

Karsten Peleikis, Leiter Nachhaltigkeitsberatung bei Arup.
Bild: Michel Buchmann

Karsten Peleikis, Leiter Nachhaltigkeitsberatung bei Arup.
Bild: Michel Buchmann
Karsten Peleikis: Die Gründe hierfür liegen auf zwei Ebenen. Auf der einen Seite scheitert es in vielen Fällen daran, die unterschiedlichen Interessen und Prioritäten der Projektbeteiligten in Einklang zu bringen. Notwendige Entscheidungen verzögern sich in der Folge, Budgets werden blockiert, der ganze Prozess gerät ins Stocken. Planer werden so unnötig aufgehalten. Auf der anderen Seite stehen die Abhängigkeiten zwischen Projekten, Sektoren und Technologien. Viele Maßnahmen hängen, darunter etwa energetische Sanierung, neue Heizsysteme, digitale Steuerungstechnik, stark voneinander ab. Werden diese Wechselwirkungen nicht aktiv gemanagt, eskalieren Kosten- und Zeitpläne. Hinzu kommt, dass viele Maßnahmen im laufenden Betrieb erfolgen müssen. Das erhöht die Anforderungen im unternehmerischen Alltag um ein Vielfaches. Kurz gesagt: Die Anforderungen an den Gebäudesektor sind klar, doch bleiben durch die genannten Gründe die ambitionierten Projekte oft unvollendet, wodurch das Risiko für sogenannte „Stranded Transformations“ wächst.

tab: Wie kann strategisches Programmmanagement in diese Konstellation eingreifen?

Karsten Peleikis: Um Transformationsprojekte von einem ambitionierten Start zu einem erfolgreichen Abschluss zu überführen, braucht es einen strukturierenden Ansatz. Strategisches Programmmanagement ist hier der Schlüssel: Es bündelt einzelne Projekte zu einem übergeordneten Programm, schafft Transparenz, priorisiert Ressourcen und sorgt somit dafür, dass technologische Innovationen nicht im Aktionismus verpuffen. Gerade in den beiden genannten zentralen Herausforderungen: Der Abstimmung vielfältiger Interessen und dem Management komplexer Abhängigkeiten, ermöglicht strategisches Programmmanagement, Konflikte zu entschärfen, Entscheidungen zu beschleunigen und technische Schnittstellen von Anfang an zu steuern.

Unsere Unternehmensaufgabe ist es daher mehr als nur Beratung zu liefern und unser Wissen, digitale Unterstützung sowie globale Expertise dazu einzusetzen, Risiken frühzeitig zu erkennen, Abkürzungen zu finden, Entscheidungen zu erleichtern und Resilienz in die Transformation der Unternehmen zu bringen.

tab: Von der Theorie zur Praxis: Was nutzen Sie dafür und wie erfolgt genau die Umsetzung?

Karsten Peleikis: Bei Arup nutzen wir hierfür eine umfassende Bandbreite an Tools, die es uns ermöglicht, die Breite und Tiefe des Projekts zu erfassen und Lösungen zu modellieren. Darunter auch fortschrittliche digitale Tools zur Datensammlung, - automatisierten Szenario-Prognosen sowie künstliche Intelligenz. Dies ermöglicht die Entscheidungsfindung in komplexen Vorhaben.

Mit standardisierten Querschnittslösungen lassen sich ganze Austauschprogramme, etwa für Pumpen, Beleuchtung oder Lüftungssysteme sowie Design-Leitfäden für ganze Immobilienportfolios effizient als Teilprogramme umsetzen. Ein konkreter Fahrplan mit integriertem KPI-Tracker, überlässt dem Ausgang der Projekte nicht dem Zufall. Fortschritte sind messbar, Programme anpassbar, selbst bei sich ändernden Rahmenbedingungen.

tab: Können Sie uns ein Beispiel dafür aufzeigen?

Karsten Peleikis: Für einen internationalen Immobilienbestandshalter wurde ein Workflow zur Erfassung der Energiedaten von 300 Standorten entwickelt. Diese Daten wurden digital erfasst. Anhand einer Software wurden diese Daten in einheitliche Datensätze umgewandelt. In der Praxis konnten Energiebedarf und -verbrauch nach Dekarbonisierungsmaßnahmen ausgewertet werden. Dies ermöglicht die Bewertung der Maßnahmen und zeigt vom Stranding bedrohte Standorte auf. Der Kunde wurde bei der Datenbeschaffung, -aufbereitung und -verwaltung unterstützt. Darüber hinaus wurden Roadmaps zur Risikominimierung und Kosteneinsparung entwickelt. Alle Maßnahmen werden durch Live-Evaluationen begleitet, die kontinuierlich neue Erkenntnisse liefern. Planer sparen auf diese Art nicht nur Zeit. Elementare Entscheidungen geschehen auf einer transparenteren Grundlage als ohne strategisches Programmmanagement.

tab: Welche kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen können im unternehmerischen Alltag Fachplanenden der TGA weiterhelfen? Und über welchen Weg kann mit Ihnen kooperiert werden?

Karsten Peleikis: Wer 2030 als Zwischen-Zieljahr ernst nimmt, muss jetzt strukturiert vorgehen. Es braucht vernetzte Strategien, klare Verantwortlichkeiten und eine realistische Zeitplanung. Werden die Ziele gerissen, müssen Planer neben den klimatischen Schäden auch mit handfesten Reputationsschäden und weniger Aufträgen rechnen. Das bedeutet konkret: Bestandsaufnahme machen, Mitarbeitende und Teammitglieder im Planungsbereich einbinden, Umsetzungspläne konzipieren. Wir empfehlen, die Vielzahl einzelner Projekte in ein strategisches Programm zu überführen. So werden fortschrittliche Technologien und Methoden systematisch und nachvollziehbar in den operativen Alltag eingepflegt. Dazu gehören auch KI und neue Energietechnik-Lösungen, die wir für unsere Kunden entwickeln. Gepaart mit Erfahrungsaustausch, Training und Qualifizierungen der Beteiligten, wird dadurch der Grundstein für echten Fortschritt gelegt.

Im nächsten Schritt müssen Pilotprojekte gestartet und Erfahrungen transparent geteilt werden, um Vertrauen aufzubauen, bei internen wie externen Partnern. Jetzt ist auch die Zeit, Allianzen zu schmieden, die über Silodenken hinausgehen. Denn je näher wir dem Zieljahr kommen, desto schwieriger wird es, qualifiziertes Fachpersonal oder verlässliche Partner zu finden. Wer bei uns Kunde wird, kann das volle Potenzial unseres strategischen Programmmanagements nutzen. Ein Weg dazu ist, sich über die Webseite bei uns zu melden. So kümmert sich sehr schnell jemand aus unserem deutschsprachigen Team.

tab: Inwiefern lassen sich Fortschritte leichter messbar machen?

Karsten Peleikis: Damit die Transformation greifbar und steuerbar bleibt, braucht es mittelfristig flexible Fahrpläne, ein realistisches Risikomanagement und vor allem ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten am Projekt. Langfristig muss das Gelernte institutionalisiert werden, etwa durch Trainingsprogramme, verbindliche Standards, sauberes Datenmanagement und transparente Wissensweitergabe. Digitale Tools wie Smart Metering, KI-gestützte Analysen oder parametrisches Design können helfen. Aber nur, wenn sie eingebettet sind in ein übergeordnetes, tragfähiges Programm.

Die Messbarkeit hängt maßgeblich von Transparenz und Steuerung ab. Es braucht klare KPIs, Zugriff auf Expertise und eine durchdachte Datenstrategie. Denn wer fundierte Entscheidungen treffen will, muss seine Informationen im Griff haben oder vorab festlegen, welche Daten und welches Wissen überhaupt vorliegen. Die Erfüllung von Klimazielen ist so gesehen ein strategischer Vorteil. Nachhaltige Unternehmen sind widerstandsfähiger gegenüber Krisen, attraktiver für Investoren und talentierte Fachkräfte.

tab: Welchen Beitrag sollte der Gesetzgeber dazu leisten?

Karsten Peleikis: Der Gesetzgeber kann für Orientierung sorgen, indem er klare Zielvorgaben und verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen setzt. Es braucht ein Bewusstsein dafür, dass Gebäude- und Industrieperformance einen direkten Beitrag zur Zukunftssicherheit von ganzen Betrieben, Regionen und letztendlich ganz Deutschlands leisten. Unterm Strich können wir diese Transformation als eine Option begreifen, die vielversprechende Wachstumschancen für alle bietet. Wenn wir sie zügig und bestimmt angehen.

Das Unternehmen Arup

Arup ist ein weltweit tätiges, unabhängiges Planungs- und Beratungsbüro und die kreative Kraft hinter vielen der weltweit bedeutendsten Projekte der gebauten Umwelt. Mit ca. 20.000 Planern und Beratern in 40 Ländern bietet das Unternehmen innovative und nachhaltige Lösungen für unterschiedlichste Branchen und Märkte. In Deutschland liefert Arup mit rund 350 Experten an den Standorten Berlin, Frankfurt am Main, Düsseldorf und München Lösungen zu allen Anforderungen – von der Fachplanung oder Fachberatung einer Spezialdisziplin bis zu interdisziplinären Projekten. Weitere Informationen unter: www.arup.com/de

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