Wärmepumpen lösen Erdgas-Nahwärmenetz ab

Förderfähige Heiztechnik für 129 Wohneinheiten

Statt die Erdgaskessel eines Nahwärmenetzes gegen neue zu tauschen, wurden Wohngebäude in Frankfurt a. M. im Herbst 2024 auf Wärmepumpenheizungen umgestellt. Damit die in den jeweiligen Kellern aufgestellten Wärmeerzeuger effizient arbeiten, erzeugen sogenannte eXer­giemaschinen die höheren Temperaturen für die Trinkwassererwärmung. Die Kombination zeigt auf, wie sich Klimaschutz und Kostenersparnis verbinden lassen.

Bei den Gebäuden des Sanierungsprojekts in Frankfurt am Main waren unsichere Erdgaspreise, Importabhängigkeit und Klimaschutz als Gründe für eine Heizungssanierung ausschlaggebend. Etwa 20 Jahre nach der letzten Modernisierung hat die Eigentümergemeinschaft das Nahwärmenetz stilllegen lassen und stellte die Beheizung der 129 Wohneinheiten auf Wärmepumpen um, die in den Kellern der neuen Gebäude aufgestellt sind. Den Bewohnern hätte ein Austausch der Erdgasheizung allein keine Kosteneinsparung ergeben und eine Umstellung auf ein Niedertemperatur-Nahwärmenetz mit 40 °C Vorlauftemperatur und hausinternen Nacherhitzern für die Warmwasserbereitung hätte die Heizkosten um lediglich 15 % reduziert. Der Wechsel zu der nun umgesetzten Wärmepumpenlösung hingegen sollte die Heizkosten halbieren. „Statt insgesamt über 200.000 € für Erdgas sind jetzt jährlich nur ungefähr 100.000 € für Strom fällig“, sagt Roberto Resch, Geschäftsführer der Valo Immobilienmanagement Rhein Main GmbH (Frankfurt am Main), die das Projekt begleitet hat.

Zentralheizung mit Wärmepumpen

Möglich ist die Ersparnis aufgrund der Planung der Wärmetechnik durch die INGTEG Ingenieure aus Eschborn. „Die Gebäude aus den 90er-Jahren boten gute Voraussetzungen“, sagt Manfred Reinl. „Eine verhältnismäßig gute Wärmedämmung und Fußbodenheizungen machen niedrige Vorlauftemperaturen möglich und die Kellerräume mit den Übergabepunkten der Nahwärme boten gerade genug Platz, um die Wärmepumpen und Wärmespeicher aufzustellen.“ Da sich die Wärmezentralen in den Häusern befinden, können die Wärmeverluste im Netz abgewendet werden; im Wärmenetz ging vor der Sanierung über ein Zehntel der Energie verloren.

Für die Beheizung haben Reinl und sein Team Luft/Wasser-Heizungswärmepumpen mit je 15 kW Leistung vorgesehen. Im größten der Gebäude sind davon neun installiert – in den acht kleineren Mehrfamilienhäusern jeweils drei. Das soll Sicherheit bei Wartungsarbeiten und Reparaturen schaffen. Die dachaufgestellten Außengeräte der Wärmepumpen sind laut dem Planungsbüro leise genug, dass die Nachtruhe nicht gestört wird. Sie arbeiten im idealen Betriebspunkt, müssen also nur etwa 40 °C im Vorlauf liefern. Für das Bereitstellen der in Mehrfamilienhäusern üblichen 65 °C für eine hygienische Trinkwarmwasserversorgung und -zirkulation sorgt eine andere Technik: die „eXergiemaschine“ (eXm). Diese ist eine von Varmeco und ihrem Schweizer Partner BMS-Energietechnik entwickelte Wasser/Wasser-Wärmepumpe. Sie eignet sich für höhere Quelltemperaturen und Temperaturhübe – passend zum Nacherhitzen der Wärme von 40 °C auf 65 °C, denn für diesen Temperaturhub braucht sie laut Hersteller nur etwa ein Fünftel der Energie, die ein Elektroheizstab benötigen würde.

Aufteilung in zwei Temperaturzonen

Für die Entkopplung von Wärmebereitstellung und Verbrauch sind in jeder Heizzentrale zwei Wärmespeicher eingebaut. Einer davon dient als Niedertemperaturpuffer und speichert Wärme bei rund 40 °C; Er wird von den Heizungswärmepumpen geladen und versorgt die Heizkreise. Im zweiten Speicher, dem Hochtemperaturspeicher, herrschen oben über 65 °C. Dieser Speicher wird von der eXm geladen und beliefert die Frischwasserstationen, in denen Trinkwasser bedarfsgerecht im Durchflussprinzip erhitzt wird. Diese halten auch die Temperatur bei der Trinkwarmwasserzirkulation konstant.

Stromsparende Heizlösung mit Fördermitteln

Da der Trinkwarmwasserbedarf hier geringer ist als der Heiz­bedarf, haben die eXergiemaschinen kleinere Leistungen als die Wärmepumpen. Im großen Gebäude ist eine „eXm-Pro“ mit 20 kW thermischer Leistung eingebaut, in den kleineren Gebäuden reicht die wandmontierte 5-kW-„eXm-compact“ aus. Die eXm laufen wärmegeführt: Sie springen an, wenn die Temperatur oben im Speicher den Sollwert 65 °C unterschreitet. „Da die eXergiemaschinen den Temperaturhub auf 65 °C mit einem COP von etwa fünf schaffen und die Wärmepumpen im idealen Betriebspunkt laufen, arbeitet diese Kombilösung viel stromsparender als eine Lösung nur mit Heizungswärmepumpen“, sagt Reinl.

Aufgrund der Umstellung der Heizung von fossiler auf elektrische Energie stieg auch der Strombedarf. Damit winterliche Heizlasten sicher bedient werden können, mussten die Hausanschlüsse von drei Gebäuden verstärkt werden, bei den anderen Gebäuden boten die Anschlüsse genügend Reserve. Über 1,5 Mio. € waren für die Sanierung der Heiz- und Trinkwarmwassertechnik nötig. „Rund zwei Drittel der Summe hat die Eigentümergemeinschaft selbst aufgebracht, den Rest hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beigesteuert, da die neue, klimaneutrale Lösung förderfähig war“, sagt Resch. Ein Millionenprojekt für den Klimaschutz – und für eine nachhaltige, wirtschaftliche Beheizung der 129 Wohnungen.

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