Trinkwasseranlagen konzipieren

Hygiene und Komfortanforderungen erfüllen
Trinkwasserinstallationen im Geschosswohnungsbau werden häufig zu sehr nach den Kriterien einer sicheren Versorgung sowie dem „Entnahmefall“ dimensioniert und geplant. Dieser Ansatz erfüllt jedoch häufig Hygiene- und Komfortanforderungen nicht ausreichend, weil er Stagnationsphasen während der Zapfruhen im Tagesverlauf oder Nutzungsunterbrechungen nicht berücksichtigt. Besser ist ein ganzheitliches Konzept, mit dem sich diese Anforderungen in Einklang bringen lassen, bspw. die Kombination aus dezentraler Trinkwassererwärmung im Durchlaufprinzip, Durchschleif-Ringinstallation und bedarfsgerechter Hygienespülung.

Für eine optimale Trinkwasserhygiene sind vor allem zwei Kriterien ausschlaggebend: der regelmäßige Wasseraustausch im gesamten Leitungssystem sowie die Vermeidung ungünstiger Temperaturbereiche in den täglichen Phasen der Zapfruhe in den Kaltwasser- und Warmwasserleitungen. Denn das Wachstum von Legionellen in Trinkwassersystemen wird im Wesentlichen durch lange Verweilzeiten des Wassers, also Stagnation, in ungünstigen Temperaturbereichen begünstigt. Zu Legionellenwachstum kommt es, wenn beide Kriterien parallel auftreten. Eine Vielzahl an gesetzlichen Regelungen dient deshalb dazu, den Verbraucher vor Hygienerisiken zu schützen. Ein Trinkwasserkonzept muss jedoch nicht nur Hygieneanforderungen genügen, sondern auch einem hohen Anspruch an Komfort und Energieeffizienz gerecht werden.

Hygiene und Komfort in Einklang bringen

In der Praxis laufen die Anforderungen an Hygiene und Komfort häufig konträr. Dabei stehen werkvertraglich vereinbarte Warmwasserkomfort-Anforderungen leider meist eher im Fokus als das höher zu bewertende Schutzziel des Erhalts der Trinkwassergüte über Planung und Ausführung hinaus. Eine richtig ausgelegte und hydraulisch gut abgeglichene, zentrale Warmwasserverteilung mit Zirkulation bietet bspw. guten Warmwasserkomfort und je nach Entfernung der Entnahmestellen zum Warmwasser- und Zirkulations-Steigstrang auch einen schnellen Warmwasser-Ausstoß. In Sachen Hygiene kann sie jedoch Schwachstellen aufweisen, die in der Systemwahl und für den jeweiligen Einsatz in Gebäuden berücksichtigt werden müssen. Denn auch hier gilt das Planungsziel, das die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) im Sinne des Verbraucherschutzes klar vorgibt: „Eine Schädigung der Gesundheit durch Krankheitserreger wie Legionellen durch den Genuss oder Gebrauch des Trinkwassers muss ausgeschlossen werden.“ Zentrale Systeme benötigen Warmwasserspeicher, die dauerhaft sogenannte Kaltzonen aufweisen. Zudem kann es zu Temperatureinbrüchen der Zirkulation nach Spitzenbelastungen kommen. Zum anderen gestaltet sich der für eine strikte 60°C/55°C-Betriebsweise so dringend erforderliche hydraulische Abgleich in weit verzweigten Netzen oftmals als schwierig nachhaltig umsetzbar.

Ein weiterer Schwachpunkt der Zirkulation ist, dass das Trinkwasser in stagnierenden Warmwasserabzweigen innerhalb der Schachtinstallation „warmgehalten“ wird. Dort können sich Legionellen besonders gut vermehren (siehe Bild 2). Denn während Zapfpausen und Nutzungsunterbrechungen erfolgt durch die Zirkulation ein ständiger unkontrollierter Wärmeeintrag auf das stagnierende Wasser im Abzweig zur Stockwerksinstallation. Der Betriebszustand der „Zapfruhe“, also etwa die Zeit zwischen 8 und 18 Uhr an einem Werktag, wenn die Bewohner außer Haus sind, hat folglich einen großen Einfluss auf den Erhalt der Trinkwassergüte, spielt jedoch in der Dimensionierung des Rohrleitungssystems nach DIN 1988-300 oder DVGW W-551 überhaupt keine Rolle.

Umso wichtiger ist es, bereits in der Planung alle Betriebszustände zu berücksichtigen und Anlagen so zu konzipieren, dass sie die Anforderungen an die Trinkwasserhygiene und den Warmwasserkomfort gleichermaßen berücksichtigen und damit Gesundheitsrisiken systematisch vermeiden. Hier ist das viel zitierte Raumbuch für den Planer das Werkzeug, um für ein Trinkwasser-Rohrnetz neben den erforderlichen Entnahmemengen und -temperaturen auch die Absicherung der Trinkwassergüte in normalen Stagnationsphasen zu erreichen. Auch die Frage, wie man Nutzungsunterbrechungen absichert, muss im Raumbuch vor der reinen Entwurfs- und Dimensionierungsarbeit erfolgen.

Ein ganzheitliches Konzept für den Geschosswohnungsbau, mit dem Planungsziele zum Erhalt der Trinkwassergüte und den Warmwasser-Komfortanforderungen sicher in Einklang gebracht werden können, ist die Kombination einer dezentralen Trinkwassererwärmung im Durchlaufprinzip mit einer Stockwerksinstallation mit Durchschleif-Ringinstallation und einer bedarfsgerechten Hygienespülung. Mit diesem Konzept werden die Anforderungen der DIN 1988-200 sowie der VDI-Richtlinie 6023 an die Trinkwasserhygiene sicher eingehalten. Darüber hinaus wird diese Lösung auch den Verkehrssicherungspflichten der Eigentümer gerecht, denn gemäß TrinkwV ist der Betreiber oder Inhaber einer Trinkwasseranlage für die Qualität des an Dritte abgegebenen Trinkwassers verantwortlich. Auch hier steht die Minimierung von Verkeimungsrisiken im Vordergrund der Planung. Die einzelnen Konzeptbausteine greifen dabei nahtlos ineinander.

Bei Bedarf: dezentrale Trinkwassererwärmung 

Die Gefahr von Legionellen-Wachstum sinkt deutlich, wenn warmes Trinkwasser nicht zentral gespeichert wird und ständig in weitläufigen Verteilungsnetzen im ­Gebäude zirkuliert. Dieses Gesundheitsrisiko schließen Planer mit der Entscheidung für eine dezentrale Lösung konstruktiv aus. Wohnungsstationen, wie „Combi Port E“ von Uponor, erwärmen das Trinkwasser im Durchflussprinzip bedarfsgerecht vor Ort. Aufgrund der direkten Anbindung an den Heizungsvorlauf sind so weder gespeichertes und erwärmtes Trinkwasser noch eine Warmwasserverteilung mit Zirkulationsleitungen in den Versorgungsschächten erforderlich. Stattdessen werden die Platten-Wärmeübertrager mit Heizungswasser aus einem Pufferspeicher versorgt – ganz im Sinne der DIN 1988-200. Diese empfiehlt die Speicherung von Energie für die Trinkwassererwärmung vorzugsweise mit Heizungswasser, nicht mit Trinkwasser zu bewerkstelligen. Der Aufbau der Wohnungsstation in einem EPP-Isoliergehäuse sorgt für geringe Wärmeabstrahlverluste. Zudem verfügt die Station über eine thermische Trennung von warm- und kaltgehenden Leitungen und schützt so das kalte Trinkwasser sicher vor Erwärmung (siehe Bild 3).

Die dezentrale Trinkwassererwärmung bietet aber nicht nur viele Hygienevorteile, sondern erhöht auch den Warmwasserkomfort. So erreichen die individuell für das jeweilige Objekt ausgelegten Stationen Leistungen von bis zu 25 l/min bei einer Vorlauftemperatur von 65 °C und einer Trinkwassererwärmung von 10 °C auf 50 °C. Damit gehen Rücklauftemperaturen von etwa 30 °C einher, die wiederum die Effizienz der Wärmeerzeugung verbessern. In ein solches Heizsystem lassen sich auch erneuerbare Energien einbinden. Die intelligente Wohnungsstation erlernt zudem die täglichen Abläufe der Nutzer. Die Lastprofilerkennung diagnostiziert selbstständig, wann mit einer Warmwassernutzung zu rechnen ist und wärmt das Heizungs-Rohrnetz und die Anbindung an die Station analog zum Nutzerverhalten vor. Wird dann vom Nutzer Warmwasser gezapft, steht es innerhalb der Station unmittelbar zur Verfügung. Die Warmwasser-Ausstoßzeiten werden damit signifikant verkürzt, ohne wie in der Warmwasser-Zirkulation üblich, Trinkwasser „auf Verdacht“ zu erwärmen und dieses dauerhaft in die Nähe der Entnahmestellen zu bringen.

Alles im Fluss: Durchschleif-Ringinstallation

Die gewählte Installationsart beeinflusst den in der VDI-Richtlinie 6023 geforderten Wasseraustausch in allen Leitungsteilen, aber auch die Rohrdimensionierung sowie die Temperaturhaltung für Kalt- und Warmwasser stark. Durchschleif-Ringinstallationen bieten dabei Vorteile gegenüber der T-Stück- und Reiheninstallation. Bei Ringinstallationen durchströmt Wasser bei jedem Zapfvorgang alle Leitungsteile und das Wasservolumen wird komplett ausgetauscht (Bild 4). Wählen Planer diese Art der Stockwerksverteilung, vermeiden sie stagnierende Kalt- und Warmwasserleitungsteile, da es in der Nutzung keine Rolle spielt, wo häufig, wenig oder gar nicht gezapft wird. Bei jeder Entnahme wird das Wasser in allen Leitungsteilen sicher ausgetauscht. Aus trinkwasserhygienischer Sicht ist darüber hinaus ein geringes Wasservolumen in den Rohrleitungen zu empfehlen. Bei einer Ringinstallation sind die Widerstände parallelgeschaltet, sodass die Druckdifferenzen gering sind und damit kleine Rohrdurchmesser installiert werden können. Damit sind einige der zentralen Forderungen der VDI-Richtlinie 6023 erfüllt, nämlich Stagnationsstrecken zu vermeiden, den Wasserinhalt gering zu halten und für einen regelmäßigen Wasseraustausch in allen Leitungsteilen zu sorgen. Der Warmwasserinhalt im ungünstigsten Fließweg einer typischen Stockwerksinstallation liegt i. d. R. unter dem im DVGW-Arbeitsblatt W 551 geforderten Grenzwert von drei Litern, sodass auch im Stockwerk keine Zirkulation notwendig ist.

Durchschleif-Ringinstallationen sollten allerdings keine Bereiche in einer Wohnung in einem Ring erschließen, die zu weit auseinanderliegen (z. B. das Bad und eine entfernt liegende Küchenspüle), denn das erhöht die Warmwasser-Ausstoßzeiten. So wurde für das Bad in Bild 5 eine Ringinstallation gewählt, die unabhängig vom Nutzerverhalten (Nutzung Dusche, Badewanne) einen Austausch des Wassers in allen Leitungsteilen ermöglicht, während für die Küchenspüle und das Gäste-WC eine Durchschleif-Reiheninstallation gewählt wurde. Dabei befindet sich der Hauptverbraucher am Ende, um auch hier einen möglichst häufigen Wasserwechsel zu ermöglichen. Im vorliegenden Beispiel ergeben sich auf diese Weise auch für die oft kritischen Entnahmestellen Dusche und Küchenspüle Warmwasser-Ausstoßzeiten gem. VDI-6003 AS II. In Sachen Komfort steht die Durchschleif-Ringinstallation anderen Installationsarten in nichts nach: Die Kriterien für Warmwasser-Ausstoßzeiten gemäß VDI 6003 können mit Ringinstallationen ebenso erfüllt werden wie mit einer T-Installation. 

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Temperaturhaltung im Kaltwasser funktioniert. Höhere Austauschfrequenzen des Wassers innerhalb der Ringinstallation und das schnelle Absinken der Warmwassertemperatur in der Zapfruhe unter den kritischen Temperaturbereich von 25 °C sorgen dafür, dass sich auch Kaltwasserleitungen nicht erwärmen, die in derselben Vorwand oder derselben Trockenbauwand verbaut sind (siehe Bild 6). Bei einer längeren Zapfunterbrechung minimiert sich somit das Verkeimungsrisiko für Warm- und Kaltwasserleitungen.

Zur Sicherheit: bedarfsgerechte Hygienespülungen 

Bleibt eine Wohnung länger ungenutzt, etwa weil die Bewohner im Urlaub sind, stagniert das Trinkwasser in den Leitungen. Kommen dann noch hohe Umgebungstemperaturen hinzu, können sich Legionellen besonders gut vermehren. Diesem Risiko können Planer entgegenwirken, indem sie Spülstationen einplanen. Denn eine automatisierte, bedarfsgerechte Hygienespülung von Warm- und Kaltwasserleitungen garantiert die Einhaltung der Hygieneanforderungen. So erkennt eine Spülstation wie die Uponor „Motion“ (Bild 7) eigenständig Stagnation innerhalb der Kalt- und Warmwasserleitungen. Sie tauscht das gesamte Trinkwasser in der Ringinstallation aus, wenn die individuell einstellbare, zugelassene Stagnationszeit abgelaufen ist. Auch die Temperaturen werden überwacht: Liegen sie länger in einem Bereich, der das Legionellenwachstum begünstigt, löst die Station ebenfalls eine Spülung aus.

Der Einbau von Spülstationen verhindert daher negative Einflüsse auf die Trinkwasserhygiene durch Nichtbenutzung der Anlage oder längere Abwesenheit der Bewohner. Die VDI-Richtlinie 3810 unterscheidet verschiedene Arten von Nutzungsunterbrechungen, die unterschiedliche Maßnahmen im Betrieb der Trinkwasseranlage nach sich ziehen (siehe Bild  8). Werden von vornherein automatisierte Hygienespüleinrichtungen eingeplant, müssen Nutzungsunterbrechungen später nicht betriebstechnisch abgesichert werden. So spart der Betreiber Aufwand und Kosten. Weil die Hygienespülung das Wasser automatisch austauscht, kann die Trinkwasseranlage auch über längere Nichtnutzung im Betrieb bleiben.

Nicht zuletzt kann mit der automatisierten Hygienespülung in Kombination mit Durchschleif-Ringinstallationen der bestimmungsgemäße Betrieb aufrechterhalten werden, der bereits nach Abschluss der Roh-Installationsarbeiten noch in der Bauphase erfolgen kann. Alle Leitungsabschnitte, die in eine Hygienespülung eingebunden sind, können sofort mit Trinkwasser befüllt werden. Dies erspart zusätzliche Kosten und Koordinationsaufwand in der Ab- und Inbetriebnahme, da sonst nur Installationsteile mit Trinkwasser gefüllt werden dürfen, wenn diese nach spätestens 72 Stunden durch bestimmungsgemäße Nutzung betrieben werden. Dadurch muss häufig zunächst mit Luft oder inertem Gas abgedrückt werden. Mit einer automatisierten Hygienespülung kann die Installation bereits in der Rohbauphase bestimmungsgemäß betrieben und für den hygienisch erforderlichen Wasseraustausch gesorgt werden.

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