Stolpersteine im Brandschutz

bautec 2020: InnoTreff Brandschutz

Worin die Stolpersteine im Brandschutz liegen und welche technischen Lösungsansätze möglich sind, diskutierte der erste InnoTreff Brandschutz im BauPraxis Zentrum SHK auf der Fachmesse bautec am 21. Februar 2020 in Berlin. Neue Branchenimpulse, ein vielseitiges und qualitativ hochwertiges Vortragsspektrum sowie eine höhere Fachbesucherzufriedenheit zeichneten die Veranstaltung aus, so das Urteil der Teilnehmer.

Anlässlich der bautec luden die Initiatoren Eckhard Steinicke, Steinicke Handelsgesellschaft, Dirk Borrmann, TÜV Rheinland, und Uwe Manzke, IWP Wissenschaftsredaktion, erstmals zum „InnoTreff Brandschutz“. Im Anschluss der Vorträge konnten sich die Teilnehmer am Stand von Eckhard Steinicke über die Funktionsweise von „Firesafe“, dem neuen Feuerschutzabschluss für gewerbliche Küchenabluft mit 100% freiem Querschnitt von GSB, dem „LH-UL 250“-Ionisations-Umluftgerät für die Deckenmontage, und dem „LH-MAG“-Ionisations-Nachrüstset für vorhandene Lüftungsdurchlässe informieren. Wie viel Brandschutz die Wohnungswirtschaft verträgt, rückte Ingeborg Esser, GdW, in der Keynote in den Fokus. Das zunehmend komplexere Zusammenwirken von technischen Anlagen im Brandschutzkonzept fasste Dirk Borrmann mit der neuen VDI 6010 Blatt 1 zusammen. Weitere Themen waren Fehlverhalten im Brandfall, Bauprodukte und ihre fachgerechte Anwendung, Brandschutz als Kostentreiber, und eine Brandschutz App zur Inbetriebnahme von Entrauchungs-Steuersystemen.

 

BrandBlicke: Risk Barometer zeigt Handlungsbedarf 

Mit Rang vier im Allianz Risk Barometer schätzen deutsche Unternehmen Geschäftsrisiken durch Feuer und Explosion in 2018 noch kritischer ein als im Jahr 2017. Aus Sicht der Unternehmen ist daher eine stärkere Sensibilisierung festzustellen. „Das ist zunehmend von der jeweiligen Branche und Risikobewertung abhängig. Zum Beispiel sind in der Gastronomie Küchenbrände sehr häufig anzutreffen. Fette und Öle in der Abluft können bei unzureichender Reinigung zu Ablagerungen im Kanal sowie am Ventilator und Filter führen. Dadurch erhöhen sich Brandlasten und das Risiko eines Brandes erheblich. Anlass für uns, dieses Thema auf dem InnoTreff Brandschutz aufzugreifen, beschreibt Eckhard Steinicke die Motivation.

Brandschutzkonzept geprüft und genehmigt und alles ist gut? So einfach ist es nicht. Für Fachplaner ist es oftmals ein Weg mit Hindernissen, weiß Dirk Borrmann. Denn die Realität sieht in der Praxis anders aus. In komplexen Gebäuden müssen viele sicherheitstechnische Anlagen im Zusammenspiel funktionieren, damit der Brandschutz gewährleistet ist. Das notwendige Zusammenwirken der Anlagen muss im Brandschutzkonzept durch ein sicherheitstechnisches Steuerungskonzept vorgegeben werden. „In Brandschutzkonzepten sind die Vorgaben für die Fachplaner nur kaum oder unzureichend beschrieben. Teure Nachrüstungen während der Bauausführung, Verzögerungen, und Streitfälle sind die Folgen. Mit der neuen VDI Richtlinie 6010 Blatt 1 werden die Planungsphasen und Aufgaben der Beteiligten für das Zusammenwirken von Anlagen nachvollziehbar vereinheitlicht“, so Dirk Borrmann.

Der Brandschutz in der Wohnungswirtschaft stellt höchste Ansprüche an die Wohnungsgesellschaften, aber auch an die Mieter. Kommt es zu einem Brand mit Rauchentwicklung sind die richtigen Reaktionen der Bewohner überlebensnotwendig. „Das häufige Fehlverhalten von Bewohnern in Wohnungen im Brandfall aus Unkenntnis hat uns daher inspiriert, eine für Bewohner verständliche Fachempfehlung „Verhalten im Brandfall“ zu erstellen. Für Wohnungsgesellschaften kann sie mit grafischer Aufbereitung in Abhängigkeit vom Anbieter eine Grundlage für Veröffentlichungen bzw. Aushängen in Wohngebäuden sein“, so Frieder Kircher, LtdBD i.R. Berliner Feuerwehr. Um das Verständnis zum Brandschutz schon früh anzuregen wurde ein Schülerwettbewerb für 7- bis 10-Klässlern initiiert. Sie sollen kreative Ideen entwickeln, wie sich das richtige Verhalten im Brandfall realisieren lässt. Getragen vom Forum Brandrauchprävention e.V., Gemeinsamer Ausschuss Brandschutzaufklärung und -erziehung von DFV und vfdb, Deutscher Feuerwehrverband e.V. (DFV), und Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) e.V. können ab 20. April 2020 unter https://120sek.de Vorschläge online eingereicht werden.

 

Wie viel Brandschutz verträgt die Wohnungswirtschaft?

Die gesetzliche Grundlage für den Brandschutz bilden die Landesbauordnungen der Bundesländer, ergänzt durch die technischen Vorgaben. „Diese werden jedoch durch die kommunalen Verantwortlichen jeweils (unterschiedlich) interpretiert. Es kann auch vorkommen, dass Vorgaben im ,vorauseilendem Gehorsam‘ für die notwendigen Brandschutznachweise unnötig übererfüllt werden oder Planer aus Erfahrungsmangel zu viel planen“, beschreibt Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen die bundesweit unterschiedlichen Erfahrungen der Wohnungsunternehmen. Natürlich gibt es gute Beispiele für die Zusammenarbeit der Beteiligten, die zeigen, dass der Brandschutz nicht per se zu hoch und damit zu teuer ist. Sie plädiert daher für eine überschaubare eindeutige Vereinheitlichung der Anforderungen zur Kostensenkung, ohne die Sicherheit einzuschränken. 

“Wichtig ist es, die Relation zu den täglichen Gefahren nicht aus den Augen zu verlieren. Im täglichen Leben – vor allem im Verkehr – nehmen wir bewusst viel höhere Gefahren in Kauf. Und beim Brandschutz sollen es 100 % Schutz sein“, spitzt Ingeborg Esser zu. „Natürlich sollen Brandtote verhindert werden, die Frage ist aber immer auch zu welchem Preis.“

Im Neubau lassen sich die Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz meist einfacher erfüllen. Im Bestand kommen wir hingegen oft auch an technische Grenzen, so Ingeborg Esser. „Beim Bestand gilt es zu unterscheiden, ob sich neue Vorgaben durch Umbau/Erweiterung ergeben oder durch bloße Änderung von Normen oder anderen Anforderungen, bzw. deren Neuinterpretation. Problematisch wird es, wenn wir die großen Potenziale für bezahlbares Bauen durch Aufstockung von Wohn- und Nichtwohngebäuden wegen überbordender Brandschutzanforderungen nicht mehr heben können“, führt Ingeborg Esser aus.

„Insgesamt bleibt festzustellen, dass der Brandschutz von den Wohnungsunternehmen wegen der vielfältigen Erfahrungen als schwierig und teuer eingeschätzt wird. Vermutlich ist hier auch ein Teil subjektiv. Längerfristig würden sicherlich einheitliche Regeln bei einem maßvollen Anforderungsniveau helfen, die Beziehungen der Wohnungswirtschaft zum Thema Brandschutz aufzubessern“, so das Fazit von Ingeborg Esser.

Fachgerechter Brandschutz in Lüftungsanlagen

Über Bauprodukte und ihre fachgerechte Anwendung berichte Muhammed Gündüz VDI, Fachplaner für gebäudetechnischen Brandschutz (Eipos). „Für Betreiber, TGA-Fachplaner und ausführende Betriebe sind die fachlichen und technischen Brandschutzanforderungen in Lüftungsanlagen sehr komplex und nicht immer nachvollziehbar. Ein Grund: Die objektspezifischen Anforderungen an Lüftungsanlagen sind je nach Gebäuden und deren Bauteilen unterschiedlich. Durch frühzeitige fachgerechte Planungs- und Ausführungsnachweise beispielsweise für Brandschutzklappen in Lüftungsanlagen lassen sich Brandschutzmängel schon im Vorfeld vermeiden. Dazu zählt auch die Einhaltung der konkreten Vorgaben der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) in Kombination mit der eingeführten Muster-Verwaltungsvorschrift (M-VV TB). Sie sind eine Grundvoraussetzung für mangelfreie Brandschutzplanung. Auch die unterschiedlich zu interpretierenden Nachweise von Verwendbarkeit und Anwendbarkeit sollten dem Fachplaner geläufig sein, so Vertriebsleiter Muhammed Gündüz, RF-Technologies. In dem Zusammenhang verwies er auch auf die zulassungstechnischen Kennzeichnungsvoraussetzungen. „Bei vielen Produkten wird noch Wert auf das Ü-Zeichen gelegt. Dieses ist nach vielen harmonisierten EN Normen bzw. VV TB nicht mehr zugelassen. Als Nachweise sind CE Kennzeichnung, Leistungserklärung (DOP), Montage- und Gebrauchsanleitung (Verwendungsnachweis) vorzulegen“, ergänzt Mohammed Gündüz.

Smarte Inbetriebnahme per App

Mit einer App aus Teltow lassen sich Brandschutz- und Entrauchungssteuersysteme einfach mit dem Smartphone konfigurieren (Betriebssystem Android/iOS). Die nachweisgeführte und dokumentierte Inbetriebnahme erfolgt über die „rigentoAPP“ mit gesicherter Bluetooth-Kommunikation. Im Konfigurationsbetrieb werden je nach Busmodul-Typ Relaisausgänge geschaltet sowie die LED aller Busmodule geprüft. „Die Inbetriebnahme durch die App verkürzt den Prozess um 30 % und schafft so mehr Freiraum“, so Armin Althaus Prokurist, Leiter Produktmanagement bei Hosch. 

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