Technisch-wissenschaftliche Fachveranstaltung

TGA-Kongress 2021 online

Nach 2016 und 2018 fand der aufgrund der Corona-Pandemie um beinahe ein Jahr verschobene TGA-Kongress am 27. und 28. Januar 2021 als Online-Veranstaltung statt. 375 Teilnehmer hatten sich zum TGA-Kongress angemeldet und erlebten eine ausgesprochen vielfältige technische-wissenschaftliche Veranstaltung, die mit ihren Vorträgen immer auch die Brücke hinüber zur Praxis schlug. Der erste Tag begann mit einem Grußwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Thomas Bareiß, der die Bedeutung der TGA für den Klimaschutz und die Lüftungstechnik für die Pandemiebekämpfung betonte. Daran schloss sich ein Vortrag im Online-Plenum von Prof. Per Heiselberg zu den Herausforderungen und dem Stand der Energiewende in Dänemark an. Auch wenn die Ziele in einigen Bereichen ehrgeiziger sind als in Deutschland – innerhalb der nächsten fünf Jahre soll beispielsweise keine Kohle mehr für den Wärmesektor genutzt werden – stellen sich vielfach ähnliche Probleme. So muss man sich in Dänemark, ebenso wie in Deutschland, der Herausforderung stellen, dass die erzielten Energieeinsparungen nicht komplett von zusätzlich gebauter und neu betriebener Gebäudefläche quasi aufgehoben werden. Zudem gilt dort ebenso, wie in anderen Ländern, dass jedes Gebäude individuell betrachtet werden muss, um die möglichen Energieeinsparpotentiale aufzudecken und mit einem konkreten Fahrplan umzusetzen.

Es folgten die drei Themenblöcke Lüftungstechnik, Energieversorgungskonzepte und Quartiere, Building Information Modeling – BIM. Der zweite Tag bot dann mit neun Blöcken ein ebenfalls sehr reichhaltiges Programm zu den Themen Verteilung und Übergabe, Bilanzierung der Lebenszykluskosten (LCC), Aeorosolübertragung/Infektionsrisiko/Lüftungstechnik, Optimierter Betrieb versorgungstechnischer Anlagen, Machine Learning – Anwendungen in der TGA, Hygiene und Sonder­anwendungen, Komponenten der Heiz- und Raumlufttechnik, Grundlagen und Modellbildung sowie Inbetriebnahme und Monitoring. Je nach Interesse war ein rascher Wechsel zwischen jeweils drei zeitgleich stattfindenden Themenblöcken möglich. Insgesamt bot die gemeinsam von BTGA, FGK, dem Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte e.V. sowie dem BDH ausgerichtete Veranstaltung rund 60 Fachvorträge. Die Fülle der Anregungen und Erkenntnisse, die sich aus der Teilnahme an diesen Vorträgen gewinnen ließen, lässt sich leider nicht in wenigen Sätzen darstellen. So sollen einige wenige Beispiele einen Eindruck vermitteln: 

Sven Herbert, Helmut Herbert GmbH & Co. KG, und Tim Hoffeller, ekkodale GmbH, stellten gemeinsam die Möglichkeiten für eine „BIM-basierte Vorfertigung von Rohrtrassen“ vor und zogen das Fazit, dass der gewünschte Ablauf sehr gut funktioniert und künftig sogar komplett papierlos gestaltet werden soll. Selbst die nachträgliche Fertigung einzelner Bauteile fällt zeitlich und kostenmäßig aufgrund der erzielten Vorteile nicht ins Gewicht.

Joachim Seifert, Institut für Energietechnik der TU Dresden, berichtete über das „National 5G Energy Hub“ und damit über die Einführung moderner Kommunikationsstrukturen in der Energietechnik. Die Kommunikation über 5g (www.n5geh.de) bietet Vorteile, hat aber auch Nachteile, da nicht jeder Raumbereich zwingend erreichbar ist. Eine Funktechnologie muss demnach individuell für ein Gebäude betrachtet werden. 

Steffen Müller, Ulrich Müller GmbH, ging mit „Mensch-System-Technik – effektiv optimieren und zukunftsorientiert weiterdenken“ den Faktoren der RLT-Anlagenoptimierung auf den Grund. Eine weitere Reduzierung der Betriebszeiten sieht er als kritisch an, da in sehr vielen Gebäuden schon sehr viele Einsparpotentiale umgesetzt worden sein. Allerdings merkte er aus seiner beruflichen Praxis kritisch an, dass ein Frequenzumformer, der immer auf 100 % fährt, nichts zu einer Energieeinsparung beitrage. Bei allen Projekten, die stets mit dem Lebenszyklusgedanken zu verknüpfen seien, dürfe zudem der Faktor Mensch nicht unterschätzt werden.

Karin Rühling, Institut für Energietechnik der TU Dresden, sprach über neue Erkenntnisse zum Thema Legionellen und wies bei dem von ihr vorgestellten Forschungsvorhaben mit 101 untersuchten Objekten insbesondere darauf hin, dass vor allem der Kaltwasserbereich noch stärker in den Blick genommen werden muss, um einen Befall mit Legionellen zu vermeiden.

Anders Berg, Universität Stuttgart, IGTE Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung, erläuterte die Ergebnisse aus einem Praxistest zur Gebäudebetriebsoptimierung anhand raumweiser Nutzeridentifikation und die dafür genutzten Bluetooth-Sender in Form von „Beacons“. Als Vorteil stellte er eine detailliertere Feststellung der individuellen Raumbelegung in Gebäuden gegenüber optischen Präsenzmeldern heraus. Dafür müssen jedoch die Verwendung der Systeme und konkrete Vorgaben insbesondere in Bezug auf den Datenschutz bereits vor dem Einsatz geklärt werden.

Florian Stinner, RWTH Aachen University, E.ON Energy Research Center, zeigte Möglichkeiten zur automatisierten Erstellung eines digitalen Zwillings der TGA mit Hilfe von Bestandsplänen und Computer Vision. Dabei stellt es eine besondere Herausforderung für die Software dar, Linien, Symbole, Linien und Linienkreuzungen zu erkennen. Hier ist noch Entwicklungsarbeit zu leisten, wenn auch bereits große Fortschritte erkennbar sind.

Markus Arendt, Institut für Energietechnik, TU Dresden, stellte das Projekt KUEHA: „Kühlen mit der vorhandenen Heizungsanlage – Ergebnisse der Wirkung gekühlter Heizflächen im Raum“ vor, zu dem sie in einem Fachbeitrag auf den Seiten 32 bis 37 in dieser tab-Ausgabe mehr erfahren können.

Kommentar

Das einfache Springen zwischen den drei parallelen Sessions während des digital durchgeführten TGA-Kongresses erlaubte es, sich innerhalb kurzer Zeit sehr vielseitig zu informieren. Allerdings war es manchmal schwer, sich bei der Fülle an gleichzeitig stattfindenden interessanten Themen für nur einen konkreten Vortrag zu entscheiden, da stets auch die gleichzeitig stattfindenden Parallelvorträge reizvoll waren. Das spricht für den TGA-Kongress und sein hochwertiges Fachprogramm. Das für einen Wechsel zwischen den Sessions notwendige Zeitmanagement hatten Moderatoren und Referenten gleichermaßen gut im Griff. Der intensive fachliche Austausch im Chat unterstreicht das auf Zuschauerseite hohe Interesse deutlich.

Daher ist die Vorfreude auf den nächsten TGA-Kongress 2022 – dann hoffentlich wieder als Präsenzveranstaltung – schon heute sehr groß.

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