150 Jahre Kemper in Olpe

Spezialist für Trinkwasserhygiene

Das Sauerland ist in Deutschland eines der wichtigsten Zentren der metallverarbeitenden Industrie. Hier sind viele Unternehmen beheimatet, die eine jahrzehntelange, teilweise sogar jahrhundertelange Erfahrung besitzen, was das Gießen, Walzen und Veredeln von Metallen betrifft. Hierzu zählt auch die Firma Kemper aus Olpe, die vor exakt 150 Jahren gegründet wurde. Im Jubiläumsjahr blickt man bei Kemper aber nicht nur auf die Vergangenheit zurück, sondern rüstet sich mit großen Investitionen und Innovationen für die Zukunft, wie die tab-Redaktion vor Ort erfahren konnte.

Das heute unter dem Namen Gebr. Kemper GmbH & Co. KG firmierende Unternehmen wurde 1864 in Olpe von Johann-Anton Kemper gegründet und befindet sich nach wie vor in Familienbesitz. Was sich ebenfalls nicht verändert hat, ist die Verbundenheit zur Region, denn Kemper produziert auch 2014 noch ausschließlich in den eigenen Werken in Olpe. Deutliche Veränderungen hat es hingegen bei der Ausrichtung des Unternehmens gegeben. Die Metallverarbeitung bildet zwar seit den Anfängen der Firmengeschichte das wirtschaftliche Rückgrat, mittlerweile hat sich Kemper aber auch einen Namen als Anbieter von komplexen Systemlösungen für die Gebäudetechnik gemacht. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf Systemen zur Erhaltung der Trinkwasserhygiene in Installations­sys­te­men – dies umfasst neben der eigentlichen Gussarmatur auch die Regelungs- und Steue­rungstechnik bis hin zu komplexen Softwarelösungen. Neben den Armaturen und Systemen für die Gebäudetechnik werden verschiedene Gussprodukte für die Industrie sowie Metallhalbzeuge in Form von Bändern aus Kupfer und Kupferlegierungen gefertigt. Das Unternehmen beschäftigt heute rund 840 Mitarbeiter und setzt jährlich 280 Mio. € um.

Firmengeschichte: Munitionskisten und Weserwasser

Deutlich weniger komplex ging es 1864 im Gemüsegarten der Frau des Firmengründers zu. Hier hatte Johann-Anton Kemper vor 150 Jahren mit der Produktion von Kupferscharnieren begonnen, die vor allem für Munitionskisten verwendet wurden. Zusammen mit seinem Bruder Eduard gründete er das Unternehmen „Gebr. Kemper“, das er schon kurz nach der Gründung um ein Walzwerk im nahen Ortsteil Rüb­linghausen erweiterte. Neben den Walzprodukten machte man sich in den Folgejahren auch einen Namen als Anbieter von Gussstücken – hier wurden vor allem Schiffsschrauben und Teile für große Turbinen hergestellt.

Erst 100 Jahre nach der Firmengründung und mehr durch Zufall entdeckte man das Geschäftsfeld der Haus- und Gebäudetechnik für sich. Ende der 1960er Jahre war Kemper Aussteller bei einer Messe für Schiffbau in Hamburg. Vertreter des Hochbauamts Bremen hatten entdeckt, dass die Sauerländer korrosionsbeständige Gussteile für den Schiffbau fertigten. Sie wollten wissen, ob man bei Kemper nicht auch in der Lage sei, korrosionsbeständige Absperrarmaturen für das Bremer Trinkwassernetz herzustellen. Das Wasser der Weser war damals so verunreinigt, dass ein hoher Aufwand für die Wasseraufbereitung entstand. Die hierbei eingesetzten Messingarmaturen fielen in kürzester Zeit durch Korrosion aus, so dass man in Bremen nach alternativen Materialien Ausschau hielt. Die nach diesem Gespräch von Kemper entwickelte Rotguss-Armatur für das Bremer Hochbauamt ging als „Weser“-Baureihe in die Firmengeschichte ein und existiert noch heute unter diesem Namen. Es ist schon eine kleine Kuriosität, dass das aggressive Flusswasser der Weser quasi die Keimzelle für die bei Kemper heute vorhandene Systemkompetenz rund um die Trinkwasserhygiene darstellt. Ende der 1960er war Kemper der einzige Hersteller für derartige Gussarmaturen, die zwar im Vergleich zu den üblicherweise eingesetzten Messingarmaturen um ein Vielfaches teurer waren, aber dafür auch dauerhaft hielten. Erste Wettbewerber, die das Marktsegment ebenfalls für sich erkannt hatten, kamen erst in den 1980er Jahren auf den Plan – hier bekommt der Begriff des „Abkupferns“ eine völlig neue Bedeutung.

Vom Metallverarbeiter zum Systemanbieter

Hatte man sich bei Kemper bis dato allein über den Werkstoff Rotguss vom Wettbewerb abheben können, mussten bald andere Alleinstellungsmerkmale gefunden werden. In der Folge wurden eigene Abteilungen für Konstruktion und Entwicklung sowie Produktmanagement gegründet, Kooperationen mit Hochschulen und anderen Herstellern gesucht sowie gepflegt und so die technologische Kompetenz rund um das Thema Trinkwasser ausgebaut. Mit dem wachsenden Know-how wurden die Kemper-Armaturen „intelligenter“. Dies hatte zur Folge, dass es für Planer und Installateure mit mehr Aufwand verbunden war, diese auszulegen, zu berechnen und zu installieren. Ein wichtiger Schritt für Kemper war daher die 2002 gestartete Zusammenarbeit mit der Dendrit Haustechnik-Software GmbH, in deren Planungssoftware „Dendrit“ die Berechnungsgrundlagen für die Kemper-Systeme aufgenommen wurden. Die Software als wichtiges Handwerkszeug des Planers muss perfekt funktionieren – daher fiel die Entscheidung, die Softwarefirma 2010 komplett zu integrieren. „Dendrit“ ist dabei keine Auslegungssoftware nur für Kemper-Produkte, viele andere namhafte Firmen wie Wilo, Grundfos oder Geberit, sind Partner von Dendrit. Und die Planungssoftware ist auf dem Weg, sich von einer Lösung mit dem Schwerpunkt Wasser/Sanitär hin zu einer Allrounder-Software für alle Gewerke – also auch Heizung, Lüftung, Gas – zu entwickeln.

Wasser muss fließen

Die angesprochene Dynamik im Bereich Systemtechnik ist bei Kemper mit den Namen KHS und KTS verbunden. KHS steht für „Kemper Hygiene System“ und wurde 2007 als Lösung entwickelt, um die Herstellung und Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene zu ermöglichen. KHS bewirkt eine permanente bzw. regelmäßige Bewegung des Wassers in Trinkwasserinstallationen. Knackpunkt dabei ist die Vermeidung von Stagnationen in Rohrleitungen. Dabei können dauerhaft die in den Normen und Regelwerken vorgegebe­nen Temperaturen in Trinkwasser-kalt und -warm eingehalten werden, und einer Verkeimung durch Mikroorganismen wird vorgebeugt.

Hinter KTS verbirgt sich das „Kemper ThermoSystem“, das 2012 in den Markt eingeführt wurde. KTS ist ein zentrales Trinkwassererwärmungssystem, welches im Durchflussprinzip arbeitet und die Anforderungen an die Trinkwasserhygiene, die energetische Optimierung der Trink­wassererwärmung sowie Komfort und Versorgungssicherheit an allen Entnahmestellen vereinigt. Die konstante Auslauftemperatur an den Entnahmestellen wird durch die hohe Regelgüte der integrierten lernfähigen Regelungseinheit in der „ThermoBox“ erreicht.

Der Weg in die Zukunft

Was ist von Kemper in den kommenden Jahren zu erwarten? Aktuell investiert das Unternehmen am Standort Olpe in den Neubau eines neuen Armaturenwerkes mit integriertem Logistikzentrum mit einer Gesamtfläche von rund 12 300 m², das 2015 in Betrieb genommen werden soll. Durch das kontinuierliche Wachstum war die maximale Auslastung der bisherigen Armaturenfertigung erreicht worden. Mit ein Grund für dieses Wachstum ist nach Auffassung von Stefan Pohl, Leiter Marketing und Vertriebscontrolling bei Kemper, die Novellierung der Trinkwasserverordnung. Durch sie müssen Hersteller, Planer und Installateure die Werkstoffqualität und -inhaltsstoffe von Armaturen stärker berücksichtigen. In diesem Zusammenhang habe Kemper schon frühzeitig seine Hausaufgaben gemacht und sich aus metallurgischer Sicht einen Vorsprung erarbeitet. So habe Kemper einen Rotguss entwickelt, der trotz eines geringen Bleianteils eine hohe Korrosionsbeständigkeit aufweist.

Die Positivliste des UBA habe sich als Hürde für manche Anbieter erwiesen, so Stefan Pohl. Viele Marktbeteiligte hätten daher Komponenten ihrer Programme auf Kemper-Rotguss umgestellt.

Der Wissenstransfer ist für die Sauer­länder ein zentraler Baustein für den gemeinsamen Erfolg von Hersteller und Anwender. Hierfür hat Kemper 2,5 Mio. € für den Bau des Technikums – eines Seminar- und Schulungszentrums am eigenen Firmensitz in Olpe – in die Hand genommen.

Mittelfristig will sich Kemper weiter als Spezialist für Trinkwasserhygiene posi­tio­nieren. In diesem Thema steckt nach Auffassung von Stefan Pohl noch Potential für Weiterentwicklungen in den Bereichen Armaturen, Systemen, Steuerung und Gebäudeautomation.

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