Quartierslösungen

Technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll, nachhaltig gestaltbar

Die Energieversorgung von ganzen Quartieren gemeinsam zu gestalten ist ein Erfordernis der Energiewende. Denn man kann den Verbrauch einer Eigenerzeugung in größeren Dimensionen besser gegenüberstellen, mithilfe von Speichern Defizite oder Überproduktion kurz- und langfristig ausgleichen und dank Digitalisierung eine deutlich höhere Energieeffizienz erreichen als bei kleinteiligen Lösungen im gleichen Gebäudebestand. Dabei wird eine alte Frage der Energiewende mit gestellt: Sind solche dezentralen Lösungen nicht besser als zentrale?

Quartiere werden auch von der Politik als Quelle von mehr Energieeffizienz entdeckt und damit als einem Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Zehn Bundesländer, in deren Hoheit ja das Baurecht liegt, haben bereits sogenannte Quartiersgesetze. Erst im April 2021 kam noch Niedersachsen dazu. Diese Gesetze sollen Eigentümerinitiativen helfen, ihr eigenes Stadtviertel aufzuwerten. Die Kommunen können dabei finanziell unter die Arme greifen. Ein integraler Bestandteil ist die energetische Aufwertung dieser Quartiere.

Die Idee kommt aus den USA, wo so bereits seit den 1970er Jahren Quartiere aufgewertet werden, um den Wegzug zu stoppen. 2007 wurde sie ins deutsche Städtebaurecht aufgenommen.

Auf Bundesebene wurde die energetische Versorgung von Quartieren mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2021 erleichtert. Allerdings bleibt das EEG schuldig, was nun genau mit einem Quartier gemeint ist. Ist dies ein ganzer, historisch gewachsener Stadtteil mit homogener Baustruktur oder nur ein Ensemble von einigen benachbarten Wohngebäuden? Dies muss sicherlich vom Planer in jedem Einzelfall geklärt werden.

Der räumliche Zusammenhang zwischen Erzeugung und Verbrauch wurde ausgedehnt. War es bisher etwa nur möglich, den Strom einer PV-Anlage vom Dach direkt im Haus in einem Mieterstromprojekt zu verbrauchen, so kann dieser jetzt auch in benachbarten Gebäuden genutzt werden.

Sinnvoll ist dies, weil nicht jedes Dach statisch oder aufgrund seiner Neigung für eine PV-Anlage geeignet ist. Davon ausgenommen sind allerdings die Dächer von gewerblichen Bauten, etwa von Supermärkten oder schon zur Quartiersversorgung installierten Blockheizkraftwerken (BHKW), obwohl diese meist Flachdächer aufweisen und sich deswegen besonders gut eignen würden.

Technologien

BHKW – KWK

Die Blockheizkraftwerke sind bisher in Bestandsquartieren die bewährteste Technologie zur Versorgung mit Strom und vor allem Wärme. Genutzt werden meist schon installierte Wärmenetze, die einst von Großkraftwerken gespeist wurden. Die BHKW ergänzen diese oder befüllen sie sogar ganz allen. Hier ist auch ein Umstieg auf erneuerbare Energien möglich – entweder mit der bewährten Technologie von Gas-BHKW und deren kompletter Beschickung mit Biogas oder durch BHKW, die feste Biomasse verarbeiten. Geeignet sind hier vor allem Holzpellets, in größeren Leistungsklassen auch Hackschnitzel. Der Vorteil derartiger Lösungen liegt in der Grundlastfähigkeit der Stromversorgung.

Ergänzt werden können solche Systeme mit großflächigen Solarthermieanlagen. Diese können entweder direkt die Warmwasserbereitung unterstützen oder aber bei kleineren Wärmenetzen den Rücklauf aufheizen und so die nötige Wärmemenge zur Erhitzung des Vorlaufes zu begrenzen. Eine beispielhafte Anlage findet sich etwa in Berlin und wird von Vattenfall betrieben.


Niedertemperaturnetze

Auch die Verteilung der Wärme in Quartieren ändert sich. Bisher waren Hochtemperatur-Fernwärmenetze meist das Mittel der Wahl. Doch in hochgedämmten Gebäuden sind Vorlauftemperaturen von über 100 °C wenig sinnvoll. Oftmals reichen 70 °C aus, womit auch eine legionellenfreie Trinkwasserversorgung sichergestellt werden kann. Sie funktionieren ebenso wie klassische Fernwärmenetze, haben jedoch den Vorteil, dass sie weniger Verluste zeitigen. Zudem können auch andere Wärmequellen als die aus Heizkraftwerken oder KWK-Lösungen eingespeist werden, etwa Solarthermie.

Doch es geht noch kälter. Bei kalten Wärmenetzen zirkuliert das Wasser zwischen 9 und 11 °C, bei Niedertemperatur-Wärmenetzen sind es etwa 30 °C. Hier werden die benötigten Endtemperaturen beim Verbraucher mittels dort installierter Wärmepumpen erreicht.

Bei diesen Netzen sind die Installationskosten deutlich geringer, und sie werden, etwa beim Erschließen von Neubaugebieten, ohne großen Aufwand gleich mit den anderen Medien installiert. Gerade im Sommer, wo klassische Fernwärmenetze Vorlauftemperaturen von jenseits der 100 °C pumpen müssen, ist der Vorteil dieser Netze augenscheinlich. Denn Heizungswasser, das zu 80 % zum Endenergieverbrauch in einem Haus beiträgt, wird nicht benötigt. Das Trinkwasser, das nur 15 % ausmacht, lässt sich effizienter direkt vor Ort mittels der Wärmepumpen erzeugen.

Diese Technologie ist auch in Deutschland seit sechs Jahren eingeführt. Seitdem läuft ein solches Netz mit 1.829 m Länge im bayerischen Dollnstein mit Vorlauftemperaturen von 25 bis 30 °C und versorgt 27 Häuser eines Wohngebietes. Als Wärmequellen werden Solarthermie, Flüssiggas für ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und einen Spitzenlastkessel und natürlich die Umweltwärme des Grundwassers genutzt. Alles in allem liegt die installierte thermische Leistung bei 979 kW, die elektrische durch das BHKW bei 130 kW. Eine Großwärmepumpe mit CO2 als Kältemittel liefert 440 kW Wärme, das BHKW 190 kW und die 100 m² große Solarthermie 49 kW. Der Gaskessel kann bei Bedarf 300 kW leisten. Speicher mit insgesamt 15 m3 für Kalt- und 27 m3 für Warmwasser gleichen die Lasten und jahreszeitlichen Senken aus.


Aquifere

Bei Aquiferen wird eine unterirdische Grundwasserströmung genutzt. In einer Bohrung wird das warme Wasser nach oben gepumpt, ihm die Wärme entzogen und an einer anderen, entsprechend weit entfernten Bohrung wieder eingeführt. Diese Art der niedertemperaturigen Wärmeversorgung ist in vielen Gebieten in Deutschland möglich, so im Norddeutschen Becken oder der Leipziger Tieflandsbucht.

Ein Beispiel dafür könnte in Leipzigs zweitgrößtem Krankenhaus entstehen – dem St. Georg, das in einem eigenen Park im Norden der Messestadt liegt und mit über 40 Gebäuden ein eigenes Quartier darstellt. Hier wird derzeit ein Niedertemperaturnetz mit Hilfe des alten Fernwärmenetzes installiert. Darüber hinaus wird geprüft, ob auch die unter dem Krankenhaus liegenden Aquifere genutzt werden können. Das Temperaturniveau würde auf jeden Fall ausreichen.

Mitunter reicht aber auch ein naheliegendes Gewässer zur Wärmeversorgung, etwa ein See. In Darmstadt soll nördlich des Bürgerparks ein energieautarkes Quartier entstehen. Auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei soll rund um ein 6000 m² großes und 10 m tiefes Gewässer, das vom Grundwasser gespeist wird, ein Wohnquartier mit 47 Häusern entstehen. Der See soll als Wärmespeicher genutzt werden. Es ist das erste Projekt dieser Art in Deutschland. Mit Hilfe von Wärmetauschern, Pumpen, Rücklaufleitungen und einer Ringleitung soll die natürliche Temperatur des Gewässers zur Energiegewinnung beitragen.


Photovoltaik

Ein weiteres probates Mittel zur Stromerzeugung ist Photovoltaik (PV). Sie kann mithilfe entsprechender Speichertechnologien im Sommer sogar den kompletten Strombedarf in Quartieren sicherstellen. In der Übergangsperiode sowie im Winter kann sie als Ergänzungs-Stromquelle zur KWK dienen. Dank sinkender Modul- und Speicherpreise eignet sie sich auch immer besser für solche Eigenversorgungsprojekte. Schon heute kann man inklusive Speicherung PV-Strom zum Eigenverbrauch für 0,20  €/kWh erzeugen – also für 0,10  € weniger als Netzstrom. Zudem werden die Eispeisung und die Vergütung durch das EEG immer unattraktiver. Auch das trägt dazu bei, dass mehr PV-Anlagen für den Eigenverbrauch installiert werden. Großvermieter Vonovia etwa hat bis 2020 den überwiegenden Teil von insgesamt 100 PV-Anlagen zur Einspeisung ausgelegt. Seit der Änderung des EEG und der Einführung des Gebäude-Energien-Gesetzes (GEG) Ende 2020 stellt das Unternehmen um. Inzwischen werden alle neuen PV-Anlagen für Mieterstrommodelle und damit für die Eigenversorgung ausgelegt.

Im GEG ist zudem auch die Möglichkeit vorgesehen, PV-Strom in Quartieren zur Warmwasserbereitung zu verwenden. Die Technik dafür – ein Heizstab, der in den Pufferspeicher integriert und automatisch bei einem Überangebot an PV-Strom angesteuert wird – ist schon lange bekannt. Jetzt bekommt diese Technologie auch in größeren Anwendungen eine rechtliche Grundlage. Im Sommer kann damit tatsächlich die Warmwasserbereitung in einem Quartier zu großen Teilen abgedeckt werden.

 

Speicher

Kernstück der Quartiersversorgung sind Speicher sowohl für Strom als auch Wärme. Beim Strom geht es um eine tageszeitliche Verschiebung und Abdeckung, damit die Diskrepanz zwischen der Produktion von PV-Strom tagsüber und dem Bedarf am Abend oder am Morgen ausgeglichen werden kann. Damit können KWK-Komponenten entlastet werden. Bei der Wärme hingegen geht es um eine vorausschauende Produktion, etwa bei zu erwarteten Lastspitzen an kalten Tagen oder zu bestimmten Tageszeiten (etwa morgens zum Duschen). Im besten Fall gelingt sogar eine Verschiebung um mehrere Tage, da sich Warmwasser in Pufferspeichern über 48 h weitgehend verlustfrei speichern lässt.


Wärmespeicher

In Quartieren werden dadurch Lösungen möglich, die in kleineren Dimensionen wie Einfamilienhäusern wirtschaftlich nicht sinnvoll wären. Die benötigten Wassermengen machen sehr große Pufferspeicher mit mehreren Tausend Kubikmetern Volumen wirtschaftlich attraktiv, wie bereits am Beispiel Dollnstein für ein Niedrigtemperatur-Wärmenetz beschrieben.

Bei der Größe der benötigten Wärmemengen werden zwei Lösungen wirtschaftlich möglich, die sogar eine jahreszeitliche Verschiebung der Wärmenutzung und -produktion erlauben: Eisspeicher und Aquifere. Eisspeicher funktionieren wie überdimensionale Wärmepumpen, die zusätzlich die Kristallisationswärme des Eises in großen unterirdischen Speichern nutzen. Während im Sommer Wärme aus dem Gebäude abgeführt wird, wird diese im Winter entzogen, der Speicher vereist zu 90 %.

Ein Beispiel dafür findet sich in Nürnberg. Hier wird das Quartier Hansapark sowohl mit Wärme als auch mit Kälte versorgt. Dafür wird Sonnen- und Umgebungswärme in den mit Wasser gefüllten Speicher geleitet. Eine Wärmepumpe entzieht die gespeicherte Wärme, die wiederum der Beheizung der angrenzenden Gebäudekomplexe dient. Der Eisspeicher mit 300 m3 Wasservolumen liefert durch den Gefriervorgang in etwa die gleiche Energiemenge wie 2.900 l Heizöl. Im Sommer wird durch das Abtauen des Eises das Gebäude gekühlt und durch die zugeführte Wärme aus der Immobilie der Eispeicher wieder regeneriert.

Im Quartier der Margarete-Krupp-Stiftung südlich der Essener Innenstadt kommen andere Technologien zum Einsatz. Gut 1.000 Wohnungen und 30 Gewerbeeinheiten unter Denkmalschutz wurden hier aufwendig, auch energetisch saniert, da zuvor bis zu 290 kWh/m²a verbraucht wurden. Die Energie wird nun mittels Solardachsteinen, Solarthermie und Geothermie gewonnen.


Stromspeicher

Quartiere wie die in Darmstadt werden mit Photovoltaikanlagen auf allen Dächern ausgestattet. Der damit erzeugte Strom ist zuallererst für den Eigenverbrauch der Gebäude gedacht. Eine Planungspflicht für PV-Anlagen bei Neubauten, wie sie schon in vier Bundesländern existiert und zum Jahresende auch als Bundesgesetz kommen könnte, würde diese Entwicklung weiter beschleunigen. Damit stellt sich aber für diesen eigenerzeugten Strom, der in vielen Quartieren auch aus einem BHKW kommen könnte, die Frage nach der Speicherung. Hier muss die Differenz zwischen Erzeugung tagsüber und dem Bedarf morgens und abends ausgeglichen werden. Auch hier gilt, dass ein großer Stromspeicher für ein Quartier wirtschaftlicher ist als viele Einzelspeicher in jedem Gebäude.

Wie dies gehen könnte, ist aktuell in Esslingen zu erleben. Dort entsteht mit der Neuen Weststadt ein klimaneutrales Quar­tier. Alle Gebäude werden mit PV-Anlagen bestückt. Der Strom soll vor Ort in zentralen Batterien zwischengespeichert oder per Elektrolyse zur Wasserstofferzeugung genutzt werden. Die Wasserstoffproduktion im kleineren Maßstab auf Quartiers­ebe­ne habe den Vorteil, dass der Wirkungsgrad deutlich gesteigert werden könne, so Projektentwickler Prof. Dr.-Ing. M. Nor­bert Fisch. Wasserstoffelektrolyse und Wiederverstromung seien zudem mit Abwärme verbunden, die innerhalb dieses Quartiers genutzt werden könne.

Allerdings bremst das aktuelle EEG solche Nutzungen aus, etwa durch die EEG-Umlage, die beim Anschluss einer PV-Anlage ans öffentliche Stromnetz fällig wird. Stromspeicher von solcher Größe könnten auch netzdienlich eingebunden werden. Doch auch hier steht die deutsche Regulatorik vor. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie II (RED II) der EU räumt aber den Quartieren mehr Autonomie bei der Selbstversorgung ein. Deswegen kann damit gerechnet werden, dass die Hürden hierzulande für die Stromspeicherung alsbald fallen werden.

Neben den politischen Fragen sind auch noch einige technische zu klären. Das zum Forschungsverbund der Zuse-Gemeinschaft gehörende Offis – Institut für Informatik hat in Zusammenarbeit mit der be.storaged GmbH als Praxispartner ein Forschungsprojekt abgeschlossen, das die Selbstorganisation von Energiespeichern und deren Stromeinspeisung ins Netz zeigt. Klar ist: Wirtschaftlich werden Stromspeicher dieser Größenordnung und Komplexität nur, wenn sie sich weitgehend selbst steuern – und zwar mittels Software-Agenten. „Solche Software-Agenten können eigenständig Entscheidungen treffen und lassen sich auch zuverlässig steuern“, erklärt Martin Tröschel, Offis-Co-Gruppenleiter für Distributed Artificial Intelligence, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz.

Die Software-Agenten entscheiden, wann die Batteriespeicher Energie aufnehmen oder abgeben. Ein maßgebliches Kriterium war das sogenannte „Peak Shaving“, das Glätten von Lastspitzen zu Zeiten besonders hoher Stromnachfrage. Zu solchen Zeiten ist das Einspeisen aus dem Speicher wegen der dann sehr hohen Börsenpreise für Elektrizität besonders attraktiv. „Peak Shaving“ leistet also insbesondere einen Beitrag zur Reduktion von Netz-entgelten. In Quartieren kann das gleiche System dafür genutzt werden, den gemeinschaftlichen Eigenverbrauch zu maximieren, oder die Speicher zu Zeiten sehr niedriger oder gar negativer Strompreise an der Börse zu laden.

„Zentrale Steuerungseinheiten würden bei einer zunehmenden Zahl von Stromerzeugern bei der Optimierung der Betriebsführung an ihre Grenzen stoßen“, benennt Offis-Co-Gruppenleiterin Stefanie Holly einen weiteren Vorteil. Oftmals seien die Speicher zu wenig ausgelastet. Deswegen wurden in dem Projekt alle Batteriespeicher mit Softwareagenten ausgestattet, quasi mit einer verteilten Künstlichen Intelligenz. Damit könnten die Speicher flexibler und prognosebasiert arbeiten und so auch Engpässe im Stromnetz zu beheben. Mit diesen zusätzlichen Erlösquellen könnten die Speicher auch wirtschaftlicher betrieben werden.

Einen Ansatz der kompletten Nutzung des eigenerzeugten und -gespeicherten Stroms verfolgt das Forschungsprojekt „Wind-Solar-Wärmepumpenquartier“ des ebenfalls zur Zuse-Gemeinschaft gehörenden Instituts für Solarenergieforschung Hameln (ISFH). Dabei wurden zwei bestehende Wohnquartiere – eines in Niedersachsen, eines in Bayern – hinsichtlich ihres Strom- und Wärmebedarfs sowie deren Erzeugung vermessen, ebenso wie die Erträge der PV-Anlagen in den Siedlungen und die Erträge von Windenergieanlagen aus der Region.

„Mit einer gut gewählten Betriebsführung kann man einen regionalen Deckungsgrad mit erneuerbaren Energien von über 80 % erreichen“, so Tobias Ohrdes, Leiter der ISFH-Arbeitsgruppe Elektrische Energiesysteme. Mehr als 60 % des Stromes könnten direkt durch Wind- und PV-Strom gedeckt werden. Batteriespeicher und eine smarte Steuerung der Wärmepumpen brächten weitere 20 %.


Neue Chance für Mieterstrom

Die eigene Erzeugung und Speicherung von Strom bietet auch neue Chancen für Mieterstromprojekte, die bisher mangels Wirtschaftlichkeit kaum realisiert wurden. Die verbesserte Vermarktung eigenerzeugten Stromes im Quartier durch die Neufassung des EEG führt aktuell zu einem Umdenken.


E-Mobilität besser im Quartier managen

Und noch eine Entwicklung kommt dem Eigenverbrauch von selbsterzeugtem Strom im Quartier entgegen: die Elektromobilität. Durch das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) sind Quartiersentwickler sowieso dazu angehalten, die Unterstützung der Elektromobilität in Form von Leerrohren für Ladesäulen einzuplanen. Die teils horrenden Tarife jenseits der 0,70 € je kWh Ladestrom von Netzbetreibern kann man umgehen, wenn man den Nutzern und Mietern im Quartier eigene Ladetarife mit selbsterzeugtem Ökostrom anbieten kann.

Im Quartier „Franklin“ in Mannheim, auf einer ehemaligen US-Kaserne errichtet, wird genau das gemacht. E-Autos, aber auch elektrische Lastenräder oder Fahrräder, können via Carsharing bei der Verwaltung des Quartiers gemietet und mit vor Ort erzeugtem, regenerativem Strom einer 400 m2 großen PV-Anlage geladen werden. Das Problem der Lastspitzen bei vielen gleichzeitigen Ladevorgängen kann man umgehen – zum einen durch ein smartes Lastmanagement, zum anderen durch Speicher.

Info

Förderung

Die KfW (www.kfw.de) hat zum 1. April 2021 ihre Quartiersprogramme angepasst. Die Fördersumme kann bis zu 95 % betragen. Für Kommunen kommen die KfW-Programme 432 und 201/202 infrage.

Bei 432 lag der Fokus bislang auf Gebäuden. Nun können damit auch Digitalisierung, grüne Infrastruktur und klimafreundliche Mobilität gefördert werden. Über eine Laufzeit von unverändert fünf Jahren stehen statt bisher 250.000 € nun bis zu 350.000 € zur Verfügung. Der förderfähige Sachkostenanteil hat sich zudem von 10 auf 20 % verdoppelt. Mit Zuschüssen für Konzepte und Personal von 75 % statt bislang 65 % wurde außerdem die Gesamtförderhöhe lukrativer gestaltet. Der Mindestanteil von 15 % Eigenmitteln wurde aufgehoben. Die Regelung gilt bis zum 30. Juni 2022.

201 und 202 fördern nun neben Wärme, Kälte, Wasser und Abwasser auch klimafreundliche Mobilität, grüne Infrastruktur, Klimaschutz, Klimaanpassung und Digitalisierung. Mit Ausnahme der effizienten Wärme- und Kälteversorgung verdoppelt der Bund den Tilgungszuschuss von 10 auf 20 %.

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