Kommentar

Können wir uns das Energiesparen leisten?

Der verantwortungsvolle Umgang mit Energie, das Schonen der Umwelt und das Eindämmen des vom Menschen verursachten Anteils des Klimawandels ist uns allen ein Anliegen. Die energetischen Anforderungen an Gebäude bestehen seit vielen Jahren als gesetzliche Mindest-Regelungen – zunächst mit der Wärmeschutzverordnung, dann mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG). Selbstverständlich werden mit fortschreitender Geltungsdauer und jeder Überarbeitung der Regeln die Anforderungen angehoben. Dies mag ein Grund dafür sein, dass die längst überfällige Anpassung der EnEV an die EU-Richtlinie EPBD 2010 noch immer nicht umfänglich erfolgt ist. Vielmehr wird gerade ein erneutes Vertragsverletzungsverfahren riskiert, da die Definition des „Niedrigstenergiegebäudestandards“ für die Bundesrepublik weiterhin aussteht.


Anstieg der Kosten

Eng mit einer Verschärfung der energetischen Vorgaben verbunden sind der Einsatz qualitativ hochwertiger Produkte und damit eine Erhöhung der Baukosten. Höhere Kosten führen jedoch in aller Regel zu einer verminderten Bau- oder Sanierungstätigkeit. Oder sie führen zu einer mehr oder weniger fragwürdigen Vermeidungsstrategie, wie es jüngst am Beispiel der Automobilindustrie unrühmlich öffentlich gemacht wurde.

Wer sich in der komfortablen Situation befindet, die Gesetze zu erlassen, kann da schon einmal auf die Idee kommen, für die eigenen Belange Ausnahmeregelungen zuzulassen oder Befreiungstatbestände zu schaffen. Ein Bespiel dafür ist die Befreiung der temporären Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte für Asylsuchende und Flüchtlinge von den Anforderungen der EnEV in den fachfremden „Regelungen zur Beschleunigung der Asylverfahren“. Der allgemeinen Akzeptanz dieses ursprünglich für jedermann geltenden Standards ist dies eher nicht zuträglich. All dies unterstützt auch nicht das Ziel, klimaschädliche Emissionen zu mindern.

Mit dem Erlassen von Vorschriften ist es allein längst nicht getan. Diese müssen auch wirtschaftlich sinnvoll umgesetzt werden können und technisch machbar sein. Bilder von brennenden Hochhausfassaden aus Frankfurt am Main sind da nicht hilfreich. Ebenso wenig förderlich ist die Diskussion um den Umgang mit giftigen Baustoffen, die zudem aus Erdölprodukten hergestellt wurden, nachdem deren Nutzungsdauer beendet ist. Aufgrund der Behandlung mit dem Flammschutzmittel HBCD und dem Verbot der „thermischen Behandlung“ in Müllverbrennungsanlagen, haben sich gerade erst die Entsorgungskosten von altem Styropor um das bis zu 30-Fache erhöht. Betroffene Gebäudesanierer stehen nun vor einer Finanzierungslücke.


Nachhaltige Maßnahmen erfordern sorgfältige Planung

Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und der Erhalt einer lebenswerten Umwelt für nachfolgende Generationen dürfen nicht durch das Verfolgen kurzfristiger Interessen gefährdet werden. Die Maßnahmen müssen tatsächlich nachhaltig sein und dürfen keine neuen Probleme schaffen, die in die Zukunft verlagert werden – schließlich will niemand den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Sie erfordern daher eine langfristige, sorgfältige Planung. Die Rentabilität eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur hat auch etwas mit der Investition in die Zukunft unserer Kinder zu tun und sollte nicht nur betriebs-, sondern auch volkswirtschaftlichen Betrachtungen standhalten. Ein neues Endlager-Problem von nicht weiter verwertbarem und nur extrem langsam biologisch abbaubarem Sondermüll sollten wir auch in einem scheinbar kleinen Maßstab nicht zulassen. 

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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