Gebäudehüllen der Zukunft

Advanced Building Skins 2016

Vom 10. bis 11. Oktober 2016 fand in Bern die 11. internationale Konferenz zur Gebäudehülle der Zukunft (Conference on Advanced Building Skins) statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen aktuelle Entwicklungen im Design von Gebäuden sowie neue Produkte zur Steigerung der Energieeffizienz von Fassade und Dach.

„Die Konferenz möchte einen Beitrag zu einem interdisziplinären Planungsansatz für Architekten, Ingenieure, Wissenschaftler, Energiemanager und Hersteller leisten, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken“, erklärte Prof. Dr. arch. Publizist Andreas Gottlieb Hempel zum Auftakt der Veranstaltung in Basel. Bei der Verbesserung dieses Ener­gie­verbrauchs nimmt die Gebäude­hülle eine Schlüsselrolle ein!

Der Informationsaustausch auf der Konferenz, mit ihren 500 Teilnehmern, 215 Referenten aus 45 Nationen und 30 Ausstellern, hatte das Ziel, den Technologietransfer zu fördern und ein interdisziplinäres Vorgehen zu unterstützen sowie Dynamik in den Wissenstransfer bringen.

Derzeit gibt es eine kontroverse Diskussionen darüber, wie viel Dämmung wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sind. Die Konferenz widmete diesem Thema besondere Aufmerksamkeit und präsentierte den neuesten Stand der technischen Entwicklung von Dämmprodukten. Mehrere Sessions der Konferenz zeigten, wie Biomaterialien und andere Produkte und Technologien die Energieeffizienz der Gebäudehüllen steigern können.

Innovation auf höchster Ebene

Erstmals auf der Konferenz widmeten sich mehrere Sessions dem Thema Glas in Fassaden, z.B. dem Blendlicht mit Glas und Photovoltaik. Bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik (BIPV) werden herkömmliche Materialien durch Photovoltaikflächen ersetzt. Dies betrifft die Gebäudehülle sowie das Dach, Dachfenster oder Fassaden. PV-Flächen werden zunehmend in neuen Gebäuden als Haupt- oder Nebenstromquelle integriert.

Der Vorteil der integrierten Photovoltaik gegenüber gängigen nicht integrierten Systemen liegt darin, dass die anfänglichen Kosten ausgeglichen werden können, indem die Menge an Baustoffen und Arbeitskräften verringert wird, die normalerweise für den Bau des Gebäudes verwendet werden, da diese durch die BIPV ersetzt werden. Diese Vorteile machen BIPV zu einer der am schnellsten wachsenden Segmente der PV-Industrie.

Elementfassaden – individuell und wirtschaftlich

Geschickt entworfene Elementfassaden können funktional und ansprechend sein. Möglich macht dies ein fortschrittliches Konzept, das mehr als nur den gesamten Erstellungsprozess hält: die Technik, die Kosten unter Kontrolle, die Serienproduktion mit maximaler Vorfertigungsmethoden bis hin zu wirtschaftlichen Installation. All dies macht den Weg frei für sehr individuelle Fassaden: geschwungene, gekippt, transparent oder undurchsichtig. Dies führt zu einem Mix aus vielen Konstruktionsmerkmalen. Synergien in Technik, Produktion, Logistik und Montage ermöglichen die Realisierung von Vorhangfassaden, Doppelglasfassaden oder integrierten Fassaden, die in Bezug auf ihre Funktionalität und Designkonfigurationen bisher unerreicht waren.


Von der Bauplanung zu BIM

In der klassischen Bauplanung erstellt ein Architekt einen Entwurf und zeichnet diesen heutzutage mithilfe von CAD-Systemen. Die Pläne werden dann u. a. Fachingenieuren, Brandschutzgutachtern, und Behörden vorgelegt.

Zur Kostenkalkulation wird eine Mengenermittlung auf Basis der Zeichnungen erstellt. Dazu ist eine Verknüpfung der Geometrien mit qualitativ und monetär definierten Leistungsbestandteilen erforderlich, so dass die einzelnen Mengendetails in Leistungspositionen bzw. kalkulatorischen Teilleistungen aufsummiert werden können.

Tritt eine Änderung der Planung auf, müssen die Zeichnun­gen geändert werden, die Mengenermittlung muss angeglichen werden, alle Beteiligten erhalten aktualisierte Zeichnungen und müssen diese mit ihren Fachplanungen abgleichen. Dies verursacht einen erheblichen Koordinierungs- und Arbeitsaufwand, der mit BIM künftig deutlich reduziert werden kann.

Mit BIM nimmt der Architekt oder Fachplaner Änderungen an der Projektdatei, am Modell (engl. model) vor. Diese Änderungen sind für alle Beteiligten sowohl als Zeichnung als auch als Datenpaket direkt verfügbar. Massen und Stückzahlen, die z. B. als Grundlage zur Kos­ten­kal­ku­la­tion dienen, werden automatisch abgeglichen. Beispielsweise kann sich aufgrund von Änderungen im Grundriss die Zahl und Beschreibung der Türen in einem Gebäude ändern. Der Architekt ändert die Türen im virtuellen Gebäudemodell. Damit wird automatisch die Türliste verändert und bei entsprechender Verknüpfung sieht man die unmittelbare Auswirkung auf die Kosten.


FRP-basierte High-Performance-Gebäudehüllen

Geometrisch komplexe Gebäudehüllen sind typisch in der zeitgenössischen die Architektur. Die herkömmliche Vorgehensweise bei ihrer Konstruktion ist eine Folge von Schichten, die jeweils eine bestimmte Anforderung (thermische, strukturelle Adressierung, Wasserdichtigkeit usw.) erfüllen. Dieser Ansatz wird oft problematisch und kostspielig in geometrisch komplexen Lösungen umgesetzt. Sandwichplatten aus Faserverstärkten Kunststoffen (FRP) werden bereits erfolgreich in der Luft- und Raumfahrt und Marine eingesetzt. Somit bieten FRP-Panels möglicherweise eine tragende und leichte Lösung für geometrisch komplexe Gebäudehüllen. Das Design von FRP-Fassaden als maßgeschneiderte Lösung ist derzeit noch kostspielig und das Testen von Prototypen zeitaufwendig.


Energiestrategie

Ein Großteil unserer Gebäude sind Altbauten. Bei diesen sind Faktoren wie die oft ungenügende Dämmung, veraltete Heizungssysteme sowie undichte Fenster für einen hohen Energieverbrauch verantwortlich. Energetische Sanierungen reduzieren den Energiebedarf von Gebäuden. Das ist wirtschaftlich interessant sowohl für die Eigentümer als auch die Wirtschaft, weil mit Sanierungen auch Arbeitsplätze entstehen oder erhalten bleiben. Innovative Produkte für die Gebäudehülle können einen wichtigen Beitrag zu einem energieeffizienten Gebäude leisten. Deshalb wurde diesem Thema im Kongress eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dazu wurde der neueste internationale Stand der technischen Entwicklung von Produkten für die Gebäudehülle in den einzelnen Sessionen präsentiert.

Dass der Kongress die Schweizer Bundesstadt als Standort gewählt hat, war kein Zufall, denn der Kanton Bern gehört in der Energiepolitik zu den Spitzenreitern der Schweiz.

Der Kanton Bern verfügt seit 2006 über eine neue Energiestrategie und setzt konsequent auf erneuerbare Energie. Zudem unterstützte er diesen Kongress, weil dieser verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und die Praxis auf einer internationalen Plattform zusammenbringt. Damit wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um noch mehr Dynamik in den Wissenstransfer zu bringen. Das wiederum wird branchenübergreifende Kooperationen anregen und die internationale Zusammenarbeit fördern und vertiefen.


Fazit

Der Umsetzung einer innovativen „intelligenten“ Fassade geht nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch fortschrittliche Energiekonzepte, welche die Interaktion der Fassade und der Gebäudetechnik gewährleisten, voraus. Die Aufgabe, innovative Fassaden/Gebäudehüllen zu entwerfen, wird immer komplexer durch die vorgegebenen Normen und Vorschriften und kann nur durch integrale Planung zwischen Architektur und Technik bewältigt werden. Deshalb sind die Voraussetzungen für gutes Fassadendesign die fächerübergreifende Kompetenz, Erfahrung und die Neugier, Neues zu entwickeln; Schnittstellen zu benachbarten Bauteilen und Komponenten müssen ganzheitlich koordiniert werden.

Die Fähigkeit, also das Verständnis und das Wissen, mit Architektur und Technik umgehen zu können, ist entscheidend für ein gutes Gelingen im modernen Fassadendesign. Eine Gebäudehülle für alle Jahreszeiten muss somit das gemeinsame Ziel sein.

Die nächste Konferenz findet vom 2. bis 3. Oktober 2017 im Kursaal von Bern statt.

Entgegen dem geflügelten Wort kann man bei der Gebäudehülle sagen: Es kommt auf das Äußere an! Funktionalität und Charakter zählen  bei der Gebäudehülle aber ebenso.
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