Politik befragt Wirtschaft zu TGA-Themen

3. Energy-Talk in Berlin

Bereits zum dritten Mal, und damit als „bewährte Veranstaltung“, wie es Günther Mertz, Geschäftsführer der drei TGA-Verbände Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), Fachverband Gebäude-Klima (FGK) und RLT-Herstellerverband, formulierte, fand der Energy-Talk in Berlin statt. Die TGA-Repräsentanz, und damit die gemeinsame Berliner Vertretung der drei Verbände, hatte mehrere Bundestagsabgeordnete dazu eingeladen, ihre Fragen zum Thema „Was kostet CO2-Einsparung im Gebäudebereich?“ an die Verbände und damit an die Vertreter der Industrie zu richten. Vier Bundespolitiker nahmen sich die Zeit für einen intensiven Gedankenaustausch in der Berliner Vertretung des Landes Baden-Württemberg: Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, baupolitischer Sprecher der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg der CDU/CSU-Fraktion, und Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. 

Zum Auftakt brachte Günther Mertz Zahlen und Fakten auf den Tisch: So steht im Klimaschutzplan 2050 ebenso wie im aktuellen Entwurf zum Klimaschutzgesetz die Vorgabe, den CO2-Ausstoß in Gebäuden bis 2030 auf 70 bis 72 Mio. t/a zu begrenzen. Nach aktuellen Entwicklungen sei aber noch mit einem CO2-Ausstoß von 100 Mio. t zu rechnen. Das bedeutet, dass im Gebäudebereich viele Potentiale noch nicht ausreichend ausgeschöpft werden.

Hierzu warf Frau Dr. Verlinden ein, dass sowohl der Entwurf für das Klimaschutzgesetz als auch der Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) nur für ein Weiter-wie-bisher stünden. „Ich hoffe, dass die Kraft der Parlamentarier größer ist als die der Regierung an beiden Entwürfen noch etwas zu ändern“, betonte sie. Prof. Dr. Martin Neumann merkte an, dass die Maßnahmen immer noch zu sehr auf Einzelgebäude abzielten und beispielsweise die Potentiale der Fernwärme nicht berücksichtigt würden. Die in der Praxis einfach umzusetzenden Potentiale seien zum Teil noch ebenso unentdeckt, wie die mangelnde Durchführung des hydraulischen Abgleichs nach wie vor beweise, ergänzte Ralph Lenkert. 

In der sich entwickelnden Diskussion warnte Prof. Dr.-Ing. Christoph Kaup, Vorstandsvorsitzender des FGK, dass bei allen Maßnahmen auch darauf zu achten sei, dass diese nicht mehr CO2 benötigen als die anschließende Einsparung erzielen könne. Zugleich dürften die Behaglichkeitsziele in Gebäuden nicht vernachlässigt werden. Aber „es ist Zeit, dass endlich mal ein Rahmen festgelegt wird“, sagte BTGA-Präsident Dipl.-Ing. Hermann Sperber. Es sei sinnvoller, den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen und die Gesetze besser nachträglich noch im Detail zu justieren, als erneut viel zu viel Zeit mit Debatten zu verbringen. Mit einer Investition von 1 Mio. € sei es bei der Stadthalle Böblingen gelungen, eine CO2-Einsparung von 600 t/a zu erreichen, brachte er gleich ein konkretes Beispiel.

Technisch seien bivalente Nutzungen von Kühlung und Heizung mit einer Wärmeverschiebung eine Lösung, die zukunftssicher ist, führte Frank Ernst, Vorsitzender des RLT-Herstellerverbands aus. „Wir müssen größer denken“, ergänzte Hermann Sperber und brachte Quartierslösungen ins Spiel sowie die Vernetzung von Gebäuden, für die ein Mindestwert an „Intelligenz“ vorzusehen sei. So ein „Smartness Indicator“ ist in der EPBD, der Europäischen Gebäuderichtlinie, vorgesehen.

Auf die Frage, wie ambitioniert Niedrigenergiestandards im Gebäude sein sollten, gab es deutliche Antworten, die zudem die Komplexität des Themas verdeutlichten. So sei ein KfW40-Standard durchaus zielführend. Es mache jedoch im Allgemeinen keinen Sinn, diesen noch zu unterschreiten. Im Objekt- und Industriebau seien zudem auf jeden Fall die Art des Gebäudes, wie z.B. Schwimmbad oder Schule, zu berücksichtigen und eine Einzelfallbetrachtung sinnvoll, um eine zielgerichtete Lösung für das Einzelgebäude zu entwickeln. Prof. Dr.-Ing. Christoph Kaup betonte hierzu die besondere energetische Relevanz der Nichtwohngebäude in Deutschland. Erläuternd berichtete er von einer neuen Halle im eigenen Unternehmen, das erst ab Außentemperaturen unter 0 °C geheizt werden müsse, da oberhalb dieser Temperaturen die Abwärme von Maschinen zur Raumheizung ausreiche. Der Restbedarf an Wärme könne dann mit regenerativen Energieträgern, in diesem Fall einem Pelletskessel, gedeckt werden. Auf den Nichtwohnungsbau zielte auch Hermann Sperber, indem er den Blick auf die Luftqualität lenkte. So würden im Nachbarland Luxemburg seit 15 Jahren alle Schulen mit RLT-Anlagen ausgestattet, um das Lernen dort durch eine hohe Luftqualität zu unterstützen. Diese Vorgaben könnten in Deutschland genauso übernommen werden.

Im Lauf der Diskussion wurde mehrfach deutlich, dass die hohe Aufmerksamkeit für den Klimawandel in der Öffentlichkeit den Druck auf die politischen Entscheider erhöht hat. Doch leider sind die Probleme komplex und nicht mit einfachen Maßnahmen zu lösen. Es braucht guten Willen, Engagement und wohl auch die Inkaufnahme von niedrigeren Renditen, um die Zielsetzungen zu erreichen. Daher ist „der Dia­log zwischen der Politik und den Verbänden der Technischen Gebäudeausrüstung elementar wichtig, um wesentliche Impulse zur Weiterentwicklung der CO2-Einsparung im Gebäudebereich zu ermöglichen“, so das Fazit von Günther Mertz. Eine Fortsetzung des fachlichen Austauschs ist daher auch künftig geplant.

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