Sicherer Gebäudebetrieb durch Simulation
Gebäudesimulationen für Starkregen, Brandereignisse sowie die Optimierung von TGA-SystemenOb Starkregenereignis oder ein Brandfall – ohne entsprechende Vorkehrungen am Gebäude sind Gefahren für Mensch und Immobilie kaum auszuschließen. Doch welche Vorkehrungen sind notwendig, um für solche Ereignisfälle die bestmöglichen Maßnahmen berücksichtigen zu können? Hier können Simulationsabläufe im digitalen Gebäudezwilling Abhilfe leisten. Auch die TGA lässt sich damit auf ihre Funktionalität testen. Zum Thema Gebäudesimulationen sprachen wir mit Dr. Susanne Kilian, Niederlassungsleiterin Berlin, vom Unternehmen Ianus Simulation, die sich für das gesamte Spektrum Simulationen als Dienstleister spezialisiert haben.
tab: Frau Dr. Kilian, für welche Objekte und zu welchem Zeitpunkt ist es sinnvoll Gebäudesimulationen durchzuführen?
Dr. Susanne Kilian: Simulationen für Naturgefahren finden vor allem bei Industriebauten und kritischen Infrastrukturen wie Gesundheits- und Versorgungseinrichtungen Anwendung, insbesondere dann, wenn sie Teil sensibler Lieferketten sind. Sie ermöglichen eine fundierte Risikoanalyse und gezielte Schutzmaßnahmen, um Schäden durch Starkregen oder Überflutungen zu minimieren. Im Brandschutz werden sie auch bei komplexen Gebäuden wie Versammlungsstätten, Verkaufsstätten oder offenen Atriumkonstruktionen eingesetzt, um Vorschriften einzuhalten, bauliche Abweichungen zu bewerten und Gebäude an aktuelle Standards oder Nutzungsänderungen anzupassen. In der TGA-Planung dienen Simulationen der Optimierung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen und unterstützen eine ressourcenschonende Nutzung. Der ideale Zeitpunkt für Simulationen ist die Planungsphase, doch sie leisten auch bei der Anpassung bestehender Gebäude an neue Anforderungen und klimatische Herausforderungen unverzichtbare Unterstützung.
tab: Wofür lassen sich die Ergebnisse der Simulationen verwenden?
Dr. Susanne Kilian: Simulationen bieten fundierte Entscheidungsgrundlagen, mit denen Risiken frühzeitig erkannt und gezielte Präventionsmaßnahmen umgesetzt werden können. Dazu zählen beispielsweise der Einsatz von Schutzbarrieren, die Verbesserung von Entwässerungssystemen oder bauliche Anpassungen, um Schäden durch Überflutungen oder Brände effektiv zu reduzieren. Neben der Kostenersparnis und einer erhöhten Sicherheit ermöglichen sie die Entwicklung nachhaltiger Schutzkonzepte. Darüber hinaus dienen die Ergebnisse als wertvolle Basis für die Optimierung von Betriebsabläufen, etwa durch die Anpassung technischer Anlagen an spezifische Anforderungen oder die Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung.
tab: Welche Simulationsarten bieten Sie an?
Dr. Susanne Kilian: Unser Schwerpunkt liegt insbesondere auf hybriden Simulationen zur Starkregenvorsorge. Dabei kombinieren wir großflächige 2D-Simulationen, die Überflutungsszenarien im Umfeld eines ausgewählten Gebäudes modellieren und dabei aktuelle Wetterdaten sowie klimatische Entwicklungen einbeziehen, mit detaillierten 3D-Analysen im Gebäudeinneren. So können die Auswirkungen von Starkregen umfassend bewertet und verschiedene Varianten – wie einzelne oder kombinierte Präventionsmaßnahmen – effektiv miteinander verglichen werden. Ergänzend bieten wir Brandsimulationen, technische Gebäudesimulationen zur Optimierung von Energie- und Klimasystemen sowie Evakuierungsanalysen zur Planung sicherer Fluchtwege an. In der praktischen Umsetzung sind wir so für zahlreiche Auftraggeber tätig, Angefangen bei Architekten über Fachplaner für TGA bis hin zu Bauherrn.
tab: Wie funktioniert der digitale Gebäudezwilling bei Ihnen?
Dr. Susanne Kilian: Der digitale Gebäudezwilling bildet die Grundlage für all unsere Simulationen. Er ist eine detaillierte virtuelle Nachbildung eines Gebäudes, die Daten wie CAD-Pläne, BIM-Modelle, Lidar-Scans sowie Informationen zu Materialien, kritischen Infrastrukturen und Standortfaktoren integriert. Diese umfangreiche Datengrundlage ermöglicht es, Szenarien wie Starkregenereignisse, Rauchgas- und Wärmeausbreitungen oder Evakuierungsprozesse realistisch abzubilden. Als vielseitiges Werkzeug unterstützt der digitale Zwilling sowohl bei der Planung als auch bei der Analyse spezifischer Herausforderungen und bietet eine solide Basis für fundierte Entscheidungen.
tab: Was unterscheidet hybride Simulationen von klassischen Ansätzen, hier z. B. in Bezug auf die Starkregenvorsorge?
Dr. Susanne Kilian: Hybride Simulationen verbinden großflächige Außenanalysen, die Überflutungsrisiken in ganzen Regionen abbilden, mit umfassenden Analysen im Inneren von Gebäuden. Dabei liefern die 2D-Simulationen präzise Randbedingungen, wie Wassermengen, Fließgeschwindigkeiten und Eintrittsbereiche, die unmittelbar in die 3D-Simulationen einfließen. Diese Kombination ermöglicht eine realistische Modellierung der Auswirkungen auf sensible Bereiche wie technische Anlagen oder Maschinen im Gebäudeinneren. Dieses Zusammenspiel schafft die Grundlage für die Entwicklung maßgeschneiderter Schutzmaßnahmen, die sowohl umfassende als auch spezifische Anforderungen abdecken.
tab: Wie stellen Sie die Qualität Ihrer Ergebnisse sicher?
Dr. Susanne Kilian: Die Qualitätssicherung erfolgt durch den Einsatz validierter Algorithmen, die in Kombination mit kontinuierlichen Plausibilitätsprüfungen eine zuverlässige Basis für unsere Simulationen schaffen. Unsere Systeme erkennen automatisch Abweichungen oder Unstimmigkeiten und korrigieren diese im laufenden Prozess, um die Datenintegrität jederzeit zu gewährleisten. Ergänzend dazu werden die Ergebnisse mit Referenzfällen abgeglichen, um sicherzustellen, dass sie sowohl realitätsnah als auch praktisch umsetzbar sind.
tab: Wie sehen Sie die Zukunft der Gebäudesimulation?
Dr. Susanne Kilian: Gebäudesimulationen profitieren von modernen Rechnerressourcen, leistungsstarken High-Performance Computing (HPC)- und Cloud-Technologien sowie fortschrittlichen numerischen Verfahren. Dank dieser Entwicklungen werden Simulationen zunehmend flexibler und vielseitiger. Ergänzt durch die Integration von Internet of Things (IoT)-Daten und Artificial Intelligence (AI)-gestützten Analysen eröffnen sie völlig neue Möglichkeiten in Planung und Betrieb. Auch die Kombination verschiedener Simulationstechniken, wie 2D- und 3D-Modellen mit unterschiedlichen Auflösungsgraden, stellt einen bedeutenden numerischen Fortschritt dar, da sie umfassendere und ganzheitlichere Einblicke ermöglicht. Entscheidende Bedeutung haben dabei geeignete Schnittstellen, die eine nahtlose Integration und den Austausch zwischen den Modellen gewährleisten. Insgesamt sind Simulationen heute nicht nur in der Planungsphase unverzichtbar, sondern auch im laufenden Betrieb und bei der kontinuierlichen Optimierung von Gebäuden.