OPEN BIM für Planung und Ausschreibung

Zusammenspiel von TGA-Planungssoftware und AVA-Werkzeugen

Werden umfangreiche Ausschreibungsunterlagen für TGA-Leistungen manuell erstellt, ist der Zeitaufwand meist langwierig und selbst bei akribischer Arbeitsweise oft nicht ohne Fehler. Hier bietet die OPEN-BIM-Methode grundlegende Verbesserungen gegenüber der konventionellen Planung. Denn sie ermöglicht die Planung der Gebäudetechnik eng mit dem Bereich der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) zu verbinden und Prozesse zu automatisieren. Verschiedene Softwarehersteller unterstützen mit ihren Lösungen die OPEN-BIM-Methode.

Diese Situation kennen TGA-Fachplaner nur zu gut: Verzögern sich Planungsleis-tungen anderer Projektbeteiligter in einer frühen Phase, bleibt erheblich weniger Zeit als vorgesehen in der Ausführungsplanung in Leistungsphase 5 (LPH) und die Erstellung der Leistungsverzeichnisse in LPH 6. Aufgrund des Termindrucks entstehen bei der manuellen Umsetzung schnell Fehler. Bisher war es kaum möglich, solche Arbeiten in frühere Leistungsphasen vorzuziehen und so Engpässen entgegen-zuwirken.

Das digitale TGA-Gebäudemodell entsteht in der OPEN-BIM-Methode bereits in den frühen Leistungsphasen
Bild: Graphisoft Building Systems

Das digitale TGA-Gebäudemodell entsteht in der OPEN-BIM-Methode bereits in den frühen Leistungsphasen
Bild: Graphisoft Building Systems

In der Planung nach der OPEN-BIM-Methode werden die vorhandenen Zeitfenster für die TGA-Planung jedoch grundlegend anders genutzt. Insgesamt verschiebt sich der Schwerpunkt der TGA-Gewerkeplanung in frühere Leistungsphasen. Dadurch können sich Planungsbüros die Bearbeitungszeiten im Projektverlauf besser einteilen und bereits früh ein digitales Gebäudemodell erstellen. In dem Gebäudemodell sind auch die relevanten Informationen zu Bauteilen enthalten, die für Kostenschätzungen und das Anlegen von Leistungsverzeichnissen genutzt werden.

Automatisierte Vorgänge unterstützen Ausschreibung

TGA-Planer erarbeiten den digitalen Planungsentwurf in einer Software wie „DDScad“ von Graphisoft Building Systems und exportieren das komplette Gebäudemodell in einer IFC-Datei. Anschließend importieren sie es in das entsprechende AVA-Pro-gramm, bspw. „California“ von G&W, „ORCA AVA“ von ORCA oder „iTWO“ von RIB, wo ein kaufmännisches Gebäudemodell erzeugt wird. Mit den Bauteilinformationen und Mengenangaben erstellen die AVA-Werkzeuge die benötigten Ausschreibungs-unterlagen automatisch nach den Vorgaben der DIN. Anwender berichten, dass dadurch die Bearbeitungszeit von mehreren Wochen auf wenige Stunden reduziert werden kann. Durch die OPEN-BIM-Planung entsteht also für die TGA-Fachplaner eine erhebliche Zeitersparnis in LPH 6, weil das detaillierte digitale Bauwerksmodell mit den für das Leistungsverzeichnis benötigten Daten bereits zuvor erarbeitet worden ist und diese nur noch exportiert werden müssen.

Kosten schätzen leicht gemacht

Planer sind verpflichtet, die in der LPH 2 und 3 erstellten Kosten- und Budgetan-gaben einzuhalten. In der konventionellen Planung enthält dies immer auch ein Risiko, weil zum Zeitpunkt der Kalkulation die TGA-Planung noch nicht vollständig ausgearbeitet ist und regelmäßig mit Pauschalen gearbeitet wird. In der OPEN-BIM-Planung liegen durch den hohen Detailgrad des digitalen Gebäudemodells und die intelligenten Prüfmechanismen des TGA-Planungswerkzeugs jedoch schon früh präzise und belastbare Daten für die Kostenschätzung und -berechnung vor.

Im digitalen Gebäudemodell der TGA-Planungssoftware „DDScad“ sind zahlreiche Bauteilinformationen hinterlegt, die von der AVA-Software u. a. zum Anlegen der Leistungsverzeichnisse genutzt werden
Bild: Graphisoft Building Systems

Im digitalen Gebäudemodell der TGA-Planungssoftware „DDScad“ sind zahlreiche Bauteilinformationen hinterlegt, die von der AVA-Software u. a. zum Anlegen der Leistungsverzeichnisse genutzt werden
Bild: Graphisoft Building Systems

Sämtliche Planungen finden deutlich vor Beginn der Ausführungsplanung und der Realisierungsphase statt. Änderungen, die sich in den frühen Planungsphasen ergeben, sind im Vergleich zu späteren Revisionen mit geringerem Aufwand für die Planer und niedrigeren Kosten für den Bauherrn verbunden. Sind Anpassungen notwendig, können diese direkt in das digitale Modell der TGA-Planungssoftware eingepflegt werden. Wird anschließend eine neue IFC-Datei des Gebäudemodells exportiert und in die AVA-Software eingelesen, kann das Raum- und Gebäudebuch mit wenig Aufwand aktualisiert werden.

Auf diese Weise lassen sich beispielsweise mit „DDScad“ auch die Kosten von Ausführungsvarianten darstellen, die in der konventionellen Planung aufgrund des hohen Zeitaufwands oft nicht möglich sind. Dazu werden Bauteile wie Steckdosen zeitsparend mit wenigen Klicks im digitalen TGA-Modell geändert und die Kosten anschließend über das AVA-Werkzeug ausgegeben.

Kostenverfolgung und Kostensicherheit

Das digitale Gebäudemodell lässt sich auch zur Kostenverfolgung und Dokumentation der Bauleistung verwenden. Laut HOAI ist der ausführende Elektro- oder SHKL-Handwerksbetrieb dafür verantwortlich, unter bestimmten Bedingungen kann dies aber auch der Fachplaner übernehmen. Wenn Änderungen erforderlich sind, z. B. abweichende Lichtschalter oder Steckdosen in bestimmten Bereichen des Gebäudes, kann der Fachplaner das Gebäudemodell entsprechend pflegen und sofort die angepassten Kosten ermitteln und dokumentieren.

Darüber hinaus bietet die Nutzung eines dreidimensionalen Gebäudemodells eine größere Kostensicherheit als zweidimensionale Visualisierungen und Pläne. Der Bauherr erhält einen genaueren Eindruck vom Gebäude, kann den Stand der Planung dadurch besser nachverfolgen und freizeichnen. Beispielsweise mit „ORCA AVA“ und „California“ können Bauteile in der AVA-Software ausgewählt und im dreidimen-sionalen Gebäudemodell angezeigt werden. Dadurch wird die Planung für den Kunden transparent und nachträgliche Änderungen werden weniger wahrscheinlich.

Automatisierung reduziert Fehlerhäufigkeit

Werden die Bauteilinformationen für Leistungsverzeichnisse manuell zusammen-gesucht, beispielsweise aus komplexen Excel-Listen, schleichen sich schnell Fehler ein. Denn die Leistungsverzeichnisse erfordern eine höhere Detaildichte als der Grundriss sie bietet, sodass Informationen fehlen können, Rechenfehler stattfinden oder falsche Zuordnungen erfolgen. Während im Grundriss ein Bauteil nur ein Symbol ist, werden für das Leistungsverzeichnis detaillierte Bauteilinformationen benötigt, z. B. aus welchen Komponenten es besteht. Dadurch kann sich die Zahl der Informationen im Leistungsverzeichnis schnell vervielfachen. Die Planungssoftware listet die einzelnen Bauteilkomponenten selbständig auf, steigert so die Genauigkeit und reduziert die Fehlerhäufigkeit.

Werden individuelle Bauteile und zugehörige Daten benötigt, ist es den Nutzern möglich, diese auf der Basis der in „DDScad“ vorhandenen Bauteile und Symbole selbst zu erstellen, in das IFC-Gebäudemodell zu exportieren und so für die Auswertung in der AVA-Software zu nutzen.

Fazit

Die OPEN-BIM-Planung ist keine Universallösung für TGA-Fachplaner, aber sie bietet mit ihrer Methode wichtige Verbesserungsansätze für verschiedene Planungs-bereiche. Zu ihren Stärken gehört insbesondere die Automatisierung von aufwändigen und fehleranfälligen Berechnungsprozessen. Damit bietet sie den Beteiligten ein höheres Maß an Sicherheit. Und Arbeitszeit, die an dieser Stelle gespart wird, kann an anderer Stelle in die Planung investiert werden. Darüber hinaus optimiert OPEN BIM die Zusammenarbeit der Beteiligten. Durch die Nutzung von Kollaborationssoftware können Bauherren schon in der Planungsphase auf das digitale Gebäudemodell in der Cloud zugreifen und detaillierte Informationen mit wenigen Klicks einsehen. Beispielsweise bietet „DDScad“ eine Anbindung sowohl an BIMcloud wie auch an „BIMx“, Graphisofts App für Präsentation und Zusammenarbeit, und erweitert so maßgeblich die Möglichkeiten für TGA-Fachplaner, 3D-Modelle, Pläne und Projektinformationen auf einer Vielzahl verschiedener Geräte und Betriebssysteme darzustellen.

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