Trinkwasser-Installationen: Bleifreie Werkstoffe als Alternative

Herbsttagung 2011 des „Forum pro Aqcua“

Bleifreie Trinkwasser-Armaturen stellen eine zukunftsfähige Alternative dar: So lassen sich die Ergebnisse der Herbsttagung des „Forum pro Aqcua“ zusammenfassen. Auf Initiative der Halbzeughersteller Wieland-Werke AG und Diehl Metall Messing trafen sich führende europäische Hersteller von Sanitärbauteilen am 13. Oktober 2011 im Mainzer Hilton Hotel – es war das fünfte Treffen seit 2009.

Erstmals wurde das Forum auch vom Werkstoffhersteller Otto Fuchs Dülken als drittem Partner mitorganisiert. 2013 tritt die letzte Stufe der Novellierung der TrinkWVo in Kraft. Viele Marktakteure haben nun die Notwendigkeit erkannt, ihre Produktportfolios weiterzuentwickeln – hin zu bleiarmen und bleifreien Bauteilen, die den neuen Anforderungen Rechnung tragen. Hintergrund ist die für 2013 vorgesehene Verschärfung der TrinkWVo, welche die Reduktion des Grenzwertes von Blei im Trinkwasser von derzeit 25 auf 10 µg/l vorsieht. Mehrere namhafte deutsche Hersteller haben heute schon Sanitärbauteile mit 0 % Bleianteil im Programm – auf Basis des bleifreien Messingwerkstoffes „Cuphin“, der seit 2009 von Wieland, Diehl und Otto Fuchs Dülken vermarktet wird. Komponenten aus diesem Werkstoff stellen eine technische Lösung dar, die die jetzigen und zukünftigen gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Neben der Vorstellung der neuen „Ecomerica“-Legierungen für den US-Markt diskutierten die Teilnehmer über die gesetzlichen Bestimmungen auf den Märkten in Europa und den USA.

„Bleifrei funktioniert“: Mit diesen Worten eröffnete Uwe Dietrich vom Armaturen-Premiumhersteller Dornbracht seinen Vortrag. In seinem Referat „Metallene Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser“ stellte er eine Liste hygienisch geeigneter Werkstoffe aus Sicht von Dornbracht vor – das Unternehmen setzt auch den bleifreien Werkstoff „Cuphin“ seit Jahren erfolgreich ein. Dietrich verwies dabei auf die in Deutschland im Vergleich zu den Anforderungen in den USA besonders strikte Auslegung der Trinkwasserrichtlinien. Er ging insbesondere auf die Novellierung der DIN 50930 Teil 6 ein, die aus seiner Sicht den großen Vorteil hätte, dass die Norm die Prüfung hygienisch geeigneter Werkstoffe vorsehe. Somit müssten Armaturen aus geprüften und geeigneten Werkstoffen nicht nochmals unter hygienischen Gesichtspunkten geprüft werden: „Als Anwender sind Sie dann auf der sicheren Seite.“ Uwe Dietrich zeigte die Möglichkeiten der Bauteilzertifizierung über den DVGW oder alternativ über Herstellerzertifikate auf und ging abschließend auf das komplexe Prüfverfahren für neue Werkstoffe im Anwendungsbereich Trinkwasser ein.

Test von Billigarmaturen aus Baumärkten: Vorgaben nicht eingehalten

Michael Scharf von den Wieland Werken berichtete in seinem Vortrag über Billigarmaturen, die der Halbzeughersteller zusammen mit dem „Cuphin“-Partner Diehl Metall Messing zu Testzwecken in diversen deutschen Baumärkten erworben hatte. Die getesteten Trinkwasserarmaturen lagen dabei im Verkaufspreis zwischen ca. 12 und 30 €. Nach umfangreichen Labortests stellte sich laut dem Werkstoff-Experten von Wieland heraus, dass die Vorgaben der gültigen Trinkwasserverordnung (TrinkWVo) „bei fast allen Armaturen nicht eingehalten werden“. Gerade bei den besonders problematischen Blei- und Nickelwerten gäbe es teilweise sogar „massive Überschreitungen gegenüber den Vorgaben“. Angesichts der alarmierenden Ergebnisse wies Michael Scharf darauf hin, dass die staatlichen Behörden die Einhaltung der Trinkwasser-Richtlinien im Bereich der Armaturenherstellung wesentlich stärker zu kontrollieren hätten. Gerade im Hinblick auf die Novellierung der TrinkWVo müsse es eine Überwachungsinstanz geben, die für einen besseren Vollzug sorgt. Die Wieland Werke und Partnerunternehmen sowie die Verbände wie das DKI forderten die Implementierung eines effektiven Überwachungssystems und würden die Ministerien hierbei aktiv unterstützen, so Michael Scharf.

Bleiarme Bauteile erwünscht: strikte Gesetzgebung in den USA

Im Anschluss referierten Mirko Reinberg und Arnaud Martin von der internationalen Zertifizierungs-Organisation NSF über die Bleigesetzgebung in den USA. Martin verwies auf die Vorreiterrolle des US-Bundesstaates Kalifornien bei der Reduktion von Blei in Trinkwasserarmaturen und die strikte Gesetzgebung nach AB 1953. Dort gelte für Trinkwasserarmaturen ein Bleigehalt von maximal 0,25 %, bezogen auf den gewichteten Mittelwert der wasserbenetzten Flächen. Insbesondere diese gesetzlichen Grundlagen führten dazu, dass 2010 der US-weit geltende „US Safe Drinking Act“ beschlossen wurde – mit Gültigkeit ab 2014. Der Nachweis über die Einhaltung der Bleivorgaben lasse sich über die Zertifizierung NSF / ANSI 372, Anhang G führen. Arnaud Martin stellte klar, dass europäische Armaturenhersteller, die in die USA exportieren wollen, ihre Bauteile entsprechend anpassen müssten.

„Ecomerica“: Sanitärlegierungen für den US-Markt

Mit „Ecomerica“ stellte Dr. Norbert Gaag von Diehl Metall Messing eine neue, bleiarme Werkstofffamilie vor, die den von der NSF erläuterten Anforderungen auf dem US-Markt entspricht. Die drei angebotenen Legierungen unterschieden sich durch den Kupfergehalt sowie durch die Arsen-Zusätze. Die „Ecomerica“-Legierungsfamilie besteht aus den Legierungen CuZn38As, CuZn42 sowie CuZn40. Der Werkstoff-Experte Dr. Gaag hob die Eignung der drei Varianten in Bezug auf die gesetzeskonformen Bleiwerte vor, schränkte jedoch das Einsatzspektrum in Bezug auf die Entzinkungs- und Korrosionsbeständigkeit zugleich etwas ein. Hier sei der bleifreie Werkstoff „Cuphin“ die bessere Wahl, auch aufgrund hervorragender Verarbeitungseigenschaften wie Zerspanbarkeit sowie Kalt- oder Warmverformbarkeit.

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