Im Gespräch

Wasserbehandlung ohne chemische Zusätze

Was leisten Wasserbehandlungsgeräte ohne chemische Zusätze gegen unerwünschte Kalkablagerungen oder Korrosion? Obwohl die Wirksamkeit der alternativen Verfahren nachgewiesen ist und die Hersteller neue Produktlösungen auf den Markt bringen, gibt es immer wieder Fragen zur „chemiefreien“ (= ohne chemische Zusätze) Wasserbehandlung. Dipl.-oec. Markus Kurz, Marketingleiter der perma-trade Wassertechnik GmbH, stellte sich den Fragen der tab-Redaktion.


tab: Herr Kurz, das Thema Wasser ist mit der Novellierung der Trinkwasserverordnung wieder stärker präsent. Kalk ist ein Parameter, der Trinkwas­ser­anlagen beeinflusst. Was bewirkt Kalk im Wasser konkret?

Markus Kurz: Hartes Wasser mit einer höheren Magnesium- und Kalziumkonzentration ist für den menschlichen Körper eher förderlich, in technischer Hinsicht hat der im Wasser gelöste Kalk aber Nebenwirkungen. Denn was dem Körper durchaus zukömmlich ist, kann Wasserleitungen und Haushaltsgeräten schwer zusetzen.

Kalkflecken auf Armaturen und Fliesen sowie höhere Energiekosten durch Kalkablagerungen auf Heizelementen sind vorrangig zu nennen. Bereits eine dünne Kalkschicht von nur rund 3 mm auf einem Wärmetauscher verursacht einen Energieübertragungsverlust von mehr als 20 %. Ganz zu schweigen von den Kosten eines Rohrverschlusses durch Verkalkung.

Kalkablagerungen entstehen in erster Linie bei der Erwärmung von kalkhaltigem Wasser. Mit steigender Temperatur nimmt die Konzentration an Kohlensäure ab, das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht verschiebt sich, es kommt zu einer Übersättigung des Wassers mit Kalziumkarbonat.

Befinden sich jetzt freie Oberflächen, z. B. eines Wärmetauschers oder des Trinkwasserrohrs in der Nähe, so wirken diese als Kristallkeimbildungszentren und es findet vor allem an diesen Stellen eine Kalkabscheidung statt.

tab: Das verwendete Material hat einen Einfluss auf das Trinkwasser. Gibt es auch bei modernen Leitungsmaterialien Kalkablagerungen?

Markus Kurz: Es ist bekannt, dass es in Gebieten mit hartem Wasser bei verzinkten Stahlrohren bzw. Kupferrohren zu Querschnittsverringerungen im Rohr durch Belagsbildung kommen kann. Weniger bekannt ist, dass gelegentlich auch in Kunststoff- oder Edelstahlrohren unerwünschte Ablagerungen entstehen können. Vor allem die glatte organische Oberfläche von Kunststoff erschwert die Belagsbildung deutlich. Kommt es dann doch zu Kalkablagerungen, besteht leicht die Gefahr eines „Rohrinfarkts“. Aufgestaute, abgeplatzte Kalkablagerungen verkleben an schwach durchströmten Abschnitten und können somit im Extremfall das Trinkwasserrohr komplett verstopfen. Dieses Schadensbild tritt am ehesten an Übergängen in senkrechte Leitungsführungen auf, in denen sich diese Halbschalen ansammeln und durch weitere Kalkausscheidungen miteinander „verkleben“.


tab: Hier kommt der Kalkschutz ins Spiel. Wie funktio­niert der Kalkschutz ohne chemische Zusätze?


Markus Kurz: Charakteristisch für eine Wasserbehandlung ohne chemische Zusätze ist, dass die natürliche Wasserqualität einschließlich der Mineralstoffe Kalzium und Magnesium erhalten bleibt. Dem Trinkwasser werden also weder Inhaltsstoffe entzogen noch hinzugefügt. Die vom DVGW nach dem Arbeitsblatt W 510 erfolgreich getesteten Geräte arbeiten nach dem Prinzip der Kristallkeimbildung und greifen lokal in das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht ein. Kalk haftet dann – vereinfacht ausgedrückt – nicht mehr auf den metallischen Rohrwandungen oder den Wärmetauschern an, sondern auf den im Wasser suspendierten winzigen Impfkristallen. Die Kunst besteht also darin, möglichst viele „Nanokristalle“ pro Zeiteinheit zu produzieren. Übersteigt die Oberfläche aller Impfkristalle die Oberfläche der Heizelemente bzw. der Rohrinnenwand um ein Vielfaches, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Kalziumkarbonat am Heizelement ablagert, verschwindend gering. Der im Wasser gelöste Kalk setzt sich demzufolge nicht in den Rohrleitungen oder im Warmwasser-Speicher bzw. in den Armaturen ab, sondern wird mit dem Wasserfluss ausgespült.


tab: Was bedeutet nach DVGW erfolgreich getestet konkret?


Markus Kurz: Eingangsvoraussetzung für den Erhalt eines DVGW-Prüfzeichen ist zunächst der Wirksamkeitsnachweis nach Arbeitsblatt W 512. Anschließend ist eine Gebrauchstauglichkeitsprüfung nach Arbeitsblatt W 510 notwendig. Mit der W 510 werden erstmalig die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit (Volumenströme 1 bis 20 l/min), Beschaffenheit, Betriebssicherheit und Hygiene von Kalkschutzgeräten festgelegt und die entsprechenden Prüfungen angegeben. Zudem werden nach Arbeitsblatt W 510 geprüft:

Erhalt der Wasserqualität, d.h. keine nennenswerte Veränderung, insbesondere die theoretisch mögliche Gasentwicklung sowie Nitritbildung bei stromgebundenen Geräten.
Festigkeit (inkl. Druckstoß), Dichtheit, Temperaturbeständigkeit, Druckverlust, Geräuschentwicklung, elektrische Sicherheit, Eigensicherheit.
Einbau-, Betriebs- und Wartungsanleitung sowie die Kennzeichnung des Gerätes.


tab: In welchen Anlagen sollten diese Kalkschutzsysteme eingesetzt werden?


Markus Kurz: Der Haupteinsatzbereich liegt im Schutz der Trinkwasserinstallation vor Kalkablagerungen in Gebäuden aller Art und Größe. Aber gerade in der heutigen Zeit, in der ein ver­antwortungsvoller Umgang mit der Ressource Energie zu einer Notwendigkeit geworden ist, wird Kalkschutz auch aus Gründen der Energieeffizienz immer wichtiger. Denn rund die Hälfte des in Deutschland genutzten Trinkwassers gilt als hart, und Kalk setzt sich überwiegend auf Heizelementen ab. Auf Grund der schlechten Wärmeleitfähigkeit von Kalk wirkt dieser wie ein Isolator und beeinträchtigt die Energieübertragung von Wärmetauschern.

Die Folge sind neben den erhöhten Energiekosten zusätzliche Aufwendungen für Wartung und Entkalkung. Und bei Solaranlagen – bei denen hohe Temperaturen im Speicher durchaus üblich und auch gewünscht sind ­­– ist noch ein weiteres Phänomen zu beachten: Schon eine Verdopplung der Temperatur von 40 auf 80 °C bedeutet eine sechsfache Menge an isolierend wirkendem Kalziumkarbonat in der vergleichbaren Zeit. Um Solarspeicher ab dem Härtebereich 2 vor Verkalkung zu schützen und somit energieoptimal zu betreiben, sind Kalkschutzgeräte ohne chemische Zusätze bestens geeignet.

tab: Mit welchen Kosten muss ein Betreiber rechnen, wenn er „chemiefreie“ Kalkschutzgeräte einsetzt?


Markus Kurz: Die modernen Kalkschutzsysteme sind grundsätzlich wartungsfrei, besitzen aber eine elektro­ni­sche Steuerung und benötigen hierfür Strom. Bei einem Einfamilienhaus kann man im Stand-by-Betrieb mit weniger als 5 W und bei Wasserentnahmen mit Werten von 25 bis zu 60 W, abhängig vom jeweiligen Gerätetyp und Hersteller, rechnen.

Des Weiteren ist ein Aus­tausch der Wirkeinheiten erforderlich. Die Aus­tausch­intervalle variieren bei einem Einfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von ca. 130 m³/Jahr je nach Hersteller und Gerätetyp zwischen drei und fünf Jahre.


tab: Herr Kurz, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

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