BIM in der TGA

Im Gespräch mit Dr. Sven Herbert

tab: Herr Dr. Herbert, Sie leiten den Arbeitskreis BIM (Building Information Modeling) im BTGA und waren als Vertreter des Verbandes auf dem Symposium „BIM – Digitales Planen – Bauen – Betreiben von Gebäuden“ vertreten. Welchen Eindruck hatten Sie von der Veranstaltung auf der Light + Building?

Dr. Sven Herbert: Ich fand die angesprochenen Themen skizzierten den aktuellen Stand zur Entwicklung von BIM in Deutschland sehr gut. Die Diskussion dieses Themas ist in unserer Branche immer noch von sehr viel Halbwissen und Mythen geprägt. Dem Entgegenzuwirken sind Veranstaltungen wie diese auf der Light + Building gut geeignet. Allerdings ist der Wissensstand der Zuhörer häufig sehr unterschiedlich, entsprechend schwer fällt die Auswahl der Themen.


tab: Das Thema BIM nimmt in Deutschland langsam Fahrt auf. Die Planungsmethode, die darauf setzt, ein Gebäude vor der realen Erstellung als möglichst komplettes virtuell zu konstruieren, um seine Eigenschaften simulieren zu können, wird viel diskutiert. Der Weg zur Umsetzung scheint allerdings noch recht weit. Ist diese Einschätzung richtig?


Dr. Sven Herbert: Das kommt erst einmal auf die Erwartungen an, die man an BIM als Planungsmethode hat. In vielen Ländern wird der Entwicklungsstand von BIM höher eingeschätzt als hierzulande, z.B. im angelsächsischen und im asiatischen Raum. Hier wird heute auch schon in sehr großen Projekten mit digitalen Gebäudemodellen gearbeitet. Geprägt sind diese Projekte in der Regel davon, dass es Generalplaner und/oder Generalunternehmer gibt. Diese haben die Macht, alle Projektbeteiligten auf das gleiche Softwareprodukt zu verpflichten. Die Projekte werden dann im sogenannten Closed-BIM-Verfahren abgewickelt, d. h. wenn alle Projektbeteiligten in einem gemeinsamen Modell arbeiten, dann nutzen auch alle die gleiche Software. Das digitale Gebäudemodell wird als 3D-Modell hauptsächlich zur Kollisionsprüfung verwandt. Es gibt verschiedene Standards z. B. „COBIE“, in dem definiert wird, wann welche Daten für den Gebäudebetreiber zur Verfügung stehen muss. In anderen Anwendungsszenarien arbeiten alle Projektbeteiligten in ihren eigenen Modellen und die werden über eine Schnittstelle (i.d.R. IFC) ausgetauscht. Hier werden allerdings hauptsächlich geometrische und das Objekt beschreibende Daten ausgetauscht. Dies funktioniert gut zur Abstimmung, aber nicht, wenn von anderen Parteien weitergearbeitet werden soll.

Der deutsche Markt ist geprägt von einer kleinteiligeren Vergabe (Losvergabe) auch in der Planung. Dann wird häufig von den ausführenden Unternehmen die Planung weitergeführt oder muss zumindest überprüft werden. Wenn man diese Anforderungen hat, ist es noch ein weiter Weg zur Umsetzung. Die ersten beschriebenen Varianten hingegen funktionieren auch heute schon.

tab: Passen die Rahmenbedingungen?

 
Dr. Sven Herbert: An den Rahmenbedingungen in Deutschland gibt es sicherlich noch vieles zu verbessern. Zum einen muss natürlich auf der Nachfrageseite erst einmal der Bedarf für ein solches Vorgehen da sein. Ein weiterer Punkt ist das große Produktespektrum in Deutschland. Auch hier muss die Vielfältigkeit der Produkte und Systeme in den verschiedenen Softwarlösungen erst noch vervollständigt werden, erst dann ist effizientes Arbeiten möglich.
Ein der größten Baustellen ist die als „open BIM“ bezeichnete Durchgängigkeit des Gebäude­modells und der Daten. Ziel hierbei ist es, dass sich alle Beteiligten die Modelldaten so nutzbar machen können – über alle Gewerke und die gesamte Wertschöpfungskette (also von Planung über Bau bis hin zum Betrieb), dass sie mit den Vorleistungen auch direkt weiterarbeiten können. Konkret würde dies bedeuten, dass eine Entwurfsplanung später von einem anderen Bearbeiter in einer anderen Software weiterbearbeitet werden kann, ohne dass er irgendwelche Einschränkungen hat. Dazu ist aber eine sehr starke Normierung der Daten und entsprechende Schnittstellen beziehungsweise eine Erweiterung der vorhandenen Datenaustauschformate notwendig.


tab: Wie rasch sollten sich Anlagenbauer und TGA-Planer mit dem Thema BIM beschäftigen?


Dr. Sven Herbert: Das hängt meines Erachtens sehr stark von den Einsatzfeldern, den Kunden und den Projekten ab. Sicherlich kann es heute schon vorkommen, dass Projekte in der BIM-Planungsmethode ausgeschrieben werden und ohne gute Vorbereitung kann man diese nicht effizient bearbeiten. Generell würde ich aber sagen, je internationaler, je größer und je mehr Planungsleistungen ein Unternehmen erbringt, umso früher sollte man sich mit BIM beschäftigen.


tab: Welche Hürden gibt es bei der Einführung?


Dr. Sven Herbert: Bei der Einführung ist zu beachten, dass erst einmal das Verständnis dafür geschaffen werden muss, dass es sich bei BIM nicht um eine neue CAD-Software handelt, sondern um eine Planungsmethode. Wer nur ein Programm kauft und seinen CAD-Administrator zu einer Schulung schickt, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schiffbruch erleiden. Alle im Unternehmen von Vertrieb über Planung, Ausschreibung bis hin zur Arbeitsvorbereitung oder Bauüberwachung müssen mit in diesen Veränderungsprozess eingebunden werden.


tab: Gibt es Ziele, die Sie sich beim BTGA gesetzt haben?

Dr. Sven Herbert: Unser Ziel ist es, daran mitzuarbeiten, dass die TGA-Unternehmen wissen, was auf sie zukommt und dass wir unsere Mitgliedsunternehmen und alle Interessierten an diesem Thema wie Planer und Komponentenhersteller zusammenbekommen, um die Effizienz und die Qualität in der Planung voranzubringen. Es gibt noch eine Vielzahl von Hürden zu überwinden, damit dies möglich wird, ohne dass für die Unternehmen mehr Aufwand als Nutzen entsteht. Meiner Ansicht nach birgt diese Planungsmethode sehr viel Potential, allerdings müssen dann alle am Bau Beteiligten ein Interesse daran haben, fair und kooperativ zusammenzuarbeiten. Wenn diese Grundvoraussetzung nicht gegeben ist, werden Bauprojekte auch in Zukunft nicht pünktlich und innerhalb eines realistischen Budgets abgeschlossen werden können.


tab: Vielen Dank.

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