Dipl.-Ing. Henning Schulz kommentiert

Die EnEV bittet um Ihre Mithilfe!

Nicht erst mit Inkrafttreten der novellierten Energieeinsparverordnung am 1. Mai 2014 sehen sich alle am Bau Beteiligten, insbesondere natürlich Bauherren, Architekten und Fachplaner der technischen Gebäudeausrüstung, einer besonderen Herausforderung gegenüber. Wichtiger denn je ist für sie die Frage, an welchem energetischen Anforderungsniveau sie sich orientieren sollen.

Mit dem Inkrafttreten der neuen EnEV hat sich an den Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz nur marginal etwas geändert. Es bleibt vorerst dabei, dass das in der Anlage zur EnEV beschriebene Referenzgebäude den technisch notwendigen Standard zur Erfüllung der EnEV darstellt. Ob damit auch das EEWärmeG erfüllt ist, hängt weiterhin vom tatsächlich zu errichtenden Gebäude ab.

Für Neubauten gelten ab dem 1. Januar 2016 aber dann verschärfte Vorgaben. Die Anforderungen an den zulässigen Höchstwert des Jahresprimärenergiebedarfs verschärfen sich um einmalig 25 % gegenüber heute. Da die im Referenzgebäude beschrieben notwendigen Standards für Gebäudehülle und Anlagentechnik vom Verordnungsgeber nicht aktualisiert werden, wird eine individuellere Planung der Gebäude notwendig.

Bis dahin haben Bauherren nun die Qual der Wahl. Entweder, sie bauen noch nach der aktuellen EnEV, also wie bisher gemäß Referenzgebäude, dafür aber bei weitem nicht so modern wie technisch möglich. Oder sie legen für ihren Neubau bereits die Richtwerte von 2016 oder besser zugrunde – und bekommen ein zukunftsfähiges Haus.

Wohin wir auch in Deutschland hinsichtlich der energetischen Qualität unserer Gebäude wollen, ist einmal mehr von politischer Seite festgeschrieben worden. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD unter dem Titel „Deutschlands Zukunft gestalten“ für den Gebäudebereich eine klare Richtung vorgegeben: „Der Wärmemarkt ist mitentscheidend für eine erfolgreiche Energiewende. Seine Umgestaltung ist ein langfristiger Prozess. Ziel der Koalition bleibt es, bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dazu müssen der Energieverbrauch der Gebäude adäquat gesenkt und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien zur Wärmenutzung vorangetrieben werden.“ Dass der Neubau hier weit vorausgehen muss, ist eine Grundvoraussetzung.

Das im Vorfeld der EnEV geänderte Energieeinsparungsgesetz (EnEG) greift für die Weiterentwicklung des Gebäudeneubaus bis 2020 direkt die Formulierung der europäischen Rahmenrichtlinie für den Zielstandard eines „Niedrigstenergiegebäudes“ auf:

Ein Niedrigstenergiegebäude ist ein Gebäude, das eine sehr gute Gesamt­energieeffizienz aufweist; der Energiebedarf des Gebäudes muss sehr gering sein und soll, soweit möglich, zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden.

Das EnEG schreibt dazu bereits fest, dass bis zum 1. Januar 2017 das Anforderungsniveau an die Gesamtenergieeffizienz von Niedrigstenergiegebäuden zumindest für Nichtwohngebäude, die im Eigentum von Behörden stehen und von Behörden genutzt werden sollen, per Verordnung zu erlassen ist. Die Anforderungen für Wohngebäude werden sich später daran orientieren – bzw. bereits parallel erlassen werden.

Schon seit Jahren weist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit ihren Förderprogrammen für „Energieeffizientes Bauen“ den Weg in eine noch effizientere Zukunft. Es ist technisch kein Problem, selbst heute schon die Anforderungen von Januar 2016 deutlich zu unterschreiten. In den letzten beiden Jahren wurden jeweils über 100.000 Bauvorhaben bzw. Wohneinheiten über diese KfW-Programme gefördert. Die Mehrheit der Bauherren in Deutschland hat sich somit bereits freiwillig für ein verbessertes Anforderungsniveau entschlossen. Das „Einstiegsniveau“ der KfW-Neubauförderung liegt dabei noch unter den EnEV-Anforderungen von Januar 2016.

Das Fazit der vorhandenen Rahmenbedingungen kann also nur lauten, heute schon mindestens den EnEV-Neubaustandard 2016 zu planen. Es gibt bereits etliche hocheffiziente technische Möglichkeiten – vor allem unter Nutzung erneuerbarer Energien –, die diese Niveaus auch finanziell attraktiv machen. Besonders der Einsatz elektrischer Wärmepumpen gibt dem Bauherren eine Option auf die Zukunft, die noch über das EnEV-Niveau 2016 hinausgeht. Zu beachten für die eigene Zukunftssicherheit ist der Fakt, dass die ab Mai gültige EnEV zum Januar 2016 auch eine Aktualisierung des Primärenergiefaktors für Strom festschreibt. Im Vergleich zu heute wird sich der Primärenergiefaktor weiter von 2,4 auf 1,8 reduzieren. Elektrisch betriebene Wärmesysteme können so ihre primärenergetische Effizienz auch voll ausweisen.

Stichwort Ausweis: Mit der EnEV-Novelle haben sich seit 1. Mai 2014 gerade für die Gebäude-Energieausweise einige markante Änderungen ergeben. Hervorzuheben ist besonders, dass es Pflicht ist, in Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien die energetische Qualität des Gebäudes anzugeben. Gleichzeitig wurde für die Energieausweise eine Energieeffizienzklasse auf Basis einer Endenergiebetrachtung eingeführt. Jetzt erhalten Gebäude somit eine Effizienzklassifizierung anhand von Buchstaben (A+ bis H), die auch in den oben genannten Immobilienanzeigen zumindest für Wohngebäude genannt werden muss. Auch bei der Bewertung auf Endenergiebasis sind elektrische Wärmepumpensysteme wegweisend. Aufgrund Ihrer hohen Anlageneffizienz unter Ausnutzung der Umgebungswärme (Boden, Wasser, Luft) erreichen die die höchsten Stufen in der neuen Effizienzklassifizierung der EnEV.

Wenn Bauherren also heute ein Gebäude planen, sollten sie mit Blick auf die neue Klassifizierung die Option auf eine bessere Bewertung und damit einen „werbewirksameren“ Buchstaben nicht leichtfertig verschenken, nur weil sie die EnEV erst einmal nicht direkt dazu verpflichtet.

Bei der richtigen Anwendung der energiesparrechtlichen Vorgaben der EnEV und der sie begleitenden Gesetzgebung sollte der Bauherr also den Blick ein bisschen in die Zukunft schweifen lassen. Die EnEV 2014 möchte richtig angewandt werden – und bittet den Bauherrn dazu um aktive Mithilfe.

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