BIM – eine kooperative Planungsmethode

Viega-Symposium an 17 Standorten

Digitales Bauen zählt zu den wichtigsten Herausforderungen der Zukunft. Mit „Building Information Modeling“ (BIM) steht dafür eine Methode zur Verfügung, die enormes Potential bietet. Denn über durchgängige Datenstämme wird mit BIM das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden so weit digitalisiert, dass alle Beteiligten gemeinsam an einem dreidimensionalen Modell des jeweiligen Projektes arbeiten können. Warum der zeitnahe Einstieg in BIM so wichtig für alle Beteiligten ist, darüber informierte der Systemanbieter Viega in Berlin 400 Planer und planende Fachhandwerker im Rahmen des Fachsymposiums „Planen, Bauen und Betreiben mit BIM“. Bundesweit finden insgesamt 17 dieser Fachsymposien statt, vier weitere in Österreich. Insgesamt werden rund 4.000 Teilnehmer erwartet.

Integrale Planung auf Basis von BIM ist keine Zukunftsmusik. In einigen Ländern – allen voran Großbritannien – wird bereits bei öffentlichen Projekten die Planung mit BIM vorgeschrieben. Und der Druck auf die Baubranche wächst, die Arbeitsmethodik auch hierzulande bald umzusetzen. So hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMVI Ende 2015 auch für Deutschland einen Stufenplan zur schrittweisen Einführung von BIM bis 2020 vorgestellt.

Diese Entwicklung ist genauso weitreichend wie der Übergang vom Zeichenbrett zur CAD-Planung. Darauf sollten sich Architekt, Planer oder planende Fachhandwerker möglichst bald einstellen, wenn sie auf Dauer im Wettbewerb bestehen wollen – das war die Einschätzung der namhaften Referenten aus Wissenschaft und Praxis, die beim Viega-Symposium das Thema BIM aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten. Nach dem Thema „Integrale Planung“, das Viega zum Thema der Symposienreihe 2014 gemacht hatte, war der Entschluss, 2016 die BIM-Thematik in den Fokus zu rücken, eine logische Fortsetzung.

Warten Sie nicht zu lange!

Warum BIM eigentlich notwendig ist und welchen konkreten Praxisnutzen diese kollaborative Arbeitsmethodik bringt, machte Professor Dr.-Ing. habil. Christoph van Treeck von der RWTH Aachen zum Auftakt des Fachsymposiums deutlich. Eine vollständig digitale Planung, die sich auch auf die Montage, die Inbetriebnahme und den Betrieb eines Objektes erstrecke, ermögliche beispielsweise eine in dieser Form bisher einmalig umfassende Qualitätssicherung. Sie werde während der Bauphase zu mehr Transparenz und später zu deutlich geringeren Betriebs- und Unterhaltskosten führen.

Allerdings sei bis dahin noch ein erhebliches Stück Weg zu gehen, so van Treeck: „Die Entscheidung, in welcher Tiefe und Form BIM in Planung, Ausführung und Betrieb eingesetzt wird, liegt in erster Linie beim Bauherrn und Betreiber. Sie müssen dies einfordern und überwachen. Und genau hierin liegt das Problem. BIM führt zu Verschiebungen von Aufwänden im Planungs­prozess in frühere Phasen. BIM wird dann in der Planung eingesetzt, wenn sich daraus ein ökonomischer Mehrwert ergibt. Für Generalunternehmer stellt sich dies damit anders dar als für den mittelstandsgeprägten Sektor. Deshalb ist gerade der Mittelstand aufgefordert, sich jetzt mit diesem Thema auseinanderzusetzen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren und sich in Pilotvorhaben Expertise anzueignen. Nur so kann der Mittelstand auch künftig an der Wertschöpfung teilhaben. Warten Sie nicht zu lange, starten Sie heute! Ansonsten wird Deutschland vom Ausland abgehängt oder GU’s werden das Rennen machen.“

Energieeffizienz als wesentlicher Treiber

Ein wesentlicher Treiber zur Marktdurchdringung von BIM werde auf jeden Fall die für alle neuen Bauprojekte geforderte Energieeffizienz sein, davon war Sebastian Herkel vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE; Freiburg) überzeugt: „Energieverbrauch und -versorgung werden von fast allen Gewerken beeinflusst oder beeinflussen sie. Darüber hinaus wirkt sich der Energieverbrauch während der Nutzungsdauer entscheidend auf die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes aus.“ Eine genaue und integrale Planung der Energieversorgung sei damit essentiell für die Gesamtperformance eines Gebäudes, so der Fraunhofer-Forscher. „Die aber ist ohne die digitale Basis von BIM nicht zu leisten.“

Denn nur mithilfe von Softwaretools sei es möglich, die Gebäudedaten digitalisiert so zu vernetzen, dass alle für den Energieeinsatz entscheidenden Parameter und Gewerke berücksichtigt werden und später auch in eine Verbrauchsoptimierung einfließen. Der Bogen spannt sich von den gesetzlichen Grundlagen beispielsweise zu energetischen Mindeststandards über die Art der Energieversorgung bis hin zum Monitoring in der Betriebsphase, um die ursprünglich geplanten Effizienz- und Komfortkriterien einhalten zu können.


BIM ist Chefsache

Wie die BIM-Planung in der Praxis aussieht, das konnte Eberhard Dux von der Planungsgruppe M + M AG aus Böblingen sehr plastisch schildern. Die Planungsgruppe M + M arbeitet viel für Auftraggeber aus der Industrie sowie Gesundheit, Forschung und Lehre – und da ist die Planungsmethodik schon in aller Breite angekommen. „In einigen Jahren wird das aber genauso für Wohnprojekte und ähnliche gelten. Die Planer sollten sich unbedingt heute schon darauf einstellen, denn mit ein paar Linien auf dem Papier sind die Planungsaufgaben dann schlicht und einfach nicht mehr zu lösen. Heute werden Zeichnungen gefordert, künftig werden es Modelle sein“, so Eberhard Dux.

Allerdings räumte er auch ein, dass „im Moment BIM noch denkbar unterschiedlich interpretiert wird. Wichtig ist es daher, vor Planungsbeginn mit dem Auftraggeber eindeutige Planungsziele und Planungsinhalte zu beschreiben; wie beispielsweise die Kollisionsprüfung in 3 D“. Dafür gebe es verschiedene Softwarelösungen. Die Investition in eine geeignete Software sei das eine, so Eberhard Dux. Mindestens genauso wichtig ist aus Sicht des M + M-Planers die frühzeitige Qualifizierung der Mitarbeiter: „Sie müssen die Bedeutung von BIM als umfassenden Planungsprozess verstehen und für ihre Arbeit verinnerlichen. Und BIM ist Chefsache!“

Prozesssicherheit in der Bauausführung

Dass BIM nicht „urplötzlich vor der Tür stand“, sondern im inhaltlichen Sinne eine von vielen Planern schon lange geübte Praxis ist, zeigte im Rahmen des Fachsymposiums Dieter Hellekes. Als Leiter des Bereichs Viega-Training für Zentraleu-ropa verfolgt er seit Jahren mit ganz engem Praxisbezug, wie komplex beispielsweise die Auslegung von Trinkwasser- oder Brandschutz-Installationen geworden ist – und dass solche Anforderungen nicht ohne den Blick über den Tellerrand des eigenen Gewerks zu leisten sind. „In BIM fließen alle relevanten Parameter, dazu gehören auch die exakten Eigenschaften aller Bauteile, in die Planung ein“, so Dieter Hellekes. Das fordere ganz entscheidend auch die Hersteller, denn „wir müssen den Kunden aus den Planungsbüros und dem Fachhandwerk nicht nur zeitnah die notwendigen Datenstämme zur Verfügung stellen, sondern möglichst auch die dazu passende Software.“

Viega sehe in dieser digitalen Weiterentwicklung zugleich die Chance zu mehr Wirtschaftlichkeit, Qualität und Prozesssicherheit in der Bauausführung.

„Die entscheidenden Vorteile des über alle Projektstufen hinweg durchgängigen Datenbestandes schlagen genauso bei der modellbasierten Mengenermittlung durch wie bei der Bauablaufsimulation, die zu einer einfacheren Koordination der Gewerke auf der Baustelle führen kann“, informierte Dieter Hellekes.


HOAI als Reizthema

Mit diesem „aktuellen Stand der Technik“ scheint die praktische Umsetzung von BIM zumindest den juristischen Rahmenbedingungen fast schon ein Stück voraus zu sein – so der Eindruck nach dem Viega-Fachsymposium. Denn „angefangen beim Vergaberecht über die Vertragsgestaltung und das Honorarrecht bis hin zum Gewährleistungsrecht stellt BIM auch die Juristen vor neue Herausforderungen“, so Dr. Robert Elixmann von der auf Baurecht spezialisierten Kanzlei Kapellmann und Partner (Düsseldorf). Der Hintergrund: Mit der engen Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten inklusive der gemeinsam genutzten Planungs- und Verarbeitungsdaten sind Themenfelder wie das Urheberrecht oder die Datenarchivierung in anderer Form berührt, als es bisher im Bauprozess der Fall war. Ein besonderes Reizthema sei gerade in Deutschland auch die HOAI, denn die bekannten Leistungsphasen lassen sich bei einem BIM-Projekt nicht in gewohnter Weise anwenden. „BIM ist keine Leistung, sondern eine Methode“, führte Elixmann aus. Die Konsequenz daraus war für den Juristen im Referentenkreis aber verblüffend einfach. „Abwarten, dass der Gesetzgeber etwas tut, ist nicht erforderlich. Alle rechtlichen Anpassungen können die Baupartner schon heute in Projektverträgen vornehmen“, so Robert Elix­mann. Notwendig sei dabei vor allem, frühzeitig und präzise die BIM-Methoden sowie die Leistungspflichten daraus schriftlich festzulegen: „Wer darüber erst nach Vertragsschluss nachdenkt, handelt zu spät.“


Fazit

Die integrale Planung von Gebäuden mit BIM ist deutlich über den Status einer „digitalen Vision“ hinaus. Sie wird – über kurz oder lang – auch für die Technische Gebäudeausrüstung kommen – spätestens, wenn öffentliche Ausschreibungen BIM als Arbeitsmethode vorschreiben. Umso wichtiger ist es für kleine und mittelständische Planungsunternehmen, sich schon jetzt mit dem Thema zu befassen und in Pilotvorhaben Erfahrungen zu sammeln. Darin waren sich die Besucher des Viega-Fachsymposiums in Berlin einig. Und noch eines wurde deutlich: Mit BIM wird sich die Art der Zusammenarbeit zwischen den Gewerken verändern, denn BIM setzt kompromisslos auf Zusammenarbeit – vom Planen über das Bauen bis hin zum Betreiben eines Objektes.

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