Niedrigschwelligen Einstieg in die TGA-Branche schaffen

Kommentar

Dipl.-Ing. M.Eng. Stefan Tuschy, Referent für Technik und Berufsbildung des BTGA.
Bild: BTGA

Dipl.-Ing. M.Eng. Stefan Tuschy, Referent für Technik und Berufsbildung des BTGA.
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Der Fachkräftemangel ist in vielen Bereichen längst real und wurde in den vergangenen Jahren durch die Pandemie nochmals drastisch verschärft. In der Branche der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) werden laut Handwerk durch die verschärften klimapolitischen Ziele je nach Szenario bis 2030 fast 60.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt – nur bezogen auf den Bereich „Heizung“. Im Fokus steht dabei einer der Schlüssel-berufe der Wärmewende: der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK).

Zwar ist 2021 die Anzahl der Auszubildenden zum Anlagen-mechaniker SHK gegen den deutschlandweiten Trend um 4,3 % gestiegen – der stetig wachsende Bedarf an entsprechenden Fachkräften kann dadurch allerdings nicht gedeckt werden. Es stellt sich also die Frage, wie noch mehr junge Menschen für einen Ausbildungsberuf in der SHK-/TGA-Branche gewonnen werden können. Die Möglichkeit, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, dürfte nur mäßigen Erfolg haben, da unsere europäischen Nachbarländer ähnliche klimapolitische Ziele verfolgen. Es müssen daher Lösungen gefunden werden, die bislang für den Ausbildungsberuf „Anlagenmechaniker SHK“ nicht im Fokus standen.

Flexibilisierung des Ausbildungssystems

Die Kluft zwischen dem in der Schule Erlernten und den in der Ausbildung erwarteten mathematischen und physikalischen Grundlagen wird immer größer: Viele Schulabgänger mit allgemeinem Schulabschluss sind von den stetig steigenden Anforderungen an die Grundkenntnisse und Kompetenzen der Auszubildenden überfordert. Erfreulich ist, dass sich diese Kluft zwischen Erwartungen und Können weniger in der manuellen Geschicklichkeit oder in der Motivation zeigt, sondern eher in der Allgemeinbildung und im theoretischen Bereich – vor allem in der mangelnden Fähigkeit, sich in Wort und Schrift auszudrücken.

Die Erfahrung zeigt, dass junge Menschen im Laufe ihrer Ausbildung durch zunehmende Erfahrung und durch persönliche Reife eigene Potenziale entdecken und Kompetenzen aufbauen. Für junge Menschen mit allgemeinem Schulabschluss sollte deshalb ein niedrigschwelliger Einstieg in die SHK-/TGA-Welt geschaffen werden. Eine wichtige Rolle würde dabei eine Flexibilisierung des Ausbildungssystems spielen, die nicht zu einer verminderten Qualität der Ausbildung führt. Eine zweijährige (Stufen-)Ausbildung würde die Durchlässigkeit und die Erfolgschancen eines Abschlusses deutlich erhöhen. Eine solche abgeschlossene Berufsausbildung würde auch nicht zu prekären Beschäftigungsverhältnissen führen, da die Ausbildung der Grundstein einer beruflichen Karriereplanung sein kann und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden könnte.

Anlagenmechaniker SHK und Anlagenmonteur SHK

Die Ausbildungszeit für einen Anlagenmechaniker SHK beträgt zurzeit dreieinhalb Jahre. Nach zwei Jahren könnten Auszubildende eine Prüfung ablegen und die Berufsausbildung mit dem Titel „Anlagenmonteur SHK“ abschließen bzw. früher beenden. Diese bestandene Abschlussprüfung wäre der Abschlussprüfung Teil 1 des Anlagenmechanikers SHK gleichgestellt. Somit wäre es für den Anlagenmonteur SHK möglich, die Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK später fortzuführen (2. Stufe) und die Abschlussprüfung Teil 2 abzulegen. Besteht ein angehender Anlagen-mechaniker SHK die Abschlussprüfung Teil 2 nicht, würde er den Abschluss „Anlagenmonteur SHK“ anerkannt bekommen und könnte in diesem Beruf tätig sein.

Fazit

Eine größere Flexibilität des Ausbildungssystems erlaubt es, besser auf die jeweiligen Leistungen der Auszubildenden einzugehen. So erhalten mehr junge Menschen die Möglichkeit, ihre Ausbildung erfolgreich mit einem Abschluss zu beenden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die Ausbildung dann gegebenenfalls fortgesetzt und ein höherer Abschluss erworben werden.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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