Kreislaufverbundsystem zur Wärmerückgewinnung
Optimierung der Lüftungs- und Klimatisierungstechnik in einem denkmalgeschützten GebäudebestandDas Gerling-Quartier in Köln ist eines der größten städtebaulichen Projekte Europas. Es vereint historische Architektur mit moderner Nutzung. Im Zuge einer umfassenden Sanierung der Bestandsgebäude wurde nach einer geeigneten Lösung zur Optimierung der Lüftungs- und Klimatisierungstechnik gesucht. Zur Erhöhung der thermischen Effizienz wurde ein Kreislaufverbundsystem zur Wärmerückgewinnung in die bestehende Gebäudetechnik integriert.
Das Gerling-Quartier in Köln, einst die Zentrale einer der damals größten Versicherungsgesellschaft der Welt, verbindet heute Wohnen und Arbeiten zu einem neuen Stadtviertel in bevorzugter Innenstadtlage. Das 4,6 ha große Areal ist eines der größten Baudenkmäler aus den Anfangsjahren der Bundesrepublik. Alles, was dort in den 1950er-Jahren entstanden ist, steht unter Denkmalschutz und ist zu einem Hotspot für Architekturinteressierte avanciert.
Integration im historischen Bestand
Aufgrund der denkmalgeschützten Bausubstanz stellte die Sanierung des ehemaligen Gerling-Verwaltungsgebäudes eine besondere Herausforderung für moderne Sanierungstechnologien dar. Ziel war es, die hohen Anforderungen an Energieeffizienz und Raumklima zu erfüllen, ohne das historische Erbe zu beeinträchtigen. Eine nachhaltige Lösung für die Wärmerückgewinnung und Kühlung war entscheidend, um modernen Standards an die technische Gebäudeausrüstung in dem 15-stöckigen Hochhaus gerecht zu werden.
Als Lösung für die energetische Sanierung im Bestand kommt ein Kreislaufverbundsystem mit Gegenstrom-Schicht-Wärmeaustauscher-Technologie (GSWT) von SEW zum Einsatz. Die GSWT-Technologie ist eine multifunktionale Wärme- und Kälterückgewinnungstechnik, mit Rückgewinnungswerten von über 77 % für Kreislaufverbundsysteme. Durch diese Rückwärmzahlen verbunden mit einer hohen Redundanz der GSWT-Technologie, sind mit dieser Energieeinspartechnik Effizienzwerte von 1:20 bis über 1:100 möglich. Das heißt, mit einem kW elektrischen Strom können bis zu 100 kW Wärme-, Kälte- und Rückkühlenergie erzeugt werden. Bei der Sanierung des Gerling-Quartiers wurde ein Kreislaufverbundsystem mit Wärmerückgewinnung zur Optimierung der Lüftungs- und Klimatisierungstechnik integriert.
Steigerung der thermischen Effizienz
Die Anlage wurde im Keller des ehemaligen Verwaltungsgebäudes installiert, was eine logistische Herausforderung und komplexe Aufgabe für das Team der SEW darstellte. Die Zugänglichkeit war nur über ein enges, denkmalgeschütztes Treppenhaus möglich. Um das historische Treppenhaus zu schonen, wurden die einzelnen Wärmeübertragermodule hochkant über die engen Treppenstufen transportiert und anschließend zum kompletten Wärmeübertrager vor Ort endmontiert. In diesem konkreten Anwendungsfall nutzt das System die Energie der Abluft, um im Winter die Frischluft effizient vorzuheizen und im Sommer durch adiabatische Kühlung für eine angenehme Raumtemperatur zu sorgen.
Vor allem die kompakte Bauweise des Systems ermöglichte die Integration in die vorhandene Infrastruktur, sodass keine zusätzlichen Kältemaschinen oder große bauliche Eingriffe erforderlich waren. Durch den Einsatz des Kreislaufverbundsystems zur Wärmerückgewinnung konnte die thermische Effizienz der Lüftungsanlagen im Bestand gesteigert werden. Dies führte zu einer Reduktion des Energiebedarfs, wodurch die Energiekosten im Rahmen der Sanierung des Gerling-Quartiers gesenkt werden konnten. Die flexible Anpassung an das Bestandsgebäude ermöglichte es, ein modernes Raumklima zu realisieren, ohne Kompromisse bei Nachhaltigkeit und Komfort einzugehen.
tab fragt nach
Zu Details bei der Planung und Ausführung der TGA-Sanierung im Gerling-Quartier sprach die tab-Redaktion mit dem Geschäftsführer der SEW, Jörn Eßmeyer.
tab: Wie kam es zu dem Auftrag, im ehemaligen Gerling-Verwaltungsgebäude ein Kreislaufverbundsystem zu installieren?
Jörn Eßmeyer: In der Planungsphase war das Planungsbüro Laag-Engineers GmbH auf der Suche nach einem Wärmerückgewinnungshersteller für Bestandsanlagen auf die Firma SEW gestoßen. Nach Zusendung der ersten Unterlagen und einer gemeinsamen Anlagenbesichtigung erstellten wir einen Lösungsvorschlag mit einer Kostenermittlung und einer Aufstellung über die Maßnahmen in den angrenzenden Gewerken. Ein Vorteil war die zerlegte Einbringung der WRG-Komponenten, sodass die beengte Lüftungszentrale und die schmalen denkmalgeschützten Transportwege ausreichten und keine Zusatzkosten entstanden.
tab: Wie hoch sind die Einsparungen beim Energieverbrauch durch die Sanierung der Lüftungs- und Klimatisierungstechnik im Vergleich zu vorher?
Jörn Eßmeyer: Da die Lüftungsanlage zuvor keine Wärmerückgewinnungstechnik beinhaltet, fiel die Einsparung mit der neuen GSWT-Technologie sehr hoch aus. Der Temperaturübertragungsgrad beträgt 70 %. Somit wird 70 % der Wärme aus der Abluft zurückgewonnen und an die frische Zuluft übertragen. Es muss nur noch die fehlende Wärme nachgeheizt werden. Je nach Höhe der Betriebszeiten rechnen wir mit einer Jahresenergieeinsparung von ca. 225.000 kWh/a, was die Betriebskosten entsprechend stark reduziert. Im Sommer wird die warme Außenluft über einen Brunnenwasseranschluss gekühlt. Der sonst erforderliche Strombedarf von ca. 15.000 kWh/a zur mechanischen Kälteerzeugung wird ebenfalls eingespart.
tab: Wie lange wird es voraussichtlich dauern, bis sich die Investition durch Einsparungen beim Energieverbrauch amortisieren wird?
Jörn Eßmeyer: Uns sind die genauen Kosten der Gesamtmaßnahme für den Bauherrn nicht bekannt, da in diesem Fall alles über einen Anlagenbau abgewickelt wurde. Bezogen auf das WRG-System können wir jedoch mitteilen, dass sich die GSWT-Technik bereits nach weniger als 4 Jahren amortisieren wird. Mit den Kosten für die angrenzenden Arbeiten und dem Zuschlag durch den Anlagenbau sollte sich die Gesamtmaßnahme für den Bauherrn nach ca. 6 Jahren amortisiert haben. Die hohe Ausführungsqualität der WRG-Komponenten ermöglicht eine lange Nutzungszeit von über 25 Jahren. Somit wird sich das investierte Geld für den Bauherrn mehrfach bezahlt machen und eine entsprechend hohe Rendite darstellen.
