Ein Firmengebäude, das sein Geld verdient

Negative Betriebskosten mit 100 kWp auf Dach und Wänden
Power to Heat ist eine Möglichkeit, überschüssigen PV-Strom sinnvoll zu nutzen. Das Unternehmen my-PV, das sich auf solche Lösungen zur Heizung und Trinkwassererwärmung spezialisiert hat, hat sein neues Firmengebäude auf die möglichst weitgehende Nutzung dieser Technologie ausgerichtet. Nach einem ersten Betriebsjahr liegen nun Messwerte vor. Ein ergänzendes Interview mit Geschäftsführer Dr. Gerhard Rimpler zeigt weitere Perspektiven für PV-Energie auf.

Die Jahresbilanz der solarelektrischen Versorgung des neuen Firmengebäudes von my-PV in Neuzeug, Oberösterreich, hat die Erwartungen übertroffen. Das Gebäude wird zu fast 60 % direkt mit Strom aus der 100 kWp Photovoltaikanlage in der Fassade und auf dem Dach versorgt. Das gilt nicht nur für die elektrischen Verbraucher, sondern auch für die Raumheizung, das Warmwasser und die Elektromobilität. Von November 2021 bis Oktober 2022 hat das Gebäude zudem negative Betriebskosten in Höhe von knapp 16.000 Euro erzielt.

Damit hat das Firmengebäude im ersten Betriebsjahr, gerechnet von November 2021 bis Oktober 2022, eine bilanzielle Autarkie von 347,9 % erreicht. Dieser Wert ergibt sich aus dem Vergleich der Netzeinspeisung und des Netzbezugs.

Ergebnis weiter verbessert

Schon im Winterhalbjahr der ersten Heizsaison von November 2021 bis April 2022 war das Gebäude bilanziell energieautark. Der hohe Ertrag der PV-Anlage in der Fassade und auf dem Dach in den Sommermonaten bei gleichzeitig fehlendem Wärmebedarf hat das Ergebnis nun weiter verbessert. So hat die PV-Anlage im gesamten ersten Betriebsjahr 59,9 % der gesamten Energie für das Gebäude direkt bereitgestellt. Die restlichen 40,1 % des Strombedarfs bezog my-PV aus dem Netz. Insgesamt wurde die 3,5-fache Solarstrommenge ins Netz eingespeist.

Auch der finanzielle Vorteil legt einen Umstieg auf die solarelektrische Vollversorgung von Gewerbegebäuden nahe. So rechnete my-PV mit jährlichen Betriebskosten von 2.100 Euro. Das wären 67 % weniger gewesen als bei Betriebsgebäuden ähnlicher Größe mit herkömmlicher Heiztechnik. Die Rechnung basierte auf Kosten für Gewerbestrom in der Höhe von 16 ct/kWh und Erlösen aus der Netzeinspeisung von 4 ct/kWh – beides zum Zeitpunkt der Prognose im September 2021 gängige Werte.

Das Gebäude verdient Geld

Aufgrund der guten Funktion des solarelektrischen Konzeptes konnte my-PV die Betriebskosten auf Basis der Preise aus dem September 2021 auf 402,84 Euro senken. Da die Energiepreise seit März 2022 aber genauso drastisch gestiegen sind wie die monetären Erlöse aus der Solarstromeinspeisung, hat das Unternehmen nun sogar ein großes Plus verbucht: Die solarelektrische Haustechnik im Gebäude führte zu negativen Betriebskosten in Höhe von 15.829,24 Euro. Das oberösterreichische Unternehmen verdiente mit dem Betrieb des Gebäudes also einen fünfstelligen Betrag. „Selbst bei diesen verschobenen Rahmenbedingungen mit höheren Einspeise- als Bezugspreisen, die absolut unnatürlich und nicht nachhaltig sind, hat unser Geschäftsmodell Potenzial. Öl und Gas haben ein Ablaufdatum, und es bleibt wirtschaftlich, Photovoltaikenergie direkt im Haus zu verwenden, auch für Wärme“, fasst my-PV-Geschäftsführer Dr. Gerhard Rimpler zusammen.

tab fragt nach

tab: Herr Doktor Rimpler, mit Ihrer PV-Anlage decken Sie rund 60 % Ihres Energiebedarfs ab. Andererseits beträgt der Überschuss, den Sie ins Netz einspeisen, die 3,5-fache Menge Ihres eigenen Netzbezuges. Haben Sie sich im Vorfeld Gedanken gemacht, ob Sie mit PV und ggf. auch Batterien den eigenen Energiebedarf komplett abdecken können? Oder anders gefragt: Wo sind die sinnvollen Grenzen auf dem Weg zu 100 % tatsächliche Autarkie mit heutiger Technologie?

Gerhard Rimpler: Mit Batterien kann man diesen Wert noch etwas verbessern. Das löst aber nur den Tagesgang und der spielt bei unserer Anwendung eine relativ geringe Rolle, weil der Verbrauch in der Nacht gering ist. 100 % Autarkie macht aus meiner Sicht auch längerfristig dezentral keinen Sinn, weil wir sehr gute Stromnetze mit sehr guter Aufnahmefähigkeit haben.

tab: Ihren Überschuss speisen Sie überwiegend dann ein, wenn schönes Wetter ist und es deshalb im Netz sowieso Überschüsse gibt, was oft zu negativen Strompreisen führt. Wo sehen Sie sinnvolle Anwendungen für überschüssigen Strom aus PV-Anlagen und Windkraftwerken über das von Ihnen vertretene Konzept Power-to-heat hinaus?

Gerhard Rimpler: Das eigentliche Problem der Energiewende liegt darin, den Überschuss vom Sommer in den Winter zu transferieren. Die Technologie dazu heißt Wasserstoff und Methanisierung, die Speicher sind die bereits jetzt vorhandenen Erdgasspeicher. Oder anders gesagt: Die saisonale Speicherung wird großtechnisch gelöst werden, nicht im Einfamilienhaus oder Gewerbebau.

tab: Auch der Redaktion erscheint die Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff als guter Weg. Doch bei anderen Konzepten wie Power-to-Gas oder to-Diesel oder to-was auch immer sind die Verluste und Kosten allein schon von den chemischen Prozessen aus betrachtet exorbitant hoch. Wie sehen Sie das und welche Entwicklungen erwarten Sie über die nächsten Jahre?

Gerhard Rimpler: Wie ich oben schon sagte, sehe ich Wasserstoff und Methanisiserung, wenn der Wasserstoffanteil in den Gasnetzen zu hoch wird, als Lösung. Die Verluste sind dabei zwar vorhanden, aber auch ein thermisches Kraftwerk hat bestenfalls 50 bis 70 % Wirkungsgrad. Die Strompreise, da zunehmend bei Überschuss negativ, werden das Thema vorantreiben. Wie Sie richtig sagen, sind die Anlagenkosten sehr hoch, da die Jahresnutzung im besten Fall 1.000 h beträgt. Meiner Ansicht nach müssen hier die gesamtwirtschaftlichen Kosten für den Zukauf fossiler Energie gegengerechnet werden. Auch wenn es eine „alte Leier“ ist: Wir subventionieren immer noch konventionelle Energieträger. Da ist also einige Luft nach oben.

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