Paradigmenwechsel in der Haustechnik

Die Integrale Planung erfordert ein Umdenken auf dem Bau

Die Planung von Bauprojekten steht vor einem Paradigmenwechsel. Digitale Prozesse, steigende Anforderungen bzgl. Ressourcenschonung, Energieeffizienz, Lebenszykluskosten und Wertsicherung sowie globale und organisatorische Veränderungen führen zu einer stetig wachsenden Komplexität. Traditionelle Planungsprozesse stoßen an ihre Grenzen. Genau hier setzt die Integrale Planung an.

Die Erfahrung zeigt: Theorie und Praxis klaffen gerade bei Bauprojekten auseinander. Was geplant wird und was später wirklich nach den Wünschen der Bauherren funktioniert, liegt oft weit auseinander. Neben einer mangelnden Kommunikation zwischen allen Beteiligten erhöhen Richtlinien wie die EPBD oder Label für nachhaltiges Bauen den Druck zusätzlich. Gleichzeitig steigt die Komplexität der Gebäude. Räume sollen sich möglichst flexibel umgestalten lassen und teilweise ganz neuen Nutzungsszenarien gerecht werden. Schlagworte wie BIM und Smart Building prägen den Markt und suggerieren, dass die modernen Gebäude genau das schon sind – intelligent vernetzte und flexible „Gebäudehüllen“, die allen Nutzungsszenarien gerecht werden. Doch davon sind wir noch weit entfernt. Um die nicht selten sich widersprechenden Ziele und Wünsche von Bauherren, Architekten, Planern und Durchführenden in den Griff zu bekommen, ist die Integrale Planung die Lösung. Vielen ist deren Bedeutung noch nicht bewusst.

Integrale Planung als Schlüssel zum Erfolg

Richtig gelebte Integrale Planung beginnt mit der Projektentwicklung und endet mit dem Abbruch. Bauherr, Architekt, Planer, Haustechnik, Tragwerk – alle sind eng miteinander verbunden. Integrale Planung macht diese Abhängigkeiten transparent und führt durch eine enge und offene Kommunikation dazu, diese Abhängigkeiten simultan und iterativ zu verbessern. Gemeinsam entwickelt man ein ganzheitliches Konzept im Sinne einer nachhaltigkeitsorientierten Gesamtstrategie, damit am Ende die Funktionsfähigkeit eines Gebäudes sichergestellt ist, der Energieverbrauch und die Umweltbelastungen reduziert und gleichzeitig Komfort und Wirtschaftlichkeit optimiert sind.

„Wir aus dem Bereich Planung Elektrotechnik bei der LAE Engineering GmbH stimmen Bauwerk und Gebäudetechnik präzise aufeinander ab und realisieren damit an den Schnittstellen eine optimierte Absprache aller Beteiligten mit dem Vorteil, schon frühzeitig alle geforderten Funktionen gewerkeübergreifend zu definieren. Ergebnis ist eine Liste von wirtschaftlichen, ökologischen und soziologischen Zielen sowie Kundenwünschen“, erläutert Frank Lettmann, Bereichsleiter Planung Elektrotechnik, das Vorgehen bei LAE.

Gleichzeitig hätten Erfahrungen gezeigt, dass die Funktionen der Gebäudeautomation nicht erst bei der Objektübergabe thematisiert werden dürfen. Sie sind der Schlüssel für ein funktionierendes und funktionssicheres Gebäude. Deren Definition erfolgt bei LAE daher zu Beginn einer jeden Planungsphase. Dies gewährleistet Kompatibilität und vermeidet Fehldimensionierungen. Synergien sowie Effizienzsteigerungs-potenziale werden erkannt und genutzt.

Digitale Lösungen berücksichtigen

Flexibilität und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen und dabei die Funktion nicht aus dem Auge zu verlieren, ist Ziel einer jeden integralen Planung. Zunehmend gilt es dabei wartungsfreie IoT-Geräte zu berücksichtigt und eine Kommunikation zwischen Geräten verschiedener Hersteller – ob funkbasiert oder kabelgebunden – zu gewährleisten. Im Gebäude kommunizieren verschiedenste Komponenten wie etwa energieautarke Funksensoren miteinander. Bedarfe, Fehler und Zustände werden gemeldet. Sind diese Daten online verfügbar, lassen sich Energiedaten nahezu vollständig erfassen und in Echtzeit übertragen und analysieren. Intelligente Systeme zeigen Verbesserungspotenziale auf und geben Feedback zum Nutzerverhalten. Die fortschreitende Digitalisierung und das Internet of Things (IoT) reduzieren den Aufwand sowie Kosten und bieten den großen Mehrwert von Daten-Transparenz. Gleichzeitig bedeutet dies, dass noch detaillierter und umfangreicher geplant und zwischen den einzelnen Gewerken abgestimmt werden muss.

Fazit

Als Planungsunternehmen stellt LAE Engineering standardmäßig die Beratung vor die Planungsleistung. Das heißt Funktionen gestalten das Tun. Dies gewährleistet an den Schnittstellen eine optimale Absprache aller Beteiligten. Gleichzeitig garantieren eine kontinuierliche Bauüberwachung sowie detaillierte und wiederkehrende Funktionsprüfungen ein Gebäude, das den definierten Anforderungen entspricht und funktioniert. „Für uns ist die Integrale Planung die Grundlage für Lösungen, die funktionieren – zu festen Terminen und Budgets.“, erklärt Frank Lettmann abschließend die Entscheidung für den integralen Planungsprozess.

Interview

Integrale Planung – tab fragt nach

Das Unternehmen LAE Engineering stellt mit seinem Ansatz einer integralen Planung die Beratung vor die Planungsleistung. Dies soll an den Schnittstellen eine optimale Absprache aller Beteiligten gewährleisten. Später übernimmt das Unternehmen eine kontinuierliche Bauüberwachung sowie wiederkehrende Funktionsprüfungen

Herr Lettmann, wer beschäftigt sich beim Bauprojekt hauptberuflich mit der Integralen Planung?

Frank Lettmann: Im Bauprojekt ist das konkret die Aufgabe des Fachplaners für Gebäudeautomation (Kostengruppe 480). Früher wurden solche Aufgaben vom TGA-Fachplaner im Rahmen der Bereiche MSR und GLT teilweise übernommen, heute wird es zunehmend zum taktgebenden Gewerk. Die VDI 3814 beschäftigt sich mit Gebäudeautomation und diese Richtlinie wurde im Normenkreis rund um Prof. Martin Becker neu strukturiert. Demnach hat die Integralleistung im Vorfeld der Planung die funktionalen Vorgaben für alle Gewerke zu erarbeiten.

Also noch bevor der Architekt in das Projekt einsteigt?

Frank Lettmann: Genau genommen schon. Wenn wir als LAE Engineering in eine frühe Planungsphase eintreten, dann erarbeiten wir Vorgaben für den Architekten, damit das Gebäude hinterher funktioniert. Ein kleines Beispiel: Soll statt einer normalen Verschattung eine vollautomatisierte Verschattung installiert werden, so sind ganz andere Antriebsmotoren erforderlich. Dem Kunden ist so etwas meistens nicht bewusst und wenn der normale Motor erst eingebaut ist, treten die Probleme beim Einstellen der GA auf. Bislang kommt die beschriebene Art der Integralen Planung bei schätzungsweise 2 % aller Bauvorhaben zur Anwendung und deshalb funktionieren auch so viele Gebäude nicht wie gewünscht.

Der Bereich HLK hat dabei sicher ein besonders hohes Potenzial in Sachen Insuffizienz und Energieverschwendung in Gebäuden.

Frank Lettmann: Ja, da wird viel geplant und oft zu wenig hinterfragt. Da legt der Planer eine Kältemaschine korrekt nach den Vorgaben aus und wir hinterfragen das dann. Können wir im Winter z. B. die Anlage ganz herunterfahren und das Rechenzentrum mit freier Kühlung temperieren? Können wir in bestimmten Fällen statt dem Einbau einer (hocheffizienten) drehzahlgeregelten Pumpe vielleicht ganz auf eine Pumpe verzichten? Oder Energiekonzepte: Gas will heute niemand mehr, also muss eine PV her. Das zieht dann Batteriespeicher nach sich und vielleicht muss man dann auch noch Wasserstoff erzeugen, um ihn später in einer Brennstoffzelle wieder zu verstromen. Der Elektro-Planer kann dann seine PV-Anlage und der TGA-Fachplaner seine Brennstoffzelle perfekt nach den Regeln der Kunst auslegen. Aber um das Zusammenspiel kümmert sich im Vorfeld niemand. Und so bekommt der Auftraggeber eben oft nicht das, wofür er bezahlt.

Für die integrale Planung braucht es also ein neues Bewusstsein. Wo soll das herkommen?

Frank Lettmann: Sinnvoll wäre es, wenn die Architekten auf der Hochschule bereits einen Semesterkurs in Sachen Gebäudeautomation belegen müssten, damit ein Bewusstsein dafür entsteht. Architekten sind heute gebäudetechnisch oft nicht gut aufgestellt. Aber die Anforderungen haben in hohem Maße zugenommen. Als ich anfing, lag die Gebäudetechnik kostenmäßig noch bei 15 bis 18 % der Baukosten. Heute liegen wir in Bürogebäuden bei 50 % und bei komplexen Objekten bei 60 %. Und das ist im Markt noch nicht angekommen. Viele Kunden gewinnen wir, weil sie uns anrufen, wenn das Gebäude nicht funktioniert. Beim nächsten Mal sind wir dann oft als integraler Planer von Anfang an dabei – sozusagen als technischer Architekt.

Und wenn Sie mit Ihrer Integration fertig sind?

Frank Lettmann: Dann begleiten wir das Projekt mit unseren verschiedenen Fachbereichen weiter. Wir können die komplette Elektroplanung übernehmen, wir koordinieren und überwachen in der Bauphase den Bereich Automation als Schnittstelle zwischen den Gewerken und wir machen hinterher das Monitoring und die Auswertung der Daten als Grundlage zur Optimierung des Betriebs.

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