268. Folge von Dr. Herbert Rudolf, Hauptgeschäftsführer des BHKS

Zertifizierung von Installateuren in neuer EU-Richtlinie

BONNER THEMEN NOVEMBER 2008 268. Folge von Dr. Herbert Rudolf, Hauptgeschäftsführer des BHKS

Jahrelang wurde die Brüsseler Administration von den Politikern, aber auch von der Fachwelt, gedrängt, eine Lücke in ihrem Vorschriftenwerk zu schlie­ßen: Eine europäische Richtlinie für Strom aus erneuerbaren Energien gibt es seit 2001, für Biotreibstoffe seit 2003, etwas Gleichartiges für die Heizung und Kühlung aus erneuerbaren Energien fehlte bislang.

EUFORES, eine Gruppe europäischer Parlamentarier, die sich im besonderen Maße für den Einsatz erneuerbarer Energien interessieren, entwickelten unter der Feder­führung von Mechtild Rothe aus Bad Lippspringe eine Vielzahl von Inititati­ven, um die allseits vorhandenen Wünsche auf den richtigen Weg zu brin­gen. Unübersehbar war allerdings auch, dass Meinungsverschiedenheiten über den Handel von „Herkunftsnachweisen“ sowie über das richtige Maß an Nachhaltigkeit der Biokraftstoffziele eine einschlägige Beschlussfassung ver­hinderten. Während der deutschen Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2007 durchschlugen die Staats- und Regierungschefs der EU den gordischen Knoten: In ihrem Aktionsplan forderten sie die Europäische Kommission auf, nicht Korrekturen an den bereits bestehenden Richtlinien vorzunehmen, sondern in dem Entwurf einer völlig neuen Richtlinie das Gesamttableau ei­ner auf erneuerbaren Quellen beruhenden europäischen Energiepolitik zu formulieren. Das Werk liegt jetzt vor. Es heißt: „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“.

Um es vorweg zu sagen: Das Studium des Textes, einschließlich der ausführlichen Begründung sowie der Anhänge, erweckt nicht den Eindruck einer überragenden Ausgewogenheit bei der Bewertung der in Betracht kommenden Energiequellen. Diejenigen gebäudetechnischen Experten, die eine Heiz- und Kühl-Richtlinie er­wartet hatten, werden enttäuscht sein. Im Vordergrund stehen eindeutig Kor­rektur- und Ergänzungsmaßnahmen für den Biomassesektor gefolgt von Rege­lungen für den Sektor der Stromerzeugung. Dennoch ist die Wärme- und Kälteer­zeugung nicht zu vernachlässigen, die Musik spielt jedoch eher in den Anhängen.

20 % aus erneuerbaren Energien als Ziel bis 2020

Das Ziel des Richtlinien-Entwurfs lässt sich sehr plakativ formulieren: 2020 muss in der Europäischen Union 20 % ihres Endenergieverbrauchs auf er­neuerbare Energien entfallen. Das heißt nicht, dass jedes Mitgliedsland einen Anteil von 20 % erreichen muss, vielmehr wird die Zielgröße auf die 27 Mit­gliedsländer gemäß schon erreichtem Anteil und dem Bruttoinlandsprodukt je Kopf aufgeteilt. Basisjahr für die notwendigen Berechnungen ist jeweils 2005. Deutschland zum Beispiel hatte im Basisjahr 2005 einen Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Endenergieverbrauch von 5,8 % erreicht; der 2020 zu erreichende Wert wurde mit 18,0 % berechnet.

Diese Vorgaben sind Teil des Anhangs I A der Richtlinie, die für jedes Mitglieds­land den Ausgangs- und den Zielwert benennt. Ökologischer Spitzenreiter – 2005 wie 2020 – ist Schweden, das von einem Ausgangswert von knapp 40 % auf 50 % kommen muss. Schlusslicht unter den größeren EU-Ländern ist das Vereinigte Königreich, von dem eine Steigerung von jetzt 1,3 % auf dann 15 % erwartet wird. Um den einzelnen Mitgliedsstaaten eine Orientierung für die zwischen 2005 und 2020 liegenden Jahre zu geben, hat die Europäische Kommission den so ge­nannten „Richtkurs“ eingeführt: Anhand einer Formel, die sich aus Anhang I B der Richtlinie ergibt, können die EU-Länder errechnen, wie ihr Weg zur Zielgröße in den Zwischenjahren gestaltet sein sollte. Abweichungen davon ziehen eine Be­richtspflicht nach sich.

Zusätzlich zur Vorgabe der „Richtkurse“ legt die Richtlinie den Mitgliedsländern die Erstellung „nationaler Aktionspläne“ auf, in denen eine Gesamtdarstellung der quantitativen und qualitativen Maßnahmen zur Erreichung des vorgegebenen Ziels zu präsentieren ist. Termin hierfür ist der 31. März 2010.

Zielgröße auch in Kombination von Energiearten erreichbar

Den Mitgliedsstaaten ist übrigens freigestellt, in welchem Ausmaß die drei Sekto­ren Verkehr, Strom und Wärme/Kälte erneuerbare Energien beisteuern, um das Gesamtziel zu erreichen. Allerdings wird zwingend erwartet (Artikel 3, Absatz 3 der Richtlinie), dass im Verkehrssektor ein Aufkommen von mindestens 10 % aus erneuerbaren Quellen erreicht wird. Die auch in dieser Kombination wieder zum Vorschein kommende Betonung des Verkehrssektors ergibt sich aus den folgen­den Gründen: a) der Verkehrssektor verzeichne den schnellsten Anstieg von Treibhausgas-Emissionen, b) Biokraftstoffe verringerten in einer besonderen Weise die Abhängigkeit vom Öl und c) Biokraftstoffe seien derzeit in der Herstel­lung noch teuerer als andere Formen erneuerbarer Energie, weshalb sie ohne be­sondere Auflagen wohl kaum entwickelt würden.

Herkunftsnachweise

übertragbar

Für die Ersteller gebäudetechnischer Anlagen sind zwei Passagen der vorgesehe­nen Richtlinie von herausgehobener Bedeutung:

1. Sofern Wärme und Kälte in Anlagen mit einer thermischen Kapazität von 5 MW aus erneuerbaren Quellen stammt, bedarf es eines Herkunftsnachwei­ses, mit dem die energetischen Bedingungen der Anlage bestätigt werden. Die Ausstellung von Herkunftsnachweisen muss dabei ebenso wie die Einrichtung und Führung eines nationalen Registers von einer einzigen zuständigen Stelle vorgenommen werden. International sind Herkunftsnachweise jeweils gegenseitig anzuerkennen, wie sie auch bei Überschreiten der „Richtkurse“ von Mitglieds­staat zu Mitgliedsstaat übertragen werden können.

2. Artikel 13 der Richtlinie, Absatz 3, sieht vor, dass „die Mitgliedsstaaten ein Zertifi­zierungssystem für Installateure von kleinen Bio­masse­kesseln und -öfen, Pho­to­vol­taik- und Solarwärmesys­te­men und Wärmepumpen (ent-­
wickeln)“. Ver­gleichs­weise aus­führ­lich wird in Anhang IV dar­ge­stellt, welche Kriterien für die Zertifi­zierung von Installateuren vorzusehen sind.

Anders als bei der Führung von Herkunftsnachweisen kann die Zertifizierung von einer Vielheit von Verwaltungsstellen vorgenommen werden, von denen aber strikte sowohl hardwareseitige (Gerätschaften, Einrichtungen) als auch software­seitige (Vorhalten von Ausbildungsprogrammen) Bedingungen zu erfüllen sind.

Die erwartete Vorbildung für Installateure

Von den Installateuren werden definierte Ausbildungen erwartet, wobei nachfol­gend die in der Richtlinie verwendeten Übersetzungen benutzt werden:

a) Installateure von Biomassekesseln und -öfen: eine Ausbildung zum Heizungs­in­stallateur, Heizungs-, Kälte oder Sanitärtechniker, Klempner oder Rohrschlos­ser;

b) Installateure von Wärmepumpen: eine Ausbildung zum Klempner oder Kälte­techniker sowie grundlegende Fertigkeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik und der Klempnerei als weitere Voraussetzung;

c) Installateure von Photovoltaik- und Solarwärmeanlagen: eine Ausbildung als Klempner oder Elektrotechniker sowie Fertigkeiten auf dem Gebiet der Dachdec­ke­rei oder

d) eine dreijährige Ausbildung in den unter a, b oder c genannten Berufen und die sowohl theoretische als auch praktische Ausbildungsmaßnahmen umfasst.

Das Zertifikat steht am Ende einer Prüfung, in der die Fähigkeit zur erfolgreichen Installation von Biomassekesseln und -öfen, Wärmepumpen bzw. Photovoltaik- und Solarwärmeanlagen praktisch unter Beweis zu stellen ist. Der Nachweis darf nicht lebenslang ausgestellt werden, sondern ist zeitlich zu befristen.

Nach den gegenwärtigen Vorstellungen der Europäischen Kommission soll die Richtlinie so in Kraft gesetzt werden, dass ihre nationale Umsetzung bis zum 31. März 2010 erfolgt sein kann. Durch vorausgegangene Schäden klüger geworden, müssen die Mitgliedsstaaten diesmal eine Tabelle mitliefern, aus der hervorgeht, welche jeweils nationalen Vorschriften den Vorgaben der Richtlinie konkret ent­sprechen.

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