Die Bedeutung der TGA für die Energiewende und die wirtschaftlichen Perspektiven

Die Energiewende wird von der Politik in Deutschland leider noch viel zu häufig mit der Stromwende gleichgesetzt. Dabei ist die Energiewende gleichermaßen auch eine Wärme-, Kälte- sowie eine Effizienzwende. Nur wenn wir diese Dimensionen gleichrangig betrachten und stärker miteinander koppeln, lassen sich die energie- und klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung erreichen. Der TGA kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

Im Jahr 2002 lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in Deutschland bei 6,2 %. Bis zum Jahr 2014 hat sich dieser Anteil auf 27,4 % erhöht und damit mehr als vervierfacht. Leider wurde es versäumt, die Rahmenbedingungen an diese rasante Entwicklung anzupassen. Nach wie vor fehlen passende Speicher und Netzinfrastrukturen für die stark schwankende Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien. Das führt zur paradoxen Situation, dass aus erneuerbaren Energien meist nicht zu wenig, sondern oftmals zu viel überschüssiger Strom produziert wird. Dieser kann nicht ausreichend gespeichert werden und bringt das Stromnetz an den Rand des Kollapses.

Weit weniger rasant war dagegen die Entwicklung des Anteils von erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte. Zwar stieg der Anteil auch hier von 4 % im Jahr 2000 auf 12,2 % im Jahr 2013. Gemessen an den Potentialen und der zur Verfügung stehenden Technik ist das jedoch zu wenig und Beleg für die einseitige Fokussierung auf den Strombereich.

Effizienzpotentiale des Nichtwohngebäudebereiches

Ob Strom oder Wärme – die günstigste und ökologisch sinnvollste Energie ist immer noch die, die erst gar nicht verbraucht wird. Gerade im Nichtwohngebäudebereich liegen enorme ­Energieeffizienzpotentiale.

Diese müssen mit moderner TGA und innovativer Gebäudeautomation kurz- bis mittelfristig gehoben werden, wollen Bundesregierung und EU ihre energie- und klimaschutzpolitischen Ziele erreichen. Studien zeigen, dass allein durch die konsequente Durchführung energetischer Inspektionen von Klimaanlagen nach § 12 EnEV und der Umsetzung der identifizierten Optimierungsmaßnahmen bis 2020 etwa 6 Mio. t CO2 pro Jahr eingespart werden können. Durch eine erweiterte Inspektionspflicht für Lüftungsanlagen ließe sich das Einsparpotential sogar auf ca. 10 Mio. t CO2 pro Jahr erhöhen.

Gerade Lüftungswärmeverluste nehmen in zunehmend luftdichten und hochwärmegedämmten Gebäuden einen immer größeren Anteil an den gesamten Wärmeverlusten ein. In Niedrigenergiegebäuden beträgt dieser Anteil mindestens 50 %. Moderne Klima- und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung reduzieren diese Verluste und vermeiden, dass sprichwörtlich „zum Fenster heraus“ geheizt wird. Durch Wärmerückgewinnung in zentralen RLT-Anlagen wurden in Deutschland 2014 etwa 22 TWh Wärme zurückgewonnen, wodurch Emissionen von umgerechnet 6 Mio. t CO2 vermieden wurden. Zum Vergleich: Wärmepumpen, Solar- und Geothermie stellten 2013 im gesamten Gebäudebereich zusammen mit 24,8 TWh nur unwesentlich mehr an regenerativer Wärme bereit als die Wärmerückgewinnung allein in Nichtwohngebäuden.

Bedarfsgesteuerte und strom-effiziente Ventilatoren sparen in klimatisierten oder mechanisch belüfteten Gebäuden zusätzlich Energie, indem sie jeweils nur die exakt benötigte Menge an Luft transportieren. Kälte- und Klimatechnik ist zudem hervorragend dazu geeignet, regenerative Energien zu nutzen. Die Anwendungen sind meist nicht zeitkritisch, so dass ein schwankendes Energieangebot ausgeglichen werden bzw. als Kälte oder Wärme in der Anwendung gespeichert werden kann – Stichwort „Sektorkopplung“.

Energiewende als Ganzes voranbringen

Mit den richtigen Maßnahmen im Wärme- und Gebäudebereich kann die Politik dazu beitragen, die Energiewende als Ganzes voranzubringen. Dazu gehört auch die gleichrangige Fokussierung des Wohn- und Nichtwohngebäudebereiches sowie die gleichrangige Betrachtung der Faktoren „Energieeffizienz“, „Innenraumluftqualität“ und „Bautenschutz in der energetischen Gebäudesanierung“.

Vor allem aber müssen EnEV und EEWärmeG mit bundeseinheitlichen Regelungen zusammengeführt und die zahlreichen Fördermaßnahmen verstetigt, vereinfacht und gebündelt werden. Davon würde auch die Volkswirtschaft in Deutschland profitieren.

Haus- und Gebäudetechnikbranche wächst seit Jahren

Schon seit Jahren verzeichnet die Haus- und Gebäudetechnikbranche einen enormen Bedeutungsgewinn und konstantes Wachstum: 2014 machte die HKS-Branche einen Gesamtumsatz von 52,9 Mrd. €. 2010 waren es noch 47,3 Mrd. €. Starkes Wachstum gibt es dabei vor allem bei der Klima- und Lüftungstechnik: Während im Jahr 2010 noch 29.000 zentrale Wohnungslüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung installiert wurden, waren es 2014 schon 49.000 – eine Steigerung von fast 70 %. Hinzu kommen mehr als doppelt so viele dezentrale Wohnungslüftungsgeräte.

Für die ungleich komplexere Klimatisierung und Lüftung von Nichtwohngebäuden wurden 2014 von den Mitgliedern des Herstellerverbandes Raumlufttechnische (RLT-)Geräte e.V. rund 47.000 zentrale RLT-Geräte produziert – knapp 23.000 davon waren für den deutschen Markt bestimmt. Das wirkt sich selbstverständlich auch positiv auf die Beschäftigung aus. Diese erfreuliche Entwicklung wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen und ließe sich durch die richtigen politischen Weichenstellungen noch deutlich verstärken.

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